Die Habsburger. Albert Stähli

Die Habsburger - Albert Stähli


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leisten die Habsburger den Staufern bis zum Schluss. Graf Albrecht IV, der Vater des ersten Habsburgers auf dem römisch-deutschen Königsthron, Rudolf I, dient den Staufern noch als Hauptmann der Stadt Straßburg. Über Rudolfs Mutter, Heilwig von Kyburg, kommen Besitzungen im Thurgau in die Hand der Habsburger. Diese erweiterte Machtbasis wird der 1218 geborene Rudolf geschickt ausnutzen, als sich die Herrschaft der Staufer mit dem Tod Friedrichs II 1250 dem Ende neigt. Es beginnt die Zeit des sogenannten Interregnums.

      Die letzten beiden Staufer, Konrad IV (1228–1254) und sein Sohn Konradin (1252–1268), nehmen in Italien ein tragisches Ende. Sie scheitern bei dem Versuch, die Herrschaft über Reichsitalien und das eigenständige Königreich Sizilien wiederherzustellen. Rudolfs Bruder Hartmann bezahlt diese Politik mit dem Leben und stirbt als Gefolgsmann der Staufer in lombardischer Gefangenschaft.

      Im Reichsgebiet fehlt nun die ordnende Hand eines Kaisers, der wegen der Bindung des Kaisertums an das Papsttum zwingend der salbenden Hand des Nachfolger Petri bedarf. Zahlreiche Grafen und Herzöge nutzen dessen zeitweilige Absenz, um ihre Territorien auf Kosten der Nachbarn zu erweitern. Zu ihnen gehört auch Graf Rudolf IV, der seinem 1240 auf einem Kreuzzug gestorbenen Vater als Graf von Habsburg folgt. Als Feldherr erwirbt sich Rudolf den Ruf eines „Burgenzerstörers“. Und auch den Konflikt mit dem Bischof von Basel scheut er nicht. Durch seine Ehe mit Gertrud von Hohenberg gewinnt er zudem Gebiete im Elsass. Sein Ehrgeiz ist erwacht, doch richtet der sich weniger auf ihn selbst als auf seinen Namen und den seiner Familie. „Die Vermehrung ihrer Hausmacht und die Schaffung eines erblichen Königtums standen seitdem im Fokus der habsburgischen Politik.“ (Beck, B., 2018, S. 10)

      Ein anderer bekannter Fürst, der das Interregnum zur Machterweiterung nutzt, ist Ottokar II. Aufgrund seiner Strenge und seines Reichtums wird er von Zeitgenossen der „Eiserne“ oder „Goldene König“ genannt. Ottokar gewinnt in wenigen Jahren die Herrschaft über Österreich, die Steiermark, Kärnten und Krain sowie die Windische Mark und Friaul. An ihm, so ist er sich sicher, führt bei der nächsten Königswahl im Jahr 1273 kein Weg vorbei. Er betrachtet Rudolf nur als den „armen Graf“ – ein spöttisch gemeintes Diktum, das die Habsburger später gern aufgreifen. Denn so stellt sich ihr Aufstieg umso strahlender dar.

       Die Wahl zum römisch-deutschen König

      1272 stirbt einer der letzten Gegenkönige des Interregnums. Den einzig verbliebenen Konkurrenten dieser Zeit lehnt Papst Gregor X ab. Und ohne das Plazet des Stellvertreters Gottes auf Erden wird kein König zum Kaiser gekrönt. Die Königsherrschaft wiederum wurzelt im Wahlrecht der Großen des Reichs: „Als christlicher Herrscher, außerdem legitimiert durch Traditionen selbständiger adliger Herrschaft, fungierte der König als unverzichtbarer Garant für die Rechtsordnung und den Reichsverband.“ (Heimann, H.-D., 2009, S. 24) Weil Wirren das Reich zerrütten und die letzten christlichen Bastionen im Heiligen Land in Gefahr sind, drängt der Papst die sieben Kurfürsten zur Wahl eines neuen, mächtigen, einigenden Königs. Mit dem französischen König Philipp III „der Kühne“ und dem böhmischen König Ottokar II stehen zwei einflussreiche Kandidaten bereit.

      Doch als die Kurfürsten am 29. September 1273 in Frankfurt am Main zusammenkommen, haben sie ihre eigenen Interessen im Sinn. Sie entscheiden sich für Graf Rudolf von Habsburg. Ihr Kalkül: Er ist mächtig genug, um im Reich wieder Ordnung herzustellen, aber schwächer als die Herrscher Frankreichs und Böhmens. Dennoch trauen sie ihm zu, mit ihrer Unterstützung Ottokar die widerrechtlich angeeigneten Länder zu entreißen und so dessen Macht zu stutzen. Angesichts seines Alters von 55 Jahren wähnen sich die Kurfürsten mit Rudolf I auf der sicheren Seite. Eine Dynastie wie die der Staufer, davon sind sie überzeugt, wird er in der ihm verbleibenden Lebenszeit nicht etablieren können.

