Todesküsse am Brett. Martin Breutigam

Todesküsse am Brett - Martin Breutigam


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bester Verteidigung des Gegners ein gewonnenes Endspiel erreicht hätte. Was hatte er also oben als Weißer am Zug im Sinn?

      Lösung: 1.Dxf7+! Txf7 2.Txc8+ Ke7 (Oder 2…Kg7? 3.Sxe6+.) 3.Tc7+ Ke8 (Verloren hätte auch 3… Kd8 4.Sxe6+ Ke8 5.Lb5+ Dd7 6.Txd7 Txd7 7.Kg2!, z. B. 7…a5 8.h4! Ke7 9.Lxd7 Kxd7 10.Sd4 a4 11.h5 gxh5 12.gxh5 Ke7 13.h6 Kf8 14.Kf3 Sc5 15.f5 a3 16.e6 a2 17.Sc2.) 4.Lb5+ Td7 5.Lxd7+ Dxd7 6.Txd7 Kxd7 7.Sxe4 1:0.

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      Levon, der Zauberer

      Denkt der armenische Weltklassespieler Levon Aronjan an den früheren Weltmeister Michail Tal, kommen ihm „wunderschöne, romantische Schachpartien“ in den Sinn. So geht es vielen, schließlich war kaum ein Champion so fantasiereich wie Tal. Außerdem schätzte man den Zauberer aus Riga, der am 9. November 70 Jahre alt geworden wäre, wegen seiner Menschlichkeit. Der in Berlin lebende Aronjan sagt aber, es sei im modernen Schach nahezu unmöglich, so wild zu kombinieren, wie Tal es ab Ende der 1950er Jahre tat, als er regelmäßig die Figuren zu verhexen schien. Das Schachwissen ist ja im Laufe der Jahrzehnte enorm angewachsen, mittlerweile kennen sogar Amateure die Feinheiten des Najdorf-Systems, beispielsweise. Trotzdem verzaubern auch heutige Großmeister immer wieder mit ihrer Spielkunst, nicht zuletzt Aronjan: Beim Tal-Gedenkturnier in Moskau krönte er ein Meisterwerk, indem er oben mit den schwarzen Steinen Alexej Schirow, den anderen Zauberer aus Riga, aus allen Träumen riss. Wie?

      Lösung: 1…Ke8! (Falls nun 2.Kxh8 Kf7, gerät Weiß in Zugzwang, z.B. 3.h4 Kf8 4.h5 Kf7 5.h6 Kf8 6.b4 cxb3.) 2.Kg6 Kf8 3.h4 Ke7! (Dreiecksmanöver treiben Weiß in Zugzwang.) 4.Kg7 Ke8 5.Kg6 Kf8 6.h5 Ke7 7.Kg7 Ke8 8.Kg6 Kf8 9.h6 Ke8 10.Kf6 Txh7 11.Kg6 Tf7 0:1 (wegen 11.h7 Tf8 12.Kg7 Th8! usw.).

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      Rabiegas Hammer

      Es sah aus, als säßen David und Goliath an einem Tisch: Hier David Navara, das junge tschechische Schachgenie, ihm gegenüber der bullige Berliner Robert Rabiega. In Wirklichkeit verschmähte aber der zarte Navara eine Friedenschance, woraufhin Rabiega, wie er sich selber ausdrückte, „natürlich hammerhart zugeschlagen“ habe. Wohlgemerkt, sie haben nicht geboxt, sondern Schach gespielt am vergangenen Wochenende in der Berliner Bambushalle. Rabiega für den Aufsteiger Tegel, Navara für Bindlach. Eigentlich ist der 35-jährige Rabiega immer nur Außenseiter in der Bundesliga, weil er es am Spitzenbrett oft mit Weltklassegegnern zu tun hat. Bislang blieb Tegels Großmeister aber ungeschlagen; und Navara hat er sogar besiegt, obwohl der auf Rang 13 der Weltrangliste steht, etwa 450 Plätze vor ihm! Oben die entscheidende Stellung, Rabiega mit Schwarz am Zug. In nur anderthalb Minuten habe er sämtliche Verästelungen dieser herrlichen Kombination berechnet gehabt. Was sah Rabiega?

      Lösung: 1…Sb4! 2.Sxb4 (Auch 2.Dd1 rettete nichts, z. B. 2…Te2 3.Sxb4 Lh6+ 4.Kb1 Txb2+ 5.Ka1 a5 6.Sd3 Txa2+ 7.Kb1 Lf5.) 2…Lh6+ 3.Kb1 (Oder 3.Kd1 Dxb2 und gewinnt.) 3…Te1+! 4.Txe1 Dxe1+ 5.Kc2 Lf5! (Die Schlusspointe.) 6.Dxf5 Dd2+! (Navara gab auf, wegen 7.Kb1 Dd1+ 8.Lc1 Dxc1 matt.) 0:1.

