101 Dinge, die man über Golf wissen.. Michael F. Basche

101 Dinge, die man über Golf wissen. - Michael F. Basche


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      Planspiel: Die Komposition von Golflöchern aus der Computer-„Feder“ des Architekten. Nummer 3 zeigt ein auf unterschiedlichen Wegen anspielbares Grün.

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      Praxis: Bahn 9 und 18 des Südplatzes im Golf- und Country Club Seddiner See nahe Potsdam münden in ein von Bunkern geschickt verteidigtes Doppel-Grün.

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      Kaum Grenzen für Kreativität

      Dazwischen und drumherum sind der Kreativität des Designers kaum Grenzen gesetzt, spielbar sollte es bleiben, nie unfair werden. Länge, Verlauf, Platzierung und Form von Hindernissen (Bunker, Grasmulden, Gewässer), Konturen und Reliefs von Fairways und Grüns, unterschiedliche Gras-Schnitthöhen und, und, und: Der Notenfundus für die Komposition eines Lochs gibt genug her, um den Spieler auf einer Achterbahn des Anspruchs über die Runde zu bringen.

      Schon höhere Wissenschaft ist etwa die subtile Modellierung der Grüns durch Neigungen (Slopes) und Höhenwechsel (Breaks) – was im Verbund mit Wuchshöhe (2,5 bis 4 Millimeter) sowie Bewässerung des Rasens enormen Einfluss auf den rollenden Ball hat und vom Spieler vor dem Putten richtig „gelesen“ werden sollte. Oder der Einsatz von optischen Täuschungen durch trickreiche Gestaltung von Bunker- und Grünkanten. Oder die sinnvolle Verwendung von „Templates“, dem angepassten Nachbau von Design-Elementen berühmter und zeitlos reizvoller Golfplätze.

      8 Loch an Loch mal 18

      Die Partitur des Platzes

      Mark Twain hat mal geschrieben: „Golf verdirbt einen guten Spaziergang.“ Das muss aber nicht sein, wenn die Partitur des Platzes stimmt. Kursdesign ist allerdings eine Wissenschaft für sich. Schon das Notenheft für die reinen Spielbereiche eines 18-Loch-Arrangements umfasst 30 Hektar, dazu kommen Puffer zwischen den Bahnen in mindestens gleichem, besser doppeltem Maß – viel Fläche für gestalterischen Freiraum, für einen „emotionalen Wirbel von sich dauernd ändernden Spannungen bezüglich des Geländes, der Länge der Löcher und der Schwierigkeit der einzelnen Golfelemente“, wie es der US-Architekt und Lehrbuch-Autor Dr. Michael Hurdzan ausdrückt.

      Gewiss, alles hängt von Schnitt und Beschaffenheit des Geländes ab. Vom Budget sowieso – ein richtig guter Platz kostet 100.000 Euro pro Loch. Gar nicht zu reden von einer kapitelfüllenden Planungs- und Genehmigungsbürokratie, von Voruntersuchungen, Gutachten, behördlichen Auflagen. Und auch Kreativität hat Kriterien:

      •Sicherheit zuvorderst, weil die Seiten- und Längenstreuung von Bällen und somit entsprechende „Flugzonen“ eingeplant werden müssen.

      •Flexibilität in Form unterschiedlicher Abschläge, die eine variable Platzlänge ermöglichen und alle golferischen Spielstärken berücksichtigen.

      •„Shot Value“, womit die vom Platz geforderten Golfschläge gemeint sind. Denn Längenvielfalt der Bahnen und variantenreiche Gestaltung von Zielbereichen sollen dazu führen, dass alle Schläger gebraucht und zudem in verschiedenen Schlagvarianten eingesetzt werden müssen.

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      Orchestrierung mit Finale furioso

      Schließlich Bahnenfolge und Spielfluss: Die harmonische Verteilung der unterschiedlichen Pars, die wechselnde Ausrichtung der einzelnen Bahnen zur vorherrschenden Windrichtung, die gekonnte Orchestrierung von Zwischenhöhepunkten und ein abschließendes Finale furioso. Ein virtuoser Architekt konzipiert innerhalb dieser kunstvoll komponierten Abfolge genug Elemente, mit denen über die gesamte Runde das komplette Spiel und vor allem das Hirn des Golfers gefordert werden. Dazu gehören geschickt konstruierte und platzierte Sandhindernisse statt lieblos in den Boden gekratze Kuhlen sowie die kluge Einbindung von Vegetation und Gewässern, Optionen für die Spiellinie, überhaupt ein attraktives asymmetrisches Design. Nicht zuletzt die hohe Schule der Grün-Anlagen mit ihrer mannigfaltigen Klaviatur von Formen und Konturen, Plateaus und Breaks, falschen Fronten oder verdecktem Gefälle. Design-Doyen Donald Ross schrieb seiner Gilde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ins Stammbuch: „Mach’ jedes Loch zu einer unterschiedlichen Aufgabe!“

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      Kunstvolles Gefüge: Der Plan des Hofguts Georgenthal im Taunus verdeutlicht, wie ein Platzkonzept auf die Vorgaben des Geländes abgestimmt werden muss.

