Geistesgegenwärtig führen. Daniel Zindel

Geistesgegenwärtig führen - Daniel Zindel


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eine Kultur überleben, wenn alle ihre Beziehungen nur kommerzieller Natur sind?« So fragte Jeremy Rifkin Anfang dieses Jahrhunderts. Wir fragen: Kann eine Organisation überleben, wenn sie sich ausschließlich auf ihren Leistungsausstoß und ihre Produkte konzentriert? Nein, ist unsere Antwort, dann glichen wir dem Bauern, der die Gans schlachtet. Wir zerstörten die Produktionsgrundlagen, wenn wir sie auf das Leistungsmäßige, Mechanische reduzieren wollten. Eine »bloße« Arbeitsgemeinschaft, die rein mechanisch funktioniert, ist auf Dauer kaum überlebensfähig und verliert vor allem ihre Berechtigung als christliche Organisation.

       3. Investition in die Produktionskapazität und das Produkt

      Leiten ist die Kunst und die Knochenarbeit, die Balance zwischen Produktionskapazität und Produkt zu halten. Die beiden sollen in optimalem Wirkungsgrad zueinander stehen. Wo christliche Organisationen krank werden oder eingehen, liegt die Ursache oft darin, dass die Akzente falsch gesetzt sind.

      Gibt es ein Rezept für die richtige Balance von Glaube, Leben und Leisten? In welchem Verhältnis sollen sich Geistlichkeit, Gemeinschaft und Leistung zueinander verhalten? Wer bestimmt, welches Maß richtig ist?

      Ich erkannte in der »Dosierungsfrage« ein erhebliches Konfliktpotenzial in der Organisation, die ich leite. Wir erfüllen mit unseren Institutionen staatliche Leistungsaufträge in den Bereichen Sonderschulung, Fremderziehung und Ausbildung. Mit der Seminarhotellerie stellen wir uns einem äußerst schwierigen Markt. Qualität und Professionalität müssen gewährleistet sein. Im Alterszentrum werden in der Pflege die Standards nicht von uns definiert, und hohe Qualität muss gewährt sein. Geht das auf Kosten der Gemeinschaft oder der gemeinsamen Spiritualität? Wie viel an Zeit und Kraft investieren wir jeweils in die verschiedenen drei Bereiche? Geschieht »Geistliches« allein in der Freizeit, dominiert ein Bereich die beiden anderen?

      Der Konflikt bestand darin, dass wir Mitarbeitenden innerhalb der Stiftung mit recht unterschiedlichen, unausgesprochenen und nicht aufeinander abgestimmten Vorstellungen über die Gewichtung der drei Ebenen lebten. Zudem arbeiteten wir in drei Generationen zusammen. Die Köpfe der Alten und der Jungen unterschieden sich nicht nur in Bezug auf Grautöne und Haarmenge, sondern vor allem bezüglich der inneren Bilder, wie in unserer Stiftung dem Glauben, dem gemeinschaftlichen Miteinander und dem Arbeiten Ausdruck gegeben werden sollte. Für die einen war die Organisation eine Art Glaubensgemeinschaft wie ein evangelischer Orden. Andere definierten ihren Platz von ihrer professionellen Mitarbeit her, die sie aus einer christlichen Grundhaltung heraus tun wollten. Für die dritten lag der Anlass, bei uns zu arbeiten, in der Tatsache, dass man auf dem gleichen Areal wohnte und in kibbuzähnlichen Verhältnissen leben konnte. Wieder andere suchten innerhalb der Gemeinschaft betreutes Wohnen und Geborgenheit, die sie stützen sollte. Hier musste Klärung geschaffen werden, oder permanente Enttäuschungen und Konflikte waren systemimmanent vorprogrammiert.

      Jede andere christliche Organisation ist mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Gibt es einen Schlüssel für die »richtige« Gewichtung der drei Ebenen der Pyramide?

      Es ist meine Überzeugung, dass es keine allgemeingültige Formel gibt. Jede Organisation muss ganz spezifisch ihr eigenes Maß finden. Wovon hängt die angemessene Dosierung ab? Ich nenne einige prägende Faktoren: Die spezifische Aufgabe und Berufung der Organisation, ihre innere und äußere Entwicklungsphase, die etwas mit dem Alter zu tun hat, ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das fachliche und gesellschaftliche Umfeld, die Akzente, welche die einzelnen Mitarbeitenden und die Leitung selber setzen. Eine Gemeinschaft muss sich die für sie angemessene Gewichtung von Gott zeigen lassen und sie muss sie immer wieder neu anpassen.

      Es gibt Modelle, die ganz aus der Kontemplation und dem Gebet heraus entsprungen sind. »Nichts soll dem Gebet vorgezogen werden«, sagt Benedikt von Nursia und bringt damit zum Ausdruck, dass dem Spirituellen absolute Priorität eingeräumt wird. Die Präzision und Sorgfalt, mit der er den geistlichen Bereich minutiös ausgestaltet und durchreguliert, zeigt deren Wichtigkeit.

      Es gibt aber auch christliche Organisationen, die stark fachlich orientiert sind und Leistungsaufträge der öffentlichen Hand erfüllen. Am Anfang steht nicht das kommunitäre Zusammensein, aus dem heraus sich dann Aufgaben entwickeln, sondern zu Beginn steht klar ein von Gott erkannter


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