Tierkommunikation mit Pferden. Ulrike Dietmann

Tierkommunikation mit Pferden - Ulrike Dietmann


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musst eine ganz bestimmte Haltung annehmen: die Haltung, dass es dir gegeben wird. Das ist etwas Ungewöhnliches für uns, weil wir in unserer Welt lernen, dass wir etwas tun müssen, wenn wir etwas bewirken oder ein bestimmtes Ergebnis erzielen wollen. In der Tierkommunikation ist es aber genau umgekehrt. Wir müssen aufhören, etwas zu tun. Wir müssen eine Haltung finden, in der die Dinge zu uns kommen. Und das braucht großes Vertrauen. Grundsätzlich haben wir nicht gelernt, dass wir darauf vertrauen können, dass etwas zu uns kommt.

      Vielleicht hast du schon früher von Tierkommunikation gehört, von Menschen, die mit Tieren sprechen können. Und du hast gedacht, dazu braucht es ein besonderes Talent. Du glaubst vielleicht, das können nur ganz bestimmte Menschen. Aber das stimmt nicht. Jeder kann es lernen. Auch du.

      Ich möchte dir erzählen, was mir selbst passiert ist. Als mein eigenes Pferd vor 15 Jahren zu mir kam, hat es mein Leben vollkommen auf dem Kopf gestellt. Und ich glaube, das geht jedem Pferdemenschen so, jedem, der zum ersten Mal ein eigenes Pferd hat. Da gibt es viele Probleme zu lösen, betreffend den Stall, die Haltung, das Futter. Was ist der richtige Sattel, das richtige Training? Reichen überhaupt die Zeit und das Geld?

      Aber es gibt eine Veränderung, die noch größer ist, und hier beginnt das Geheimnisvolle der Tierkommunikation. Hier liegt der Schlüssel zu dem, was wir „Talent“ nennen, zu dieser besonderen Haltung, die ich soeben schon angesprochen habe: nämlich die Haltung von „etwas Empfangen“. Das Vertrauen darauf, dass dir etwas gegeben wird.

      Ich hatte das Gefühl, dass mein Pferd auf einem besonderen Weg zu mir gekommen ist. Vielleicht hast du das selbst auch so erlebt. Es war nicht so, dass ich mir dieses Pferd ausgesucht habe wie ein neues Kleid, ein neues Paar Schuhe oder ein neues Sofa. Nein, das Gefühl war, dass das Pferd mich ausgesucht hat. Und derlei Geschichten erzählen mir ganz viele Pferdebesitzer*innen. Ganz oft ist es eine Geschichte von „Ich hatte das Gefühl, da kommt etwas in mein Leben. Es war etwas anderes, als ich erwartet habe. Aber als ich das Pferd gesehen habe, wusste ich genau: Das ist das Richtige. Und ich musste dieser Überzeugung einfach folgen. Ich konnte nicht anders“.

      Es ist oft keine aktive Entscheidung gewesen, keine aktive Auswahl, sondern ein Gefühl, als hätte dieses Pferd mich ausgesucht und als wäre ich dazu bestimmt, dass dieses Pferd in mein Leben kommt und mir ganz bestimmte Dinge zeigt, mich etwas lehrt. Das klingt irrational, und der Verstand wehrt sich dagegen. Ja, der Verstand kann damit nicht so gut umgehen. Aber der Verstand arbeitet normalerweise nach dem Prinzip: „Ich erschaffe etwas und dann habe ich ein Ergebnis.“ Für das Herz ist das etwas anderes. Das Herz fühlt, dass es eine Verbindung gibt. Und in der Verbindung, da suchst du etwas, aber etwas anderes sucht auch dich. Und das ist das Wesentliche. Das ist das, was für uns erst mal so schwer vorstellbar ist: dass ein Pferd uns sucht. Dass das Pferd uns etwas zeigen, etwas mitteilen möchte, dass das Pferd eine Verbindung zu uns sucht. Dass das Pferd mit uns sprechen möchte.

      Wir gehen an die Tierkommunikation oft mit der Haltung heran: „Wie kann ich mit dem Pferd sprechen? Wie kann ich ihm Fragen stellen? Wie kann ich Antworten hören?“ Aber diese Haltung geht immer von mir aus. Von dem, was ich kann, von dem, was ich will, von dem, was ich erwarte. Und so funktioniert es gerade nicht. Stell dir bitte vor, dass das Pferd dir etwas sagen möchte. Und dass das, was das Pferd dir sagen möchte, etwas anderes ist als das, was du erwartest.

      Was möchte ich dir damit sagen? Die Stimme der Pferde ist etwas, das du nicht mit Absicht oder Anstrengung herholen kannst. Und genau daher kommt der Glaube, dass du es nicht kannst und dass nur ausgewählte Menschen es können. Aber auch diese „ausgewählten“ Menschen sind Menschen, die gelernt haben, ihre Absichten und ihre Erwartungen loszulassen und ganz frei zu sein. Ganz absichtslos, ganz erwartungslos zu sein, und darauf zu warten, was zu ihnen kommt. Darauf zu vertrauen, dass etwas zu ihnen kommen möchte. Dass sie gesucht werden, dass sie ausgewählt sind. Dass sie gemeint sind. Dass dieses Pferd nur mit dir so spricht und mit niemand anderem, weil es um eine Beziehung geht zwischen dir und dem Pferd. Dabei musst du wissen, dass das, was du suchst, woanders ist, als dort, wo du es erwartest, und dass du es da, wo du es suchst, nicht finden kannst. Du kannst nicht sagen: „So, ich will jetzt mit meinem Pferd sprechen.“ Vielleicht wirst du etwas hören. Aber es wird nicht die Stimme deines Pferdes sein. Der Unterschied ist: Du nimmst es dir nicht, du holst es dir nicht. Du erzwingst es nicht. Nein, du empfängst es. Es wird dir gegeben.