      18 hat ein klassischer Golfplatz übrigens, weil die teils mit der Entwicklung des Spiels zu kurz gewordenen, teils sich überlappenden ursprünglichen 22 Bahnen des Old Course 1764 neu sortiert wurden – und zufällig 18 übrig blieben, die 1842 im Regelbuch manifestiert wurden. Am Ende wartet dann das ominöse 19. Loch, wo die Runde entweder begossen oder ertränkt wird: die Bar im Clubhaus.

      9 Große Oper

      Architektur und Design

      Was macht einen großartigen Golfplatz aus? Ganz einfach: Jedes Loch wird zum Erlebnis, ohne den Spieler mit Eindrücken zu überfrachten oder mit unüberschaubaren Problemen zu malträtieren; eine brillante Bahn bietet unterhaltsame Herausforderungen für Golfer aller Klassen, bei denen das Auge mitspielt und die Seele gestreichelt wird. „Eine Golfrunde sollte 18 Inspirationen bieten“, hat vor einem Jahrhundert der angesehene Architekt Albert W. Tillinghast philosophiert. Und das „Bühnenbild“ sich stets „an den gestalterischen Vorgaben der Natur orientieren“. Das gilt bis heute.

      Ein kolossaler Kurs vor kongenialer Kulisse ist schlichtweg große Oper. Es gibt die Ouvertüre: ein, zwei Auftaktlöcher, die den Spieler auf das Kommende einstimmen, ihm schmeicheln, ihn mit dem Kurs warm werden lassen. Pure Psychologie. Niemand will schon auf der ersten Bahn Frust schieben und bereuen, die Anlage überhaupt betreten zu haben.

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      Architektur-Arie: Die Überarbeitung nahezu aller Bahnen macht aus dem Golf Club Föhr ein Paradebeispiel für modernes, weil puristisches Platzdesign.

      Wie das musikalische Vorbild hat auch der perfekte Platz seine Arien im Programm, die besonderen Höhepunkte in Form imposanter Löcher. Gefolgt von weniger aufwühlenden Intermezzi zum mentalen Verschnaufen, bevor die Runde idealerweise in einem fabelhaften Finale endet, das noch einmal alle Sinne und Fertigkeiten fordert, den Wunsch nach Wiederholung weckt. Sei’s bloß, weil man mit dem Platz nun eine Rechnung offen hat. „Kurse zu gestalten, die selbst Vergnügen bereiten, wenn du schlecht spielst, das ist die Kunst der Golfarchitektur!“, sagt Tom Doak, einer der brillanten Designer unserer Zeit.

      Das Wesen eines Golfplatzes ist seine größtmögliche Individualität bei nur wenigen räumlichen Vorgaben – wohl einzigartig im Sport. Trotzdem haben sich Gestaltungsgrundsätze etabliert, seitdem das einst wilde Geländespiel zum Ausgang des 19. Jahrhunderts in geregelte Bahnen gelenkt worden ist. Mit der Ausbreitung „auf dem platten Land“ musste künstlich kreiert werden, was Mutter Natur in den Dünen so verschwenderisch vorgegeben hatte: Landschaft, Routen, Hindernisse. Mangels schwerem Gerät und Faible für Formensprache waren die ersten artifiziell angelegten Plätze tatsächlich reine Spielfelder, schematisch, symmetrisch, linear, mit standardisierten Distanzen und brutalen Barrieren. Golf verkam zum Hindernisparcours.

      Autodidakten wie dem schottischen Arzt und „Golden Ager“ Dr. Alister MacKenzie und seinem Faible für die Kunst der militärischen Tarnung im Gelände ist zu verdanken, dass diese Langeweile zu Beginn des 20. Jahrhunderts von der Lust an einer Golf-Landschaft verdrängt wurde; gestützt auf das intensive Studium des Old Course und seiner unvergleichlichen Ästhetik. Seither kategorisiert


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