Ewig schön. Jeff Strand

Ewig schön - Jeff  Strand


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der Drogen, die ihr verabreicht worden waren. Sie befand sich in einem Käfig, der mehr als einen Meter über dem Betonboden hing, und ihre Beine baumelten lose herab. Sie hatte kaum Platz, sich zu bewegen – mit ihrem Höchstgewicht vor ein paar Jahren, hätte sie hier wahrscheinlich nicht hineingepasst. Die Oberseite des Käfigs drückte gegen ihren Kopf. Ihre Schultern berührten die Seiten.

      Ihren Kopf konnte sie drehen. Als sie das tat, stellte sie fest, dass der fensterlose Raum ein Dutzend Käfige enthielt, vier Reihen à drei Stück, die an dicken Ketten von der Decke hingen. Mehr als die Hälfte davon waren belegt.

      Ein Holzstuhl und eine Trittleiter standen hinten in der Ecke, neben einer Tür.

      Die Frau im Käfig neben ihrem war blass. Abgemagert. Ihre Augen waren geöffnet und sie blickte Olivia an, doch es war nicht klar, ob sie sie auch wirklich sah.

      Die anderen Frauen – es waren alles Frauen – schienen tot zu sein. Drei von ihnen waren es ohne Zweifel. Die anderen beiden konnten auch nur ohnmächtig sein, waren es jedoch vermutlich nicht. Alle waren albtraumhaft dünn. Beinahe wie Skelette. Eine war tatsächlich nicht mehr als ein Skelett.

      Der Verwesungsgestank war so überwältigend, dass sie einen Hustenanfall bekam, der fast eine Minute lang anhielt.

      Als sie aufhörte zu husten, schrie und brüllte Olivia.

      Dann zwang sie sich, den Mund zu halten und eine vernünftige Bestandsaufnahme zu machen. Greg war nicht im Raum. Sie könnte entkommen. Ihr Verstand war noch benebelt, doch es musste einen Weg hier raus geben. Einen, den all diese anderen zum Tode verdammten Frauen übersehen hatten.

      »Tu’s nicht«, sagte die Frau im Käfig neben ihr. Ihre Stimme war ein schwaches Krächzen.

      »Tu was nicht?«

      Die Frau blinzelte zweimal heftig, als müsse sie sich konzentrieren. »Schreien. Das tut meinen Ohren weh.«

      »Wo sind wir?«

      »Spielt das eine Rolle? Warte einfach, bis es vorbei ist. Wenn du aufhörst, etwas zu spüren, ist es nicht mehr so schlimm.«

      Olivia fing an, mit den Beinen vor und zurück zu schwingen. Der Käfig schaukelte mit.

      »Das haben wir auch schon versucht. Wir haben das alles versucht. Wir haben wirklich alles versucht.«

      »Na ja, ich werde nicht einfach hier sitzen bleiben.«

      »Doch, wirst du. Das ist alles, was du hier machst. Sitzen. Er gibt dir Wasser. Aber nichts zu essen. Es gibt nie etwas zu essen. Wir sehen bald genauso aus wie die anderen.«

      »Sind die alle verhungert?«

      »Ich glaube, auf die erste war er wütend. Hab ich gehört. Da war ich noch nicht hier. Der Rest ist verhungert.«

      »Wir können abhauen«, beharrte Olivia. »Wenn wir zusammenarbeiten, können wir uns befreien. Es muss einen Weg geben.«

      Die Frau lächelte. »Du bist ja süß.«

      »Ich gebe nicht auf.«

      »Wirst du.«

      »Wann kommt er zurück?«

      »Spielt keine Rolle.«

      »Wann?«

      »Das weiß keiner.«

      Olivias Käfig schwang hin und her, immer nur wenige Zentimeter an dem der anderen Frau vorbei. Die Dinger waren wahrscheinlich gerade mit so viel Abstand aufgehängt worden, dass sie nicht zusammenstoßen konnten. Schwer vorzustellen, dass die Befestigung so wenig robust war, dass sie den Käfig mit ihren Schaukelbewegungen aus der Decke reißen konnte, doch irgendetwas musste sie doch versuchen. Sie konnte nicht einfach hier sitzen und sterben.

      Der Käfig löste sich nicht von der Decke.

      Nach einer Weile hörte sie auf zu schaukeln.

      Dann verlegte sie sich wieder aufs Schreien.

      Natürlich war der Raum schalldicht isoliert. Die anderen Frauen hatten sicher auch schon daran gedacht, um Hilfe zu rufen. Sie verschwendete bloß ihre Energie.

