Im Schatten der Verschwörung. Sabine Dittrich

Im Schatten der Verschwörung - Sabine Dittrich


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boten ein wenig Schatten in der Sommerhitze.

      Das Gespräch mit den Eltern ging ihm immer wieder durch den Kopf. Was wusste er eigentlich über die Menschen, die ihn in die Welt gesetzt hatten – Thomas und Ottilie Müntzer? Seit Martin Luther 1517 die 95 Thesen gegen den Ablasshandel an verschiedene Landesherren geschickt hatte, war die Welt der Kirche in den deutschen Fürstentümern gehörig durcheinander gekommen. Luther behauptete, man würde nur durch Glauben vor Gott gerechtfertigt. Gute Werke und Traditionen der Kirche könnten einen nicht vor Hölle und Fegefeuer bewahren. Die römisch-katholische Kirche war anderer Ansicht. Hierüber war ein heftiger Streit entbrannt, der die Menschen schließlich in zwei Lager teilte. Müntzer war zuerst ein Anhänger Luthers, hatte sich danach aber von dessen Lehre abgewandt. Warum, das wusste Mias nicht. Er hatte nur gehört, dass Müntzer alle Obrigkeit ausrotten wollte und sich an die Spitze des Bauernheeres in Thüringen gestellt hatte. Seine ketzerischen Predigten hätten die Bauern in den sicheren Tod getrieben. Die letzte Schlacht ging verloren, Müntzer und andere Anführer bekamen ihre gerechte Strafe für den Aufruhr. Luther hatte ihn einen »Erzteufel« genannt, den »Satan von Allstedt« und »aufrührerischen Rottengeist«. Der Bauernaufstand war heute lange vorbei, aber die Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern Luthers und den Verfechtern des römisch-katholischen Glaubens schwelten immer noch.

      Das war alles, was Mias wusste. Es war nicht viel, aber doch genug, um sein Inneres in große Unruhe zu versetzen. Gut, dass niemand außer seinen Eltern die Wahrheit über seine Herkunft kannte.

      Bis zum Nachtmahl hatte er sich äußerlich wieder gefasst, nur das Blau seiner Augen schien matter als sonst. Gut, dass Katharina mit ihrem fröhlichen Geplauder die Runde am Tisch unterhielt, so dass seine Schweigsamkeit nicht auffiel.

      Später saß er mit Michel in seiner Kammer.

      »Was betrübt dich, mein Freund?«

      Michel hatte er nicht täuschen können. Wie sollte er ihm darauf antworten? Mias öffnete eine Truhe und holte ein kleines Ledersäckchen und ein Bündel Schriften heraus. Das hatten ihm seine Eltern am Nachmittag übergeben. Es war die dürftige Habe Ottilie Müntzers.

      »Michel, lies diesen Brief; dann sag mir: Was ist das für ein Mensch, der solche Worte schreibt?«

      Michel nahm das Papier an sich, rückte nahe zum Kerzenleuchter und las laut.

      Mein liebes Weib, dies schreib ich dir aus großer Gefahr. Verloren ist alles, dahingegeben sind wir in die schwere Zucht Gottes. Es kam, wie du prophezeit hast: Jeder hatte nur sein eigen Ding im Sinn und nicht die Sache Gottes. Wie hätte ER da unser Schwert führen sollen? Ich weiß nun nicht, ob es mir gelingt, zu entkommen. Mir scheint jedoch, ein anderer Weg wartet auf mich, ein Kelch schwer zu trinken. So werden wir uns erst in der Ewigkeit wieder begegnen. Du sollst wissen, dass ich niemals bereute, dich zum Eheweib genommen zu haben. Gott hat mir in dir eine Gehilfin gegeben, wie man besser sich nicht wünschen kann. Ich bereu wohl manche unnütze Stund’ in meinem Leben, aber keine einzige von denen, die ich mit dir verbracht. So herze auch unseren lieben Sohn von mir. Unterweise ihn und das noch Ungeborene im lauteren Geiste des Evangeliums. Vertraue dem Boten dieses Briefes, er wird dir helfen, so ich es nimmer vermag. Zuletzt muss doch Gottes Sache siegen!

       Auf ewig dein Thomas, gegeben zu Frankenhausen am 15. Mai anno 1525

      »Was ist das für ein Brief? Woher hast du ihn?«

      »Ein Verwandter hat ihn geschrieben, der schon lange tot ist. Sag, was meinst du, was war er für ein Mensch?«

      Michel überlegte. »Ich verstehe nicht alles, was da geschrieben ist. Doch dieser Mann war ein Gelehrter, er hat große Liebe für seine Frau und sein Kind. Mon dieu, Matthias, solch einen Brief könntest du schreiben – ein guter, kluger Mensch wie du kommt mir dabei in den Sinn.«

      Mias schlug entsetzt die Hände vor das Gesicht. »Wie ich, sagst du?«

      »Nun löse mir das Rätsel. Wer hat das geschrieben?«

      »Michel, ich werde mit meinem Vater auf eine Reise ins Thüringische gehen. Dort will ich sehen, was dieser Verwandte mit mir zu tun hat. Danach kann ich dir das Rätsel lösen.«

      »Soll ich dich begleiten?«

      Mias schüttelte traurig den Kopf. »Nein, lieber Freund, diesen Weg muss ich ohne dich gehen.«

      Später, als er alleine in der Kammer zurückgeblieben war, öffnete Mias den kleinen Lederbeutel und holte seinen Inhalt heraus. Ein silberner Ring. Klein, schmal, darauf etwas eingraviert. Eine Weinranke. Er passte gerade an seinen kleinen Finger. Ottilie Müntzers Ehering. Innen war ein schwarzer Schriftzug zu erkennen: Apo2/10/2

      Was mochte das bedeuten? Natürlich, eine Stelle aus der Heiligen Schrift. Mias öffnete nochmals seine Truhe und holte eine Ausgabe der Vulgata heraus. Diese Bibel in lateinischer Sprache hatte ihm sein Vater zum Beginn seines Studiums geschenkt. »Apo« stand für Apokalypse des Johannes. Die Zahlen meinten das zweite Kapitel, im Vers 10 den zweiten Teil. Mias blätterte eine Weile, bis er den Text gefunden hatte.

      Esto fidelis usque ad mortem, et dabo tibi coronam vitae. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.

      Was für ein merkwürdiger Trauspruch.

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      1 »Vielleicht ein Ritter aus Amiens?«

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