Mord auf Antrag - Roland Benito-Krimi 2. Inger Gammelgaard Madsen

Mord auf Antrag - Roland Benito-Krimi 2 - Inger Gammelgaard Madsen


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stolz Anne Larsen wurde. Aber es schmerzte sie wohl auch. Sie hätte die Information für sich behalten und sie in ihrer Zeitung als Titelstory bringen können, aber sie hatte sich entschieden, zu ihm zu gehen. Sie hatte wohl auch entdeckt, dass es besser war, zusammenzuarbeiten als gegeneinander, wie Kurt Olsens neue Vision lautete. Oder vielleicht war es auch, weil sie selbst mit ihren eigenen Informationen so großzügig gewesen waren.

      »Sie haben keine Verabredung mit ihm für weitere Gespräche getroffen?«

      »Ich habe es vorgeschlagen, aber er wollte nichts versprechen, also bleibt es ganz ihm überlassen.«

      Sie trafen sich im Besprechungsraum. Alle kamen pünktlich und nahmen rund um den Tisch Platz, der mit Bechern und Thermoskannen gedeckt war. Kurt Olsen saß am Tischende und sortierte Fotos aus der Rechtsmedizinischen und Kriminaltechnischen Abteilung. Niels Nyborg war auf Streife gewesen und hatte Kopenhagener Gebäck mitgebracht. Er servierte, indem er die Tüte in der Mitte mit einem schnellen Ruck aufriss, sodass der Zucker über den Tisch rieselte.

      »Man muss sich nur mal vorstellen, dass die das Gebäck hier im Ausland ›Danish‹ nennen. Wofür halten die uns?«, fragte Dan Vang, der auf die Idee gekommen war, dass man keinen Zucker essen solle. Bestimmt eine neue Freundin.

      Roland forderte zur Ruhe auf, indem er an die Tafel zu schreiben begann. Er fing mit ›Mo‹ an, wischte es aber wieder weg und schrieb ›Leiche im Moor‹. Von da aus zog er einen Strich und notierte den Namen des Opfers, von diesem aus zog er einen weiteren Strich und schrieb ›Sebastian Juhl, Sohn‹. In die eine Ecke schrieb er ›Mörder aus dem Umfeld – fremder Mörder?‹, dann wandte er sich dem kleinen Haufen vertrauensvoller Mitarbeiter zu und bekam Blickkontakt mit Isabella Munch; sie lächelte ihn an. Wie erhebend es mit einem weiblichen Beamten war. Er räusperte sich.

      »Das hier ist unser Ausgangsmaterial. Aber ich hatte gerade Besuch von einer Journalistin vom Tageblatt. Sie wurde von einem unbekannten Mann angerufen. Er kannte die Identität der Leiche – vor dem Rechtsmediziner und dem Rechtsodontologen. Ich weiß allerdings nicht, in welcher Verbindung er zu dem Fall steht.« Er schrieb ›unbekannter Zeuge – Täter?‹ auf eine zufällige Stelle an der Tafel. Kurt Olsen reichte ihm die makaberen Fotos der irdischen Überreste der Krankenpflegerin, die er ebenfalls auf der Tafel platzierte, und ein Foto der Holzspitze, die Leander im Schädel gefunden hatte.

      »Der Mörder kann Verbindungen nach Afrika haben. Vielleicht ist er einfach dahin gereist und hat ein Souvenir mit nach Hause gebracht. Es sieht so aus, als ob die Mordwaffe ein großer, schwerer Gegenstand aus schwarzem, afrikanischem Ebenholz ist.«

      »Vielleicht wohnte das Opfer oder der Mörder einfach mit jemandem zusammen, der reiste«, wandte Kim ein, und Roland nickte.

      »Du verwendest die Vergangenheitsform, Kim, und genau das ist unser größtes Problem. All das hier ist fünfundzwanzig Jahre her und die meisten Spuren sind weg. Sie wurde 1983 als vermisst gemeldet. Nach der Erklärung des Sohnes klingt es so, als ob die Polizei sie einfach für eine Frau hielt, die mit ihrem Geliebten durchgebrannt war, daher war die Suche sicher nicht besonders intensiv. Jedenfalls wurde sie nie gefunden.«

      »Verflixt, das glaub ich sofort. Wer sucht schon in einem Moor?«, murmelte Dan und schielte mit Abscheu zu Mikkel, der ein Stück Gebäck abbiss und mit Zucker um den Mund mit Kaffee nachspülte.

      »Den Gedanken hatte der Mörder sicher auch. Wir fangen damit an, uns auf den Bekanntenkreis und die Bewohner rund um das Moor in dem betreffenden Jahr zu konzentrieren. Wir müssen mit einer fächerförmigen Ermittlung anfangen, da wir nichts haben, dem wir nachgehen könnten. Es ist sicher nicht leicht gewesen, eine Leiche unbemerkt dahin zu transportieren, es sei denn, der Mörder wohnte in der Nähe oder es fand nachts statt. Kim, du darfst mit deiner Geduld und deiner Erfahrung mit Recherchen die alten Berichte durchgehen. Bezieh die Kollegen der Polizei von Mittel- und Westjütland so viel wie möglich mit ein. Schnapp dir Arne Svendsen. Grüß ihn nur von mir.« Er setzte sich und nahm ebenfalls ein Stückchen Gebäck, verfolgt von Dans vorwurfsvollen Augen. Ob es sein Lob an Kim oder seine Lust auf Zucker war, die den Vorwurf hervorrief, konnte er nur raten. Es war selten, dass ein Lob für Dan Vang abfiel.

