Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
noch nie zuvor gemacht worden. Das kleine Geschöpf sprang sofort auf und davon; sobald aber das vermeintliche Schlagen vorüber war, war es wirklich rührend zu sehen, wie unablässig es suchte, seiner Herrin Gesicht zu lecken und sie zu trösten. Brehm248 führt an, daß, als ein Pavian in der Gefangenschaft gehascht werden sollte, um gestraft zu werden, die anderen ihn zu beschützen suchten. In den oben angeführten Fällen muß es Sympathie gewesen sein, welche die Paviane und Cercopitheken veranlaßte, ihre jungen Genossen gegen die Hunde und den Adler zu vertheidigen. Ich will nur noch ein einziges weiteres Beispiel eines sympathischen und heroischen Betragens bei einem kleinen amerikanischen Affen anführen. Vor mehreren Jahren zeigte mir ein Wärter im zoologischen Garten ein paar tiefe und kaum geheilte Wunden in seinem Genick, die ihm, während er auf dem Boden kniete, ein wüthender Pavian beigebracht hatte. Der kleine amerikanische Affe, welcher ein warmer Freund dieses Wärters war, lebte in demselben großen Behältnis und fürchtete sich schrecklich vor dem großen Pavian, sobald er aber seinen Freund, den Wärter, in Gefahr sah, stürzte er nichtsdestoweniger zum Entsatz herbei und zog durch Schreien und Beißen den Pavian so vollständig ab, daß der Mann im Stande war, sich zu entfernen, nachdem er, wie der ihn behandelnde Arzt später äußerte, in großer Lebensgefahr gewesen war.
Außer Liebe und Sympathie zeigen Thiere noch andere mit den socialen Instincten in Verbindung stehende Eigenschaften, welche man beim Menschen moralische nennen würde; und ich stimme mit Agassiz249 überein, daß Hunde etwas dem Gewissen sehr Ähnliches besitzen.
Hunde besitzen sicherlich etwas Kraft der Selbstbeherrschung, und diese scheint nicht gänzlich Folge der Furcht zu sein. Wie Braubach bemerkt,250 wird ein Hund sich des Stehlens von Nahrung in Abwesenheit seines Herrn enthalten. Hunde sind schon lange für den echten Typus der Treue und des Gehorsams genommen worden; aber auch der Elefant ist seinem Treiber oder Wärter sehr treu und betrachtet ihn als den Leiter der Herde. Dr. Hooker erzählte mir, daß ein Elefant, den er in Indien ritt, so tief in sumpfigem Boden einsank, daß er bis zum andern Tag fest stecken blieb, wo er von Männern mit Hülfe von Stricken erlöst wurde. Unter solchen Umständen ergreifen Elefanten mit ihren Rüsseln alle Gegenstände, todt und lebendig, um sie unter ihre Kniee zu bringen und dadurch das tiefere Einsinken in den Schlamm zu verhindern. Der Treiber war nun schrecklich in Sorge, daß das Thier den Dr. Hooker ergreifen und ihn todt drücken möchte. Wie aber Dr. Hooker sagt, war der Treiber selbst durchaus nicht in Gefahr. Diese Nachsicht mitten in einer für ein schweres Thier so fürchterlichen Lage ist ein wunderbarer Zug einer edlen Treue.251
Alle Thiere, welche in Massen zusammenleben und einander vertheidigen oder ihre Feinde gemeinsam angreifen, müssen in gewissem Grade einander treu sein, und Derjenige, welcher einem Anführer folgt, muß in einem gewissen Grade gehorsam sein. Wenn die Paviane in Abyssinien252 einen Garten plündern, so folgen sie schweigend ihrem Anführer, und wenn ein unkluges junges Thier ein Geräusch macht, so bekommt es von den Anderen eine Ohrfeige, um es Schweigen und Gehorsam zu lehren. Mr. Galton, der so ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung der halbwilden Rinder in Süd-Afrika gehabt hat, sagt,253 daß sie selbst eine momentane Trennung von der Heerde nicht ertragen können. Sie sind wesentlich sclavisch und nehmen ruhig die allgemeine Bestimmung hin, ohne ein besseres Loos zu suchen, als von einem Ochsen angeführt zu werden, der Selbstvertrauen genug besitzt, diese Stellung anzunehmen. Die Leute, welche diese Thiere für das Geschirr zähmen, achten sorgsam auf die, welche besonders grasen und dadurch Anlage zu Selbstvertrauen zeigen; diese spannen sie dann als Vorochsen ein. Mr. Galton fügt hinzu, daß solche Thiere selten und werthvoll sind; würden viele solche geboren, so würden sie bald eliminiert werden, da die Löwen beständig nach solchen Individuen auf der Lauer liegen, welche sich von der Herde entfernen.