      Ihre Beine baumelten herab. Wenn Greg zurückkam, könnte sie ihn zu sich locken, ihm dann ins Gesicht treten. Ihm die Nase brechen.

      Das würde ihr allerdings kaum etwas nützen. Sie wäre immer noch im Käfig gefangen.

      Sie könnte mit ihm reden. Ihn zu überzeugen versuchen, dass sie es niemals jemanden sagen würde, keiner Menschenseele. Sie hatte keine Ahnung, was die anderen Frauen zu ihm gesagt hatten, doch vielleicht konnte sie etwas anderes sagen. Etwas, das ihn zum Umdenken brachte.

      Sie schrie noch ein bisschen weiter.

      »Das tut meinen Ohren weh«, wiederholte die andere Frau, als Olivia endlich verstummte.

      »Es muss doch einen Ausweg geben.«

      »Das glaubst du schon bald nicht mehr. Wenn er wiederkommt, setzt er sich auf den Stuhl und sieht uns zu. Er sieht uns einfach nur zu. Sieht uns beim Verhungern zu.«

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      Ach, Scheiße, dachte Charlene, als sie ins Hinterzimmer kam und die Neue erblickte, die an der Wand lehnte und weinte. Musste sie das Mädel jetzt etwa fragen, was los war? Versuchen, sie zu trösten? Oder sollte sie einfach leise wieder gehen und hoffen, dass sie sie nicht bemerkt hatte?

      Die Neue registrierte ihr Eindringen sofort und tupfte sich schnell die Augen trocken. »Tut mir leid. Es tut mir leid.«

      Charlene war ziemlich sicher, dass das Mädchen gesagt hatte, ihr Name sei Gertie. Beim Vorstellen hatte sie gesagt: »Ja, wie Drew Barrymore in E.T.«, und wenn Drew in diesem Film jemanden namens Gertie gespielt hatte, dann musste die Neue so heißen. Charlene hatte E.T. nie gesehen und wäre nicht darauf gekommen, den Namen damit in Zusammenhang zu bringen. Stattdessen war ihr eine unglaublich unanständige Bemerkung über Aliens in den Sinn gekommen, doch erstens war Charlene auf der Arbeit und zweitens war sie Gertie gerade erst begegnet, also hatte sie sich zurückgehalten und den saukomischen, unfeinen Alien-Kommentar für sich behalten.

      Darauf war sie stolz. Denn sonst sagte sie andauernd ungefiltert Dinge, die ihr gerade durch den Kopf gingen. Viele, viele Dinge.

      Gertie war attraktiv, aber nicht Charlenes Typ. Sie bezweifelte, dass Gertie auch nur ein einziges Tattoo besaß. Charlene wurde lieber verführt, als selbst die Verführerin zu geben. Auch wenn es inzwischen, mit 26 Jahren, schwierig war, Momente zu erleben, in denen sie sagen konnte: »Um Himmels Willen, das habe ich ja noch nie gemacht!« Gertie machte einen unverdorbenen Eindruck. Nicht jungfräulich, aber auch niemand, der sich beim Liebesspiel würgen ließ. Durchschnittlich groß, aber extrem dünn – nicht, auf eine magersüchtige Weise, aber dennoch verdammt schlank. Wahrscheinlich kam sie frisch vom College und ihre Tränen waren der Erkenntnis geschuldet, dass ihr das vierjährige Studium einen Job als Bedienung in einem mittelmäßigen italienischen Restaurant eingebracht hatte.

      »Ist alles okay?«, fragte Charlene. »Ich meine, offensichtlich nicht; war eine blöde Frage. Was ich sagen wollte ist, kann ich irgendetwas für dich tun?«

      »Nein. Ich brauchte nur eine Minute für mich, und die Toilette war schon besetzt.«

      »Bist du sicher?« Charlene wusste nicht, wieso sie überhaupt nachfragte, ob Gertie sicher war. Mist, sie hatte die Gelegenheit gehabt, sich höflich zurückzuziehen – wieso hatte sie diese nicht ergriffen?

      Gertie nickte. »Ein Gast war gemein zu mir. Ist keine große Sache. Ich werde mich daran gewöhnen.«

      »Welcher Tisch?«

      »Acht.«

      »Die Dame im blauen Kleid?«

      »Ja, genau.«

      »Die sieht aus wie eine Oberzicke. Weiß sie, dass du neu bist? Du hast doch bestimmt die ersten paar Tage unter Jasons Aufsicht bedient, oder?« Charlene hatte


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