Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen. Henrik Ibsen

Die berühmtesten Dramen von Henrik Ibsen - Henrik Ibsen


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      Kiil. Hätt's mir auch denken können! Es muß ja in die Zeitungen. Ja, Sie sind mir schon der rechte, Stockmann. Na, überlegen Sie sich's nur; jetzt gehe ich.

      Stockmann. Ach was, Schwiegervater, bleiben Sie noch ein bißchen.

      Kiil. Nein, ich gehe jetzt. Und denken Sie nach, wie Sie sie am besten hineinlegen. Donnerwetter ja, Sie sollen es nicht umsonst getan haben. Ab; Frau Stockmann begleitet ihn hinaus.

      Stockmann lacht. Denken Sie bloß, der Alte glaubt kein Wort von der Geschichte mit dem Wasserwerk.

      Hovstadt. Ach, das war's –!

      Stockmann. Ja, davon haben wir gesprochen. Und Sie kommen am Ende in derselben Sache?

      Hovstadt. Allerdings. Haben Sie einen Augenblick Zeit, Herr Doktor?

      Stockmann. So lange Sie wollen, mein Lieber.

      Hovstadt. Haben Sie schon etwas vom Stadtvogt gehört?

      Stockmann. Noch nichts. Er kommt später her.

      Hovstadt. Ich habe seit gestern viel über die Sache nachgedacht.

      Stockmann. Nun, und?

      Hovstadt. Für Sie als Arzt und Mann der Wissenschaft steht dieser Fall mit dem Wasserwerk da als eine Sache für sich. Ich meine, es fällt Ihnen nicht auf, daß sie mit einer Menge anderer Dinge im Zusammenhang steht.

      Stockmann. Ja, wie –? Setzen wir uns, mein Lieber. – Nein, da aufs Sofa.

      Hovstad setzt sich aufs Sofa, der Doktor in einen Lehnstuhl auf der anderen Seite des Tisches.

      Stockmann. Nun? Sie meinen also –?

      Hovstadt. Sie haben gestern gesagt, das verdorbene Wasser käme von Unreinlichkeiten im Erdboden her.

      Stockmann. Ja, ohne Zweifel kommt es aus dem verpesteten Sumpf da oben im Mühltal.

      Hovstadt. Pardon, Herr Doktor, aber ich glaube, es kommt aus einem ganz anderen Sumpf.

      Stockmann. Was sollte das für einer sein?

      Hovstadt. Der Sumpf, in dem unser ganzes kommunales Leben steht und fault.

      Stockmann. Aber, zum Henker, Herr Hovstad, was sind das für Reden?

      Hovstadt. Alle städtischen Angelegenheiten sind nach und nach in die Hände einer Beamtengruppe gekommen –

      Stockmann. Na, es sind doch nicht alle zusammen Beamte.

      Hovstadt. Nein, – aber die, die nicht Beamte sind, die sind jedenfalls Freunde und Anhänger von den Beamten, es sind die reichen Leute, die alten angesehenen Namen der Stadt, die sind es, die unser Wohl und Wehe in der Hand haben.

      Stockmann. Ja, aber diese Leute, die sind doch auch wirklich tüchtig und intelligent.

      Hovstadt. Haben sie Tüchtigkeit und Intelligenz bewiesen, als sie die Wasserleitung da anlegten, wo sie jetzt liegt?

      Stockmann. Nein, das war natürlich eine große Dummheit von ihnen. Aber die soll ja nun wieder gut gemacht werden.

      Hovstadt. Glauben Sie, daß das so glatt gehen wird ?

      Stockmann. Glatt oder nicht, – gehen wird es auf alle Fälle.

      Hovstadt. Ja, wenn die Presse eingreifen darf.

      Stockmann. Wird gar nicht nötig sein, mein Lieber. Ich bin überzeugt, daß mein Bruder –

      Hovstadt. Pardon, Herr Doktor, aber ich will Ihnen nur sagen, ich beabsichtige, die Sache selber in die Hand zu nehmen.

      Stockmann. In der Zeitung?

      Hovstadt. Jawohl. Als ich den »Volksboten« übernahm, da war mein Gedanke, diesen Ring von alten, eigensinnigen Rechthabern zu sprengen, die über allen Einfluß geboten.

      Stockmann. Aber Sie haben mir doch selbst erzählt, was das Ende davon war; Sie hatten das Blatt damit ja fast ruiniert.