      Und genau das war die große Veränderung, die durch mein Pferd in mein Leben kam. Und genau das ist die große Veränderung, die dieses „Stimme der Pferde hören“ auch in dein Leben bringt. Ich begann damals zu sehen, dass mir nicht nur mein Pferd, sondern auch andere Dinge in meinem Leben gegeben waren: meine Kinder zum Beispiel, mein Mann, mein schriftstellerisches Talent. Zuvor hatte ich geglaubt, dass ich mein Leben erschaffen hatte, dass es meine Anstrengung war. Meine Persönlichkeit, mein Talent, mein Verdienst, etwas, worauf ich stolz sein konnte. Jetzt sah ich, dass das zwar stimmte, aber dass es darüber hinaus noch etwas Größeres gab. Etwas, das mir gegeben wurde. Das veränderte alles in meinem Leben. Alles.

      Und vielleicht kannst du hier anfangen. Schau auf dein Leben, wie es gerade ist. Auf deine Freunde, auf deine Beziehungen, auf deine Arbeit, auf deinen Erfolg, auf deine Gesundheit. Schau auf alles, was in dein Leben gekommen ist. Nun kannst du dich fragen: Was davon wurde mir gegeben? Was davon wurde mir geschenkt? Was davon fühlt sich an wie etwas, das ich gar nicht gesucht habe, aber es kam trotzdem zu mir? Es hat sich gut angefühlt, es hat sich richtig angefühlt oder es hat mich herausgefordert. Es hat mich vor Schwierigkeiten gestellt. Aber ich wusste, ich muss diesen Weg gehen.

      Es geht darum, dass du ein Gefühl dafür entwickelst, dass Dinge in dein Leben kommen, die du nicht erschaffen hast und die du vielleicht nicht einmal bewusst gewollt hast. Dinge, die dich überraschen. Normalerweise versuchen wir dann, die Kontrolle darüber zu bekommen und zu sagen: „Das will ich nicht, ich möchte das wieder los werden. Das gefällt mir nicht. Ich habe nicht darum gebeten.“ Aber wenn du lernst, dieses Kontrollbedürfnis loszulassen, wenn du lernst, dass du nicht dein perfektes Leben einrichten musst, dass du nicht das Leben draußen halten musst, wirst du merken, dass das Leben auf dich zukommt und dass es dir Angebote macht. Die mögen vielleicht erst einmal wenig Sinn ergeben. Aber wenn du genauer hinschaust, merkst du, dass sehr wohl ein Sinn dahintersteckt. Dann merkst du, dass das Leben dich auf einen bestimmten Weg führt und dass es dir etwas sagen möchte. Und wenn du nach und nach lernst, diese Haltung zu entwickeln, diese Haltung von Akzeptanz, von Neugier, von Dankbarkeit, eine Haltung von Berührung, dann wirst du auch die Stimme der Pferde hören. Auf diesem Weg wird sie zu dir kommen.

      Als ich das erste Mal die Stimme meines Pferdes hörte, war das für mich ein Gefühl von großer Überraschung. Was meine Stute mir damals gesagt hat? Sie hat gesagt: „Es liegt an dir.“ Nur diese vier Worte: „Es liegt an dir.“ Ich habe diese vier Worte in meinem Kopf gehört, sie waren ganz klar, und ich wusste im selben Moment, sie kamen nicht aus mir, ich hatte sie mir nicht ausgedacht. Sie kamen auch nicht aus meiner Wahrnehmungswelt. Es war eine Stimme, die von außerhalb kam. Das wusste ich, aber was sollte ich damit anfangen? „Es liegt an dir.“

      Ich war natürlich neugierig, wollte mehr wissen, wollte eine Erklärung dafür. Ich wollte an der Hand genommen werden. Ich wollte, dass man mir genau sagt, was ich zu tun habe. Ich wollte konkrete Antworten und Informationen. Aber alles, was ich bekam, war dieses „Es liegt an dir“. Mehr Informationen bekam ich einfach nicht. Mein Verstand war sehr unglücklich. Er wollte es genau wissen.

      Ich habe oft über diesen Satz nachgedacht, ich habe mich in verschiedenen Lebenssituationen gefragt: „Was will mir das sagen: Es liegt an dir?“ Und nach und nach habe ich verstanden, was mir meine Stute damit sagen wollte. Ich habe verstanden, dass das etwas wirklich Großes war. Und dass es etwas Kennzeichnendes war für die Kommunikation mit Pferden. Dass es etwas mit Lebensweisheit zu tun hat. Etwas, das einen ganz tief in das Leben hineinführt. Es liegt an mir.

      Damit wollte sie mir sagen: Es ist meine Entscheidung. Es ist meine Entscheidung, ob ich etwas annehmen möchte oder nicht. Ich habe verstanden, dass sie mir sagen wollte: „Das Leben bietet dir viele Gelegenheiten, viele Situationen, viele Wege. Und es liegt an dir, welchen du einschlägst.“ Und ich habe angefangen, darüber nachzudenken, welchen Weg ich denn eingeschlagen hatte. Er war mir immer vorgekommen als der


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