      »Kann es einer der Patienten der Verstorbenen gewesen sein? Sie war ja Krankenpflegerin«, schlug Isabella Munch vor, und Roland nickte ein bisschen zu eifrig.

      »Wir sollten ihre Patienten ausfindig machen, besonders die, die sie am letzten Tag ihres Lebens besucht hat.«

      »Genau darüber habe ich mit den Kollegen in Silkeborg gesprochen«, meinte Kim. »Aus den alten Berichten ging das nicht hervor, und leider gibt es keine Verzeichnisse von damals darüber, wo sich die Krankenpfleger an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten aufhielten. So etwas wird nicht so lange aufgehoben.«

      »Gut, Kim, dann vergeuden wir keine Zeit mehr damit. Aber irgendwie müssen wir sie finden. Der Sohn konnte uns leider nicht viel helfen, er war erst acht, als das alles passierte.«

      »Es kann aber nicht der gewesen sein, der die Journalistin angerufen hat?« Kurt Olsen kaute auch, aber es war bestimmt eher Stimorol- als Nikotinkaugummi. Seine geliebte Stanwell-Pfeife, die normalerweise wie eine Verlängerung seiner rechten Hand wirkte, wollte er um nichts in der Welt entbehren. Er nutzte eine Gesetzeslücke und qualmte weiter in seinem Einmannbüro.

      »Der junge Mann wirkte sehr geschockt, als er vom Tod seiner Mutter erfuhr, daher bezweifle ich das sehr«, antwortete Roland und sah zu Mikkel, der Sebastians Reaktion ebenfalls gesehen hatte. Er schüttelte den Kopf und stimmte seinem Chef zu.

      »Ich frage mich, warum eine Krankenpflegerin aus Silkeborg Patienten hier in Aarhus hat. Wirkt das nicht seltsam?«, fragte Isabella.

      Die wunderbare weibliche Intuition. Roland runzelte die Augenbrauen und nickte. »Ja, da hast du Recht. Ich habe mich das auch schon gefragt«, log er. »Niels, darum kümmerst du dich. Wir müssen wissen, was eine Krankenpflegerin aus Silkeborg hier in Aarhus gemacht hat.«

      »Können wir denn ausschließen, dass die Leiche aus Silkeborg nach Aarhus transportiert wurde? Also, dass sie in ihrem eigenen Zuhause ermordet und hierher gebracht wurde? Das könnte ihre Patienten ausschließen.« Kurt Olsen krempelte die Ärmel hoch und wirkte von seiner Theorie sehr überzeugt. Roland war nur davon überzeugt, dass es viele Möglichkeiten gab, wenn man keine Fakten hatte, von denen man ausgehen konnte.

      »Wie lange braucht man, um von Silkeborg nach Mundelstrup zu fahren?«, fragte er in die Runde.

      »Kommt drauf an, ob man mit Blaulicht fährt«, kommentierte Dan, was ihm von Niels einen harten Schlag auf den Arm einbrachte.

      »Mann, ein Mörder fährt doch nicht mit Blaulicht, du Knalltüte.«

      Dan wurde rot, als ihm auffiel, worauf die Frage abzielte. Roland schüttelte unbemerkt den Kopf. Nun war Dan bald vier Jahre bei der Polizei, und es war nur dem Mangel an Beamten zu verdanken, dass er noch nicht gefeuert worden war. Er war nicht der Hellste, und viele ernste Gespräche unter vier Augen hatten seine Einstellung zu seiner Arbeit nicht verbessert, die scheinbar für ihn nur darin bestand, eine Uniform und Waffen tragen zu können.

      »Von Silkeborg nach Mundelstrup sind es rund vierzig Kilometer, ich denke, das ist in etwas mehr als einer halben Stunde zu schaffen«, sagte Niels Nyborg, der dort Verwandte hatte.

      »Wenn wir davon ausgehen, dass es an einem kalten Wintertag mit Minustemperaturen geschah, könnte dieser Transport vielleicht die Ursache dafür sein, dass die Leiche kalt war, als sie ins Moor geworfen wurde. Dem Obduktionsbericht zufolge wurden die Eingeweide in dem sauren Moorwasser sehr gut erhalten. Man meint sogar, ihre letzte Mahlzeit sei Rindfleisch gewesen, aber das ist nicht hundert Prozent bewiesen«, sagte Roland.

      Kurt Olsen erhob sich und studierte mit den Händen in den Hosentaschen die Fotos der Leiche. »Aber wer versteckt eine Leiche und fährt sie so weit? Sollte man sie nicht einfach so schnell wie möglich aus dem Weg räumen?« Er drehte sich zum Tisch um, wo alle ihn anstarrten.

      »Haben wir noch überhaupt keinen Todeszeitpunkt?«, erkundigte sich Niels Nyborg und drehte eifrig seinen Kugelschreiber zwischen den schlanken Fingern.

      »Leider


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