      Hovstadt. Ja, damals mußten wir den Degen einstecken – das ist wahr. Denn es war Gefahr, daß das Bad nicht zustande kommen würde, wenn jene Männer fielen. Aber jetzt steht es da, und nun sind die hohen Herren überflüssig.

      Stockmann. Überflüssig, ja; aber wir schulden ihnen doch großen Dank.

      Hovstadt. Der soll ihnen auch werden, wie es sich gebührt. Aber ein Zeitungsschreiber von meiner volkstümlichen Richtung kann eine Gelegenheit wie diese nicht vorübergehen lassen. Es muß gerüttelt werden an der Fabel von der Unfehlbarkeit der leitenden Männer. So etwas muß ausgerottet werden wie jeder andere Aberglaube.

      Stockmann. Darin pflichte ich Ihnen von ganzem Herzen bei, Herr Hovstad; ist es ein Aberglaube, dann weg damit!

      Hovstadt. Dem Stadtvogt möchte ich ungern zunahe treten, weil er Ihr Bruder ist. Aber Sie sind doch gewiß mit mir der Ansicht, daß die Wahrheit allen anderen Rücksichten vorgeht.

      Stockmann. Das versteht sich ja von selbst. – Erregt. Ja, aber –! Aber –!

      Hovstadt. Sie dürfen nicht schlecht von mir denken. Ich bin weder eigennütziger noch ehrgeiziger als die Menschen im allgemeinen.

      Stockmann. Aber, mein Lieber, – wer behauptet denn das?

      Hovstadt. Ich stamme von geringen Leuten ab, wie Sie wissen; und ich habe hinreichend Gelegenheit gehabt, zu sehen, was den unteren Volksschichten am meisten not tut. Und das ist: teilzuhaben an der Leitung der allgemeinen Angelegenheiten, Herr Doktor. Das eben entwickelt Fähigkeiten und Kenntnisse und Selbstgefühl. –

      Stockmann. Das leuchtet mir außerordentlich ein –

      Hovstadt. Ja, – und dann meine ich auch, daß ein Journalist eine schwere Verantwortung auf sich ladet, wenn er eine günstige Gelegenheit versäumt zur Befreiung der Menge, der Geringen, der Unterdrückten. Ich weiß wohl, – im Lager der Großen wird man das Aufwiegelei und so weiter nennen; mögen sie das meinetwegen tun, wenn sie wollen. Wenn ich nur mein Gewissen rein fühle, so –

      Stockmann. Recht so! Recht so, lieber Herr Hovstad. Trotzdem aber – Donnerwetter–! Es klopft. Herein!

      Aslaksen in der Vorzimmertür. Er ist schlicht, aber anständig gekleidet, in schwarz, mit einer weißen, etwas zerknitterten Halsbinde; Handschuhe und Filzhut hat er in der Hand.

      Aslaksen verbeugt sich. Verzeihung, Herr Doktor, daß ich mir herausnehme –

      Stockmann steht auf. Ei, sieh da – da ist ja der Herr Aslaksen!

      Aslaksen. Ja, freilich, Herr Doktor.

      Hovstadt steht auf. Suchen Sie mich, Aslaksen?

      Aslaksen. Nein, das nicht; ich wußte nicht mal, daß ich Sie hier treffen würde. Nein, ich suche den Herrn Doktor selbst –

      Stockmann. Na, was steht zu Diensten?

      Aslaksen. Ist es wahr, Herr Doktor, was ich von Herrn Billing gehört habe, daß Sie uns ein besseres Wasserwerk schaffen wollen?

      Stockmann. Ja, für das Bad.

      Aslaksen. Jawohl; verstehe schon. Na, so komme ich, um zu sagen, daß ich die Sache nach meinen Kräften unterstützen werde.

      Hovstadt zum Doktor. Sehen Sie!

      Stockmann. Meinen herzlichsten Dank; aber –

      Aslaksen. Es könnte ja doch vielleicht nützlich sein, uns Kleinbürger im Rücken zu haben. Wir bilden hier in der Stadt sozusagen eine kompakte Majorität, – wenn wir wollen. Und es kann nie schaden, die Majorität auf seiner Seite zu haben, Herr Doktor.

      Stockmann. Das ist unzweifelhaft wahr; aber ich kann nur nicht begreifen, daß hier besondere Vorkehrungen vonnöten sein sollten. Ich meine, eine so klare und einfache Sache –

      Aslaksen. O doch, das könnte immerhin nicht schaden; die lokalen Behörden, die kenne ich doch gründlich. Die Machthaber gehen nicht gern gutwillig auf Vorschläge ein, die


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