Don Carlos. Friedrich Schiller

Don Carlos - Friedrich Schiller


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      Aufs schrecklichste zu ahnden. – Damals sah ich

      Dich zitternd in der Ferne stehn, und jetzt,

      Jetzt trat ich vor und warf mich zu den Füßen

      Des Königs. Ich, ich tat es, rief ich aus:

      An deinem Sohn erfülle deine Rache!

      marquis:

      Ach, woran mahnen Sie mich, Prinz!

      carlos: Sie ward’s!

      Im Angesicht des ganzen Hofgesindes,

      Das mitleidsvoll im Kreise stand, ward sie

      Auf Sklavenart an deinem Karl vollzogen.

      Ich sah auf dich und weinte nicht. Der Schmerz

      Schlug meine Zähne knirschend aneinander;

      Ich weinte nicht. Mein königliches Blut

      Floß schändlich unter unbarmherz’gen Streichen;

      Ich sah auf dich und weinte nicht – Du kamst;

      Laut weinend sankst du mir zu Füßen. Ja,

      Ja, riefst du aus, mein Stolz ist überwunden.

      Ich will bezahlen, wenn du König bist.

      marquis reicht ihm die Hand:

      Ich will es, Karl. Das kindische Gelübde

      Erneur’ ich jetzt als Mann. Ich will bezahlen.

      Auch meine Stunde schlägt vielleicht.

      carlos: Jetzt, jetzt –

      O zögre nicht – jetzt hat sie ja geschlagen.

      Die Zeit ist da, wo du es lösen kannst.

      Ich brauche Liebe. – Ein entsetzliches

      Geheimnis brennt auf meiner Brust. Es soll,

      Es soll heraus. In deinen blassen Mienen

      Will ich das Urteil meines Todes lesen.

      Hör an – erstarre – doch erwidre nichts –

      Ich liebe meine Mutter.

      marquis: O mein Gott!

      carlos:

      Nein! Diese Schonung will ich nicht. Sprich’s aus

      Sprich, daß auf diesem großen Rund der Erde

      Kein Elend an das meine grenze – sprich –

      Was du mir sagen kannst, errat ich schon.

      Der Sohn liebt seine Mutter. Weltgebräuche,

      Die Ordnung der Natur und Roms Gesetze

      Verdammen diese Leidenschaft. Mein Anspruch

      Stößt fürchterlich auf meines Vaters Rechte.

      Ich fühl’s, und dennoch lieb ich. Dieser Weg

      Führt nur zum Wahnsinn oder Blutgerüste.

      Ich liebe ohne Hoffnung – lasterhaft –

      Mit Todesangst und mit Gefahr des Lebens –

      Das seh ich ja, und dennoch lieb ich.

      marquis: Weiß

      Die Königin um diese Neigung?

      carlos: Konnt ich

      Mich ihr entdecken? Sie ist Philipps Frau

      Und Königin, und das ist span’scher Boden.

      Von meines Vaters Eifersucht bewacht,

      Von Etikette ringsum eingeschlossen,

      Wie konnt ich ohne Zeugen mich ihr nahn?

      Acht höllenbange Monde sind es schon,

      Daß von der hohen Schule mich der König

      Zurückberief, daß ich sie täglich anzuschauen

      Verurteilt bin und wie das Grab zu schweigen.

      Acht höllenbange Monde, Roderich,

      Daß dieses Feu’r in meinem Busen wütet,

      Daß tausendmal sich das entsetzliche

      Geständnis schon auf meinen Lippen meldet,

      Doch scheu und feig zurück zum Herzen kriecht.

      O Roderich – nur wen’ge Augenblicke

      Allein mit ihr –

      marquis: Ach! Und Ihr Vater, Prinz –

      carlos:

      Unglücklicher! Warum an den mich mahnen?

      Sprich mir von allen Schrecken des Gewissens,

      Von meinem Vater sprich mir nicht.

      marquis:

      Sie hassen Ihren Vater?

      carlos: Nein! Ach, nein!

      Ich hasse meinen Vater nicht – doch Schauer

      Und Missetäters Bangigkeit ergreifen

      Bei diesem fürchterlichen Namen mich.

      Kann ich dafür, wenn eine knechtische

      Erziehung schon in meinem jungen Herzen

      Der Liebe zarten Keim zertrat? Sechs Jahre

      Hatt ich gelebt, als mir zum erstenmal

      Der Fürchterliche, der, wie sie mir sagten,

      Mein Vater war, vor Augen kam. Es war

      An einem Morgen, wo er stehnden Fußes

      Vier Bluturteile unterschrieb. Nach diesem

      Sah ich ihn nur, wenn mir für ein Vergehn

      Bestrafung angekündigt ward. – O Gott!

      Hier fühl ich, daß ich bitter werde – Weg –

      Weg, weg von dieser Stelle!

      marquis: Nein, Sie sollen,

      Jetzt sollen Sie sich öffnen, Prinz. In Worten

      Erleichtert sich der schwer beladne Busen.

      carlos:

      Oft hab ich mit mir selbst gerungen, oft

      Um Mitternacht, wenn meine Wachen schliefen,

      Mit heißen Tränengüssen vor das Bild

      Der Hochgebenedeiten mich geworfen,

      Sie um ein kindlich Herz gefleht – doch ohne

      Erhörung stand ich auf. Ach, Roderich!

      Enthülle du dies wunderbare Rätsel

      Der Vorsicht mir – Warum von tausend Vätern

      Just eben diesen Vater mir? Und ihm

      Just diesen Sohn von tausend bessern Söhnen?

      Zwei unverträglichere Gegenteile

      Fand die Natur in ihrem Umkreis nicht.

      Wie mochte sie die beiden letzten Enden

      Des menschlichen Geschlechtes – mich und ihn –

      Durch ein so heilig Band zusammenzwingen?

      Furchtbares Los! Warum mußt es geschehn?

      Warum zwei Menschen, die sich ewig meiden,

      In einem Wunsche schrecklich sich begegnen?

      Hier, Roderich, siehst du zwei feindliche

      Gestirne, die im ganzen Lauf der Zeiten


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