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       Abbildung 2: Rudolf I, römisch-deutscher König

      Ganz ohne Zuwendungen dürfte die Wahl freilich nicht gelaufen sein. Die Kurfürsten erhalten Geldbeträge als Aufwandsentschädigung, und zwei von ihnen macht Rudolf zu seinen Schwiegersöhnen. Seine Tochter Mathilde vermählt er mit dem Pfalzgrafen bei Rhein und Herzog von Oberbayern Ludwig II. Herzog Albrecht II von Sachsen erhält die Hand von Rudolfs Tochter Agnes. Später arrangiert Rudolf noch die Hochzeit zwischen seiner Tochter Hedwig und Otto VI, dem Bruder des Markgrafen Otto V von Brandenburg. Ein früher Höhepunkt der legendären Habsburger Heiratspolitik – wir kommen darauf zurück.

      „Das entscheidende Jahr für den Aufstieg der Habsburger war 1273“, notiert der österreichische Historiker Karl Vocelka (2010, S. 18). Am 24. Oktober dieses geschichtsträchtigen Jahres wird Rudolf gemeinsam mit seiner Frau in Aachen zum König gekrönt. Wie lange er es sein wird, entscheidet sich im Kampf mit seinem mächtigen Widersacher Ottokar II. Der denkt nicht daran, die Wahl anzuerkennen und sich Rudolf als neuem Lehensherrn zu fügen. Vielmehr versucht er beim Papst die Anerkennung des Habsburgers als ehemaligen Parteigänger der Staufer und damit Gegner des Vatikans zu verhindern. Vergebens. So bahnt sich ein gewaltsamer Konflikt zwischen Rudolf I und Ottokar II an, der erst 1278 mit der Schlacht an der March sein zu Beginn dieses Kapitels beschriebenes Ende finden wird.

       Der Konflikt mit Ottokar von Böhmen

      „Mit einem Fuß in der Tür der Weltgeschichte war Rudolf energisch genug, sie mit der Schulter ganz aufzustoßen.“ Unbedingte Zielstrebigkeit ist nach Ansicht der amerikanischen Historikerin Dorothy Gies McGuigan (2016, S. 16) der wichtigste Charakterzug des ersten Habsburgers. Im November 1274 versammelt Rudolf in Nürnberg einige Fürsten zum Hoftag. Der beschließt, dass der König alle Gebiete, die während des Interregnums verlorengingen, für das Reich wieder in Besitz nehmen soll. Der Auftrag zielt natürlich auf Ottokar II, der seine Herrschaft inzwischen enorm ausgeweitet hat. Die Eroberung der von ihm annektierten ehemals babenbergischen Herzogtümer Österreich und Steiermark bietet Rudolf zudem die Möglichkeit, seine Hausmacht zu vergrößern, ohne anderen Fürsten Gebiete abnehmen zu müssen. Verstärkt wird die Verlockung durch die Schmach. Denn Ottokar weigert sich beharrlich, Rudolf als neuem König zu huldigen.

      Daraufhin verhängt Rudolf die Reichsacht über seinen Widersacher. Sämtliche Lehen, also auch die rechtmäßigen über Böhmen und Mähren, werden Ottokar aberkannt. Dieser selbst wird für vogelfrei erklärt und seine Vasallen damit von ihrem Treueeid entbunden. Der Krieg ist nun unvermeidbar. Im Sommer 1276 bricht Rudolf gemeinsam mit seinen Verbündeten zum Feldzug gegen den böhmischen König auf. Der rechnet mit einem Angriff auf seine Stammlande. Doch überraschend marschiert Rudolf nach Wien und belagert die Stadt. Daraufhin zieht ihm Ottokar entgegen. Die Heere lagern auf den gegenüberliegenden Ufern der Donau. Keiner der beiden wagt den Angriff.

      Ein Aufstand böhmischer Adliger zwingt Ottokar zum Friedensschluss, um den Zusammenbruch seiner Herrschaft und damit den Verlust ihrer Besitztümer zu verhindern. Demütig muss er sich Rudolf unterwerfen und die Steiermark und seine weiteren Gebietsgewinne während des Interregnums abgeben. Rudolf geht als Sieger vom Platz, Ottokar ist der ohnmächtige Verlierer und sinnt auf Rache. Zwei Jahre später rüstet er erneut zum Krieg.

       Zwei Ehen sichern den Frieden

      Und so wiederholt sich 1278 die Geschichte. Wieder zieht Rudolf mit einem Heer in Richtung Wien. Diesmal ist er jedoch im Nachteil: Einige seiner einstigen Förderer verweigern ihm die Unterstützung, weil er ihnen zu mächtig geworden ist. Dafür kann Rudolf auf die Waffenhilfe des ungarischen Königs zählen. Der schließt sich ihm auf dem Weg zum Marchfeld an. Dort findet König Ottokars Glück durch Rudolfs taktische List sein Ende.

      Sich im Moment des militärischen Sieges politisch zu mäßigen, um langfristig den Frieden zu sichern, gehört zu den Fähigkeiten kluger Staatsmänner. Dank seines Sieges bei Dürnkrut könnte Rudolf seinen Besitz erheblich erweitern – um Österreich, die Steiermark und um Böhmen und Mähren, deren Vasall tot auf dem Schlachtfeld liegt.

      Doch damit würde Rudolf noch bedeutender als Ottokar auf dessen Zenit werden. Der König weiß, dass er mit einer Landnahme die starken Kurfürsten gegen sich aufbringen und das empfindliche Machtgefüge im Reich aus dem Gleichgewicht bringen würde. Daher einigt er sich mit Kunigunde von Halitsch,


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