Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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Passagier.

       Sie glauben eher an ein Siegen,

       Wann warm Sie hinterm Ofen liegen?

      Peer Gynt.

       Gut, gut; – jedoch Sie trieben Possen.

       Dadurch ward noch kein Herz erschlossen.

      Der Passagier.

       Wo ich her bin, in jenem Reich,

       Gilt Pathos und Gelächter gleich.

      Peer Gynt.

       Ein jegliches in seinem Falle;

       Eins, heißt es, schickt sich nicht für alle.

      Der Passagier.

       Die schlafen in den Aschenurnen,

       Gehn wochentags nicht auf Kothurnen.

      Peer Gynt.

       Weich von mir, Scheusal! Weg die Hand!

       Ich will nicht sterben! Will an Land!

      Der Passagier.

       Getrost, mein Freund! Ich habe Takt; –

       Man stirbt nicht mitten im fünften Akt.

       (Gleitet hinweg.) Peer Gynt.

       Da kam’s heraus, trotz aller List! –

       Er war ein öder Moralist.

      (Ein Kirchhof in einem hochliegenden Gebirgssprengel.)

      (Ein Leichenbegängnis. Pfarrer und Gemeinde. Der letzte Vers des Liedes wird gesungen. Peer Gynt kommt des Wegs.)

      Peer Gynt (an der Pforte.)

       Hier legen sie wohl einen Landsmann hin.

       Gott Lob und Dank, daß ich’s nicht bin.

       (Tritt ein.) Der Pfarrer (spricht am Grabe.)

       Und nun, da seine Seele lichtwärts fliegt,

       Und leer sein Leib gleich einer Hülse liegt,

       Nun, liebe Freunde, sei davon gehandelt,

       Wie dieser Tote unter uns gewandelt.

      Er war nicht reich, nicht sonderlich von Gaben,

       Von Stimme schwach, unmännlich im Gehaben,

       Sein Wort kam weich und ungewiß heraus,

       Und schwerlich war er Herr im eignen Haus;

       Ins Kirchlein sah man ihn verlegen treten,

       Als wollt’ er bitten: Laßt auch mich hier beten.

      Vom Gudbrandstal, Ihr wißt, war er gekommen.

       Er zog hier zu, beinahe noch ein Knab’; –

       Und Ihr besinnt Euch, daß er bis ans Grab

       Die rechte Hand nicht aus dem Rock genommen.

      Die rechte Hand im Rock, – dies Merkmal war es,

       Das diesen Mann von andern unterschied,

       Und dazu sein gedrücktes, sonderbares

       Benehmen, wenn er uns einmalnicht mied.

      Doch waren’s stille Weg’ auch, die er wählte,

       Und blieb er auch in unsrer Mitte fremd,

       So hat’s uns doch zu wissen nicht gehemmt,

       Daß diese Hand nur vier der Finger zählte.

      Ich weiß ihn noch, vor nun so manchem Jahr,

       Den Morgen des Aushebungstags zu Lunde.

       Es war zur Zeit des Kriegs. In aller Munde

       Der Zukunft Fragen und des Lands Gefahr.

      Ich war zugegen. Vor dem Tisch saß breit

       Der Hauptmann zwischen Amtmann und Sergeanten;

       Und Bursch auf Bursche ward nach dem bekannten

       Gebrauch geprüft, gebucht und eingereiht.

       Der Raum war voll, und draußen vor den Scheiben

       Scholl lautes Lachen aus dem Jugendtreiben.

      Da rief man einen Namen. Einer trat

       Hervor, so bleich, wie Schnee vom Gletschergrat.

       Man winkte ihm; bis er zum Tisch sich tappte,

       Die rechte Hand gewickelt in ein Tuch; –

       Doch wie er auch nach Worten würgte, schnappte, –

       Er fand nicht eines, trotz des Hauptmanns Fluch.

       Bis er zuletzt, mit brennendem Gesichte,

       Halb stammelt’, halb hervorstieß die Geschichte

       Von einer Sichel, die ihm sei entglitten –

       Und ihm den Finger glatt hab’ abgeschnitten.

      Da ward es still – bis auf der Wanduhr Ticken.

       Man kniff den Mund zu, sah sich ins Gesicht;

       Man steinigte den Mann mit stummen Blicken.

       Er fühlte hageln, doch er sah es nicht.

       Da stand der Hauptmann auf, alt, grau, – ich seh’

       Ihn noch, – spie aus, wies fort und sagte: Geh!

      Er ging. Man wich ihm aus, wie einem Schatten,

       Und ließ ihn Ruten laufen. Er gewann

       Die Tür; da hub er blind zu rennen an; –

       Und nun – hinauf durch Wälder, über Matten,

       Hin über Halden, Hänge, Felsgeschütte – –.

       Weit droben im Gebirg lag seine Hütte. –

      Ein Halbjahr später war’s dann, daß er kam,

       Mit Mutter, Braut und Kind, der unsre werden.

       Er pachtete sich hier ein Streiflein Erden,

       Ein Stückchen Brachmark, das sonst keiner nahm.

       Er schloß, sobald es ging, den Ehebund,

       Er schritt zum Hausbau, brach den harten Grund;

       Und mit Erfolg, wie manches Fleckchen Land

       Erzählte, das da gelb in Ähren stand.

       Zur Kirche kam er nur, die Hand verborgen, –

       Allein daheim, wo’s keiner mochte sehn,

       Da schafften die neun Finger wohl für zehn. –

       Da kam der Bach an einem Frühlingsmorgen.

      Sein nacktes Leben rettete das Völkchen.

       Er aber ging von neuem an sein Werk.

       Es fiel das Laub, und aber stiegen Wölkchen

       Aus einer Hütte, dicht nun unterm Berg.

       Vorm Bach geschützt, – doch auch vor Schneegewehe?

       Zwei Jahre später lag sie unterm Schnee.

      Allein der Mann stritt weiter, unerschrocken.

       Er hackte, karrte, schaufelte, grub aus, –

       Und vor des nächsten Winters ersten Flocken

       Stand da zum dritten Mal sein schlichtes Haus.

      Drei Söhne hatte er, drei flinke Jungen;

       Zur Schule sollten die, und das war weit; –

       Der Anschluß an den Weg zudem bedungen

       Durch einen Felsenschacht, kaum mannesbreit.

       Wie half er sich! Der ältste mußt’ sich placken,

       So gut es ging, und wo der Steig zu steil,

       Da nahm der Mann den Kletternden ans Seil;

       Die andern trug er hin auf Arm und Nacken.

      So stritt er Jahr um Jahr; sie wurden groß.

      


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