Don Carlos. Friedrich Schiller

Don Carlos - Friedrich Schiller


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vielgeliebten Brüdern?

      marquis überreicht ihr die Briefe:

      Die Königin-Mutter fand ich krank, geschieden

      Von jeder andern Freude dieser Welt,

      Als ihre königliche Tochter glücklich

      Zu wissen auf dem span’schen Thron.

      königin: Muß sie

      Es nicht sein bei dem teuern Angedenken

      So zärtlicher Verwandten? bei der süßen

      Erinnrung an – Sie haben viele Höfe

      Besucht auf Ihren Reisen, Chevalier,

      Und viele Länder, vieler Menschen Sitte

      Gesehn – und jetzt, sagt man, sind Sie gesonnen,

      In Ihrem Vaterland sich selbst zu leben?

      Ein größrer Fürst in Ihren stillen Mauern,

      Als König Philipp auf dem Thron – ein Freier!

      Ein Philosoph! – Ich zweifle sehr, ob Sie

      Sich werden können in Madrid gefallen.

      Man ist sehr – ruhig in Madrid.

      marquis: Und das

      Ist mehr, als sich das ganze übrige

      Europa zu erfreuen hat.

      königin: SO hör ich.

      Ich habe alle Händel dieser Erde

      Bis fast auf die Erinnerung verlernt.

       Zur Prinzessin von Eboli.

      Mir deucht, Prinzessin Eboli, ich sehe

      Dort eine Hyazinthe blühen – Wollen

      Sie mir sie bringen?

       Die Prinzessin geht nach dem Platze.

       Die Königin etwas leiser zum Marquis.

      Chevalier, ich müßte

      Mich sehr betrügen, oder Ihre Ankunft

      Hat einen frohen Menschen mehr gemacht

      An diesem Hofe.

      marquis: Einen Traurigen

      Hab ich gefunden – den auf dieser Welt

      Nur etwas fröhlich –

       Die Prinzessin kommt mit der Blume zurück.

      eboli: Da der Chevalier

      So viele Länder hat gesehen, wird

      Er ohne Zweifel viel Merkwürdiges

      Uns zu erzählen wissen.

      marquis: Allerdings.

      Und Abenteuer suchen ist bekanntlich

      Der Ritter Pflicht – die heiligste von allen,

      Die Damen zu beschützen.

      mondekar: Gegen Riesen!

      Jetzt gibt es keine Riesen mehr.

      marquis: Gewalt

      Ist für den Schwachen jederzeit ein Riese.

      königin:

      Der Chevalier hat recht. Es gibt noch Riesen.

      Doch keine Ritter gibt es mehr.

      marquis: Noch jüngst

      Auf meinem Rückweg von Neapel war

      Ich Zeuge einer rührenden Geschichte,

      Die mir der Freundschaft heiliges Legat

      Zu meiner eigenen gemacht. – Wenn ich

      Nicht fürchten müßte, Ihre Majestät

      Durch die Erzählung zu ermüden –

      königin: Bleibt

      Mir eine Wahl? Die Neugier der Prinzessin

      Läßt sich nichts unterschlagen. Nur zur Sache.

      Auch ich bin eine Freundin von Geschichten.

      marquis:

      Zwei edle Häuser in Mirandola,

      Der Eifersucht, der langen Feindschaft müde,

      Die von den Gibellinen und den Guelfen

      Jahrhunderte schon fortgeerbt, beschlossen,

      Durch der Verwandtschaft zarte Bande sich

      In einem ew’gen Frieden zu vereinen.

      Des mächtigen Pietro Schwestersohn,

      Fernando, und die göttliche Mathilde,

      Colonnas Tochter, waren ausersehn,

      Dies schöne Band der Einigkeit zu knüpfen.

      Nie hat zwei schönre Herzen die Natur

      Gebildet füreinander – nie die Welt,

      Nie eine Wahl so glücklich noch gepriesen.

      Noch hatte seine liebenswürd’ge Braut

      Fernando nur im Bildnis angebetet –

      Wie zitterte Fernando, wahr zu finden,

      Was seine feurigsten Erwartungen

      Dem Bilde nicht zu glauben sich getrauten!

      In Padua, wo seine Studien

      Ihn fesselten, erwartete Fernando

      Des frohen Augenblickes nur, der ihm

      Vergönnen sollte, zu Mathildens Füßen

      Der Liebe erste Huldigung zu stammeln.

       Die Königin wird aufmerksamer. Der Marquis fährt nach einem kurzen Stillschweigen fort, die Erzählung, soweit es die Gegenwart der Königin erlaubt, mehr an die Prinzessin von Eboli gerichtet.

      Indessen macht der Gattin Tod die Hand

      Pietros frei. – Mit jugendlicher Glut

      Verschlingt der Greis die Stimmen des Gerüchtes,

      Das in den Ruhm Mathildens sich ergoß.

      Er kommt! Er sieht! – Er liebt! Die neue Regung

      Erstickt die leisre Stimme der Natur,

      Der Oheim wirbt um seines Neffen Braut

      Und heiligt seinen Raub vor dem Altare.

      königin:

      Und was beschließt Fernando?

      marquis: Auf der Liebe Flügeln,

      Des fürchterlichen Wechsels unbewußt,

      Eilt nach Mirandola der Trunkene.

      Mit Sternenschein erreicht sein schnelles Roß

      Die Tore – ein bacchantisches Getön

      Von Reigen und von Pauken donnert ihm

      Aus dem erleuchteten Palast entgegen.

      Er bebt die Stufen scheu hinauf und sieht

      Sich unerkannt im lauten Hochzeitssaale,

      Wo in der Gäste taumelndem Gelag

      Pietro saß – ein Engel ihm zur Seite,

      Ein Engel, den Fernando kennt, der ihm

      In Träumen selbst so glänzend nie erschienen.

      Ein einz’ger Blick zeigt ihm, was er besessen,


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