Will haunt you - Dieses Buch wird dich verfolgen. Brian Kirk

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Die Leute klopften ihnen auf den Rücken, als sie vorbeigingen, blickten sie dümmlich mit schlaffem Lächeln und trüben Augen an. So hatte einmal unser Leben ausgesehen. Eingezwängt in einen dreckigen Bus, der von Stadt zu Stadt kroch, ließen wir in schmutzigen, halbvollen Kneipen die Trommelfelle von randalierenden Säufern platzen. Und ich hatte jede einzelne Minute geliebt. Aber diese Zeit war vorbei.

      Außer heute Abend.

      In dieser stinkenden Halle voller Außenseiter waren die Toten wieder auferstanden.

      Ein letztes Mal blickte ich von der Bühne und trat dann hinunter. Wieder sterblich.

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      Die Bar roch nach eingelegten Eiern und schaler Pisse, was ein nostalgisches Stechen hervorrief. So sahen meine bevorzugten Jagdgebiete aus. Orte, an denen man so schäbig sein konnte, wie man nur wollte, und es war allen scheißegal. Ich schloss die Augen und ließ das Gemurmel der Gespräche in meinen Ohren nachhallen, wobei ich in dem allgemeinen Dröhnen Bruchstücke mitbekam. Es war ein beruhigender Laut, leeres Gefasel. Er beschwor Erinnerungen an unzählige Stunden herauf, die ich in genau solchen Räumen verbracht hatte, gebeugt über einem Glas mit kaltem, fahlgelbem Bier. Den Blick auf Sportzusammenfassungen auf den verschwommenen Bildschirmen gerichtet, während der Verstand sich in dem Fluss des Gefasels verliert. Dem Fluss aus Whiskey.

      Das Krachen von Schüssen erschreckte mich, und als ich aufblickte, sah ich eine Reihe von Leuten, die leere Schnapsgläser auf die Theke knallten.

      »Mehr davon!«, rief Caspian und legte den Arm um die Frau zu seiner Rechten. Darauf folgte ein zustimmendes Gegröl, und der Barkeeper drehte eine Flasche Fireball auf den Kopf.

      Schmeckt himmlisch, brennt höllisch.

      Lässt dich zur Hölle fahren.

      Solomon löste sich von der Theke, seine Augen wässrig, und bahnte sich mit den Schultern einen Weg zu mir herüber.

      »Muss doch scheiße für dich sein«, sagte er und blickte mit leichtem Abscheu auf mein Mineralwasser.

      »Na ja, was soll man machen?«

      »Ist es schwer?«

      Ich nahm einen Schluck. Es schmeckte wie Metall. »Alles ist schwer, Mann.«

      »Da sagst du was.« Solomons Shirt, das einmal weiß gewesen war, hatte sich am Kragen und unter den Achseln gelblich verfärbt und war inzwischen eine halbe Größe zu klein. »Alk macht es aber leichter.« Ich höre immer noch die Schreie in der Nacht vor Jahren. Ihre, meine. Ich schwöre, sie werden jedes Mal lauter und klarer, wenn ich mich an sie erinnere. »Nicht für mich. Für mich macht er alles viel schwerer.«

      »Sicher …« Solomon schweifte ab, und seine Augen wurden glasig, als er seinen Gedanken nachging. Für einen Säufer gibt es nichts Schlimmeres als jemanden, der trocken wird.

      Caspian kam mit zwei Bier zu uns; die Klette, die er an der Theke stehengelassen hatte, sah ihm schwermütig hinterher. Er hielt Solomons eins hin.

      »Prost, Jungs«, sagte er, und wir stießen die Gläser zusammen, wobei ich mir zugegebenermaßen wie das fünfte Rad am Wagen vorkam. Caspian trank sein Miller Lite in drei Schlucken fast halb leer.

      »Hat jemand Kevin gesehen?«, fragte Solomon.

      Caspian lachte und stank aus dem Mund. »Der hat eine Dorfmatratze mitgenommen, um sie ordentlich zu bürsten. Hat sich nicht viel geändert bei dem.«

      Er bedachte mich mit einem Blick der Enttäuschung. »Was ist mit dir?«, fragte er. »Wie ist das so, hinter einem weißen Lattenzaun eingesperrt zu sein?«

      Ich spürte, wir mir die Hitze ins Gesicht stieg. »Scheiße, mein Leben läuft gut, Mann. Ich lebe den Amerikanischen Traum.«

      Caspian schlug Solomon auf den Rücken, als dieser gerade einen Schluck trank, wodurch ein weiterer Fleck auf seinem versifften Shirt entstand. »Eher ein beschissener Albtraum. Produzierst Werbejingles, richtig? So viel zum Thema Rock’n’Roll.«

      »Richtig, zahlt sich wenigstens aus.«

      »Sicher doch. Deshalb heißt es auch ›sich verkaufen‹.«

      Eiswürfel zwischen meinen Zähnen zu zermalmen half etwas, aber nicht genug. Ihn erwürgen hätte es vielleicht getan.