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      Garry Kasparow wundert sich

      Als Garry Kasparow neulich in Moskau Peter Leko herumspazieren sah, habe ihn dies zunächst völlig irritiert. Dieser Mann, dachte Kasparow wohl, gehört doch eigentlich ganz woanders hin, in mein altes Leben sozusagen. Schließlich ist Leko immer noch Schachprofi, und er lebt außerdem weit weg, in Ungarn. Die Begegnung zeigt aber vor allem, wie weit weg Kasparow, der Weltmeister von 1985 bis 2000, heute vom Schach lebt. Vor anderthalb Jahren beendete er seine Karriere, um fortan politisch gegen Präsident Putin zu kämpfen. Und nun will er nicht einmal mitbekommen haben, dass in Moskau das Tal-Gedenkturnier schon lief. Immerhin schaute Kasparow dann mal vorbei und kommentierte wie in alten Zeiten. So spiele der norwegische Wunderjunge Magnus Carlsen, der in Moskau Vorletzter wurde, für seinen Geschmack zu viele Turniere. Carlsen sei aber ein grandioser Taktiker.

      Und was für einer! Sehen Sie, wie Carlsen kurz zuvor in Cap d’Agde/ Frankreich als Weißer am Zug Großmeister Laurent Fressinet bezwang?

      Lösung: 1.Df5! (Schwarz gab sofort auf. Denn 1…Dxf5 2.Txb8+ würde offensichtlich gleich zum Matt führen, während 1…Txb5 2.Dxf4 die Dame verlöre beziehungsweise 1…Dd6 2.Txb8+ Dxb8 3.Dxe6 einen Turm.) 1:0.

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      Lady Lahno

      Kaum zu glauben, Kateryna Lahno ist am 27. Dezember erst 17 Jahre alt geworden. Eigentlich wirkt sie älter, was bestimmt nicht nur daran liegt, dass sie immer so geheimnisvoll guckt und stilvoll gekleidet ist. Womöglich reifte die Ukrainerin schneller als andere, weil sie in ihrem jungen Leben schon viel herumgereist und früh herausgekommen ist aus Kramatorsk, wo sie als Vierjährige erstmals mit dem Schachspiel in Berührung gekommen war. Welch ein Talent! Im Sommer 2005 gewann sie schließlich – mit nur 15 Jahren – die Europameisterschaft der Frauen.

      Das Jahr 2006 verlief dann wechselhaft für Lahno, aber es endete versöhnlich: In Neu-Delhi maß sie sich mit dem indischen Wunderjungen Parimarjan Negi, 13, in jeweils sechs Turnier-, Schnell- und Blitzpartien. Vielleicht wäre ihr 11:7-Sieg noch höher ausgefallen, wenn sie oben als Weiße am Zug eine Schwäche im schwarzen Lager erkannt hätte. Doch Lahno bemerkte sie nicht und verlor diese Partie später noch. Machen Sie’s besser!

      Lösung: 1.Lxf6! (Prosaischer Auftakt einer Kombination, die auf der Schwäche der Grundreihe basiert. Lahno sah es jedoch nicht, zog 1.c3? und verlor später.) 1…Txf6 (Oder 1…gxf6 2.Lh5! nebst 3.Dg3 und Matt.) 2.Dxb4! axb4 (Oder 2…Txf5 3.exf5 axb4 4.Txd7!) 3.Ta8+ Lc8 und es gewänne z.B. 4.Txc8+ Dxc8 5.Se7+.

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      Sonne und Sterne

      Bereits im Jahr 1983, als Computer noch keinen Einfluss auf die Eröffnungstheorie hatten, schien David Bronstein genervt von der fortschreitenden Verwissenschaftlichung des Schachs. Im Vorwort der dritten Ausgabe seines Kultbuches Sternstunden des Schachs. Zürich 1953 schrieb Bronstein, er finde es armselig, beim ständigen Auswendiglernen „weder Sterne noch Sonne zu sehen und sich nur auf sein Gedächtnis zu stützen“. Der aus Kiew stammende Bronstein hingegen hatte Schach immer als etwas Schöpferisches verstanden; er suchte das pralle Leben auf dem Brett, wollte seine Figuren auf reizvolle Weise zum Tanzen bringen – wie oben als Schwarzer am Zug (gegen Vladas Mikenas in Tallin 1965). „Ich denke nicht in Varianten, ich denke in Ideen“, lautete sein Motto. Im Jahr 1951 wäre er sogar beinahe Weltmeister geworden, aber Michail Botwinnik erreichte noch ein 12:12-Unentschieden und durfte den WM-Titel behalten.

      Am 5. Dezember ist David Bronstein im Alter von 82 Jahren in Minsk gestorben.

      Lösung: 1…Txa3! (Aber nicht 1…De1+? 2.Df1! Der Zug 1…Txa3! nutzt die Grundreihenschwäche richtig aus. Obwohl dreifach bedroht, kann der Turm nicht geschlagen werden: 2.Dxa3 De1+! oder 2.Txa3 De1+ oder 2.bxa3 Dxa1+ 3.Tb1 Te1+. Und weil auch 2.Db1 Txa1 3.Dxa1 De1+ nichts änderte, gab Weiß auf.) 0:1.

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