In Bezug auf den Impuls, welcher gewisse Thiere dazu führt, sich gesellig mit einander zu verbinden und einander auf viele Weisen zu helfen, kann man schließen, daß sie in den meisten Fällen durch dasselbe Gefühl der Befriedigung oder des Vergnügens dazu getrieben werden, welches sie bei der Ausübung anderer instinctiver Handlungen an sich erfahren, oder durch dasselbe Gefühl des Nichtbefriedigtsein, wie in anderen Fällen der Verhinderung instinctiver Handlungen. Wir sehen dies in zahllosen Beispielen, und es wird in auffallender Weise durch die erworbenen Instincte unserer domesticierten Thiere erläutert. So ergötzt sich ein junger Schäferhund an dem Treiben der Schafe und dem rund um die Herde Herumlaufen, aber nicht am Beißen; ein junger Fuchshund ergötzt sich am Jagen eines Fuchses, während manche andere Hundearten, wie ich selbst erfahren habe, Füchse vollständig unbeachtet lassen. Welches starke Gefühl innerer Befriedigung muß einen Vogel, ein Thier von so viel innerem Leben, dazu treiben, Tag für Tag über seinen Eiern zu sitzen! Zugvögel sind unglücklich, wenn man sie am Wandern hindert, und vielleicht freuen sie sich der Abreise zu ihrem langen Fluge; es läßt sich aber kaum glauben, daß die arme flügellahme Gans, welche, wie Audubon erzählt, rechtzeitig zu Fuß ihre lange Wanderung von wahrscheinlich mehr als tausend Meilen antrat, irgend eine Freude dabei empfunden habe. Einige Instincte werden nur durch schmerzliche Gefühle bestimmt, so durch die Furcht, welche zur Selbsterhaltung führt und sich in manchen Fällen auf specielle Feinde bezieht. Ich vermuthe, daß wohl Niemand die Empfindungen des Vergnügens oder des Schmerzes analysieren kann. Es ist indessen in vielen Fällen wahrscheinlich, daß Instincten durch die bloße Kraft der Vererbung ohne das Reizmittel weder von Vergnügen noch Schmerz gefolgt wird. Ein junger Vorstehhund kann, wenn er zuerst Wild wittert, scheinbar nicht anders, als er muß stehen, ein Eichhorn in einem Käfig, welches die Nüsse, die es nicht essen kann, beklopft, als wenn es dieselben im Boden vergraben wollte, wird kaum so angesehen werden können, als handle es dabei entweder aus Vergnügen oder aus Schmerz. Die gewöhnliche Annahme, nach welcher die Menschen zu jeder Handlung dadurch angetrieben werden müßten, daß sie irgend ein Vergnügen oder einen Schmerz dabei erfahren, dürfte daher irrig sein. Wird auch einer Gewohnheit blind und ohne weitere Überlegung und unabhängig von irgend einem im Augenblick gefühlten Vergnügen oder Schmerz nachgegeben, so wird doch, wenn dieselbe zwangsweise und plötzlich aufgehalten werden würde, ein unbestimmtes Gefühl des Unbefriedigtseins allgemein empfunden werden.
Es ist oft angenommen worden, daß die Thiere an erster Stelle gesellig gemacht wurden, und daß sie als Folge hiervon sich ungemüthlich fühlten, wenn sie von einander getrennt wurden, und gemüthlich, so lange sie zusammen waren. Eine wahrscheinlichere Ansicht ist aber die, daß diese letzteren Empfindungen zuerst entwickelt wurden, damit diejenigen Thiere, welche durch das Leben in Gesellschaft Nutzen hätten, veranlaßt würden, zusammen zu leben, in derselben Weise wie das Gefühl des Hungers und das Vergnügen am Essen ohne Zweifel zuerst erlangt wurden, um die Thiere zum Essen zu veranlassen. Das Gefühl des Vergnügens an Gesellschaft ist wahrscheinlich eine Erweiterung der elterlichen oder kindlichen Zuneigungen, da der sociale Instinct dadurch im Jungen entwickelt worden zu sein scheint, daß es lange bei seinen Eltern blieb; und diese Erweiterung dürfte zum Theil der Gewohnheit, hauptsächlich aber der natürlichen Zuchtwahl zuzuschreiben sein. Bei denjenigen Thieren, welche durch das Leben in enger Gemeinschaft bevorzugt wurden, werden diejenigen Individuen, welche das größte Vergnügen an der Gesellschaft empfanden, am besten verschiedenen Gefahren entgehen, während diejenigen, welche sich am wenigsten um ihre Kameraden kümmerten und einzeln lebten, in größerer Anzahl umkommen werden. Was den Ursprung der elterlichen und kindlichen Zuneigungen betrifft, welche, wie es scheint, den socialen Neigungen zu Grunde liegen, so kennen wir die Stufen ihrer Entwicklung nicht; wir können aber annehmen, daß sie zum großen Theil durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden sind. So ist dies fast sicher der Fall gewesen bei den ungewöhnlichen und entgegengesetzten Gefühlen des Hasses gegen die nächsten Verwandten, wie bei den Arbeiterbienen, welche ihre Drohnenbrüder tödten, und bei den Bienenköniginnen, welche ihre Tochterköniginnen tödten. Es ist nämlich hier der Trieb, ihre nächsten Verwandten zu zerstören, statt sie zu lieben, für die Gemeinschaft von Nutzen