      »Hey!« Caspian schlug mir mit der Rückhand gegen den Bauch, und es tat weh. »Ich verarsche dich doch nur, Kumpel! Mir doch egal, ob du dich in die verfickte Mickymaus verwandelst. Wenn es für dich läuft, wenn du wirklich glücklich bist, dann ist das toll. Als Säufer kommt man sowieso nicht weit, so viel steht fest.«

      Caspian und seine zweifelhaften Komplimente. Ich hätte lieber warmen Rotz in meinem Glas gehabt als den Sprudel, aber ich trank noch einen Schluck. Alles, womit ich meinen Mund füllen konnte, außer den Worten, die hinauswollten.

      Rückblickend waren es nicht die Partys und Cassies Schwangerschaft gewesen, die die Band auseinandergerissen hatten. Sondern Caspian.

      Solomons Augen waren glasig und unkoordiniert. Er musste etwas genommen haben, sobald die Show vorbei war, wenn nicht schon vorher. Dann erinnerte ich mich an das Buch. »Hey, Mann, ich hab’ das Buch gelesen, von dem du mir erzählt hast.«

      Solomon schien mich nicht zu hören. Er nickte langsam mit dem Kopf, als würde er irgendeinem Drumsolo lauschen, das er nie spielen konnte. Sein verschwitztes, schwarzes Haar klebte an seinem Kopf. Ein öliger Schimmer im Gesicht, der irgendwie modrig roch und ihn aussehen ließ wie warmen Käse.

      »Alter.« Ich stieß mit dem Ellenbogen gegen seinen Arm. »Wo fliegst du rum?«

      Ein käsiger Mann in einem Slayer-T-Shirt kam herüber und wollte sich ins Gespräch mischen, aber Caspian schloss ihn mit dem Rücken aus. Wir standen in einem lockeren Dreieck und machten alle einen Schritt vorwärts, um es enger zu machen. Inmitten des versoffenen Durcheinanders hatte das etwas Zeremonielles. Das Festmachen eines Knotens.

      »Alter!«, schrie ich Solomon ins Gesicht. »Wach auf, verdammte Scheiße.«

      Er blinzelte überrascht. »Was? Was ist los?«

      Caspian blickte auf der Suche nach einer besseren Gelegenheit durch den Raum, aber ich sah ihm an, dass er zuhörte.

      »Das Buch.« Ich sprach jedes Wort langsam und sorgfältig, als würde ich mit meinem hirngeschädigten Sohn sprechen. »Das, von dem du mir erzählt hast. Ich habe es gelesen.«

      »Oh.« Solomons Gesicht bekam einen frischen Überzug aus öligem Schweiß. »Was hältst du davon?«

      Ich zuckte mit den Achseln. »Mir tat das Mädchen leid. Ziemlich makabre Lektüre.«

      »In deinem kam ein Mädchen vor?«

      Ich spürte die Vibration meines Handys an meinem Bein. Durch den Stoff meiner Jeans konnte ich leise den harmonischen Anfang von »Welcome Home (Sanitarium)« hören. Ich sah nach: Cassie rief an. Normalerweise hätte mich das genervt, aber eigentlich fühlte ich mich erleichtert.

      Ich hielt mein anderes Ohr zu und ging dran. »Hey, Süße. Was läuft?«

      »Hey! Wie war’s?«

      Caspian lauschte immer noch. Dieses große, herabhängende, durchlöcherte Ohr war wie eine Satellitenschüssel auf mich gerichtet. Ich legte die Hand über meinen Mund, um etwas Privatsphäre zu haben.

      »Ähm … gut, Süße.« Vor meinem inneren Auge sah ich die Frau, die ihr Top hob, wobei ihre Nippel vibrierten wie ein Feder-Türstopper. »Ein bisschen eingerostet. Aber trotzdem gut gelaufen. Die Leute hatten Spaß.«

      »Natürlich hatten sie das.« Ich konnte Cassies Lächeln hören. Konnte ihre perfekten, elfenbeinfarbenen Zähne sehen, an denen der Dreck abperlte. Ich fragte mich, ob ihre Gelüste immer noch so schlimm waren wie meine. Wenn ja, dann versteckte sie sie gut. Schien stattdessen vom Muttersein high zu werden. Ihre Dröhnung bekam


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