Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин

Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen) - Чарльз Дарвин


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Reue zu verbannen –, daß er mehr dem einen natürlichen Impuls gefolgt ist als dem andern, und ferner, warum fühlt er, daß er sein Betragen bereuen sollte? In dieser Beziehung weicht der Mensch völlig von den niederen Thieren ab, doch können wir, wie ich glaube, die Ursache dieser Verschiedenheit mit einem ziemlichen Grade von Deutlichkeit erkennen.

      Der Mensch kann es nicht vermeiden, daß alte Eindrücke beständig wieder durch seine Seele ziehen; hiedurch wird er gezwungen, die Eindrücke, z. B. vergangenen Hungers oder befriedigter Rache oder auf Kosten anderer Menschen vermiedener Gefahr, mit dem fast stets gegenwärtigen Instincte der Sympathie und mit seiner früheren Kenntnis von dem, was Andere für preiswürdig oder für tadelnswerth halten, zu vergleichen. Diese Kenntnis kann er nicht aus seiner Seele verbannen und sie wird in Folge der instinctiven Sympathie als von großer Bedeutung angesehen. Er wird dann das Gefühl haben, daß er irre geleitet worden sei, als er einem auftauchenden Instincte oder einer Gewohnheit nachgegeben habe, und dies verursacht bei allen Thieren das Gefühl des Ünbefriedigtseins oder selbst des Elends.

      Der vorhin mitgetheilte Fall der Schwalbe bietet eine Erläuterung, wenn auch in umgekehrter Weise, eines nur zeitweise, aber doch für diese Zeit stark vorherrschenden Instincts dar, welcher einen andern, welcher gewöhnlich alle übrigen beherrscht, überwindet. Zu der betreffenden Zeit des Jahres scheinen diese Vögel den ganzen Tag lang nur die eine Begierde zu kennen, zu wandern. Ihre Gewohnheiten ändern sich, sie werden rastlos, lärmend und versammeln sich in Haufen. So lange der mütterliche Vogel seine Nestlinge ernährt oder über ihnen sitzt, ist der mütterliche Instinct wahrscheinlich stärker als der Wanderinstinct; aber derjenige, welcher der andauernde ist, erhält den Sieg, und zuletzt fliegt der Vogel in einem Augenblick, wo seine Jungen nicht in Sicht sind, auf und davon und verläßt sie. Ist er am Ende seiner langen Reise und hat der Wanderinstinct zu wirken aufgehört, welch' schmerzliche Gewissensbisse würde der Vogel fühlen, wenn er, mit großer geistiger Lebendigkeit ausgerüstet, sich dem nicht entziehen könnte, daß das Bild seiner Jungen, welche in dem rauhen Norden vor Kälte und Hunger umkommen mußten, beständig durch seine Seele zöge.

      In dem Momente der Handlung wird der Mensch ohne Zweifel geneigt sein, dem stärkeren Antriebe zu folgen, und obschon ihn dies gelegentlich zu den edelsten Thaten führen kann, so wird es doch bei weitem häufiger ihn dazu bringen, seine eigenen Begierden auf Kosten anderer Menschen zu befriedigen. Wenn aber nach deren Befriedigung die vergangenen und schwächeren Eindrücke mit den immer vorhandenen socialen Instincten verglichen werden, und bei seiner hohen Achtung vor der guten Meinung seiner Mitmenschen, wird sicherlich Reue eintreten; der Mensch wird dann Gewissenbisse, Reue, Bedauern oder Scham empfinden: doch bezieht sich das letztere Gefühl fast ausschließlich auf das Urtheil Anderer. Er wird in Folge dessen sich entschließen, mit mehr oder weniger Kraft, in Zukunft anders zu handeln. Dies ist das Gewissen; denn das Gewissen schaut rückwärts und dient uns als Führer für die Zukunft.


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