Will haunt you - Dieses Buch wird dich verfolgen. Brian Kirk
Das Todeslager irgendeines Aasfressers, der überfahrene Tiere vom Highway klaubte und sie hier drin verschlang. Oder Leute aus liegengebliebenen Autos.
Ich hörte ein Platschen vom anderen Ende des Tunnels. Ich hielt inne und lauschte, wobei ich so flach wie möglich atmete und mich bemühte, nicht wegen des verdammten Gestanks zu würgen, der jetzt genau unter mir aufstieg.
Noch ein Platschen, aber es klang nicht wie ein Schritt. Mehr wie ein Fisch oder das Schlagen eines Schwanzes. Es kam schneller auf mich zu, als irgendjemand laufen konnte. Es klang eher, als würde etwas schwimmen.
»Hallo?« Das war Montierhebel, der von der Öffnung hereinrief, durch die ich die gekommen war, und den Eingang blockierte. Ich wusste, dass ich zu tief drinnen war, als dass er mich hätte sehen können. »Ist jemand hier drin?«
»Ich bin hier!« Die Stimme kam von der gegenüberliegenden Seite, aus der Richtung, in die ich ging.
»Ich auch! Wir feiern ’ne Party.« Eine dritte Stimme, die eines Mädchens. Schrill und manisch vor Schadenfreude. »Ich hab’ alle meine Freunde eingeladen.«
Mehr Platschen, das näherkam. Was auch immer es war, es musste bei dem toten Ding angekommen sein, denn es hielt einen Moment lang inne. Und dann warf es sich hin und her, bespritzte mich mit Wasser, als es sich auf das verwesende Fleisch stürzte.
Ich spürte, wie etwas gegen meinen Fuß stieß, dann gegen mein Bein peitschte. Es zischelte.
Reflexartig trat ich zu und spürte einen heißen Stich in meiner Wade, knapp unter meinem Knie. Schneidender Schmerz ließ Feuer durch mein Bein rasen. Ich griff nach unten und packte etwas, das an meinem Bein hing. Etwas Langes und Schlüpfriges, das sich gummiartig anfühlte und sich in meinem Griff wand. Ich zog, und es wand sich um meinen Unterarm. Ich konnte nicht mehr ruhig bleiben. Ich schrie, als ich es wegschleuderte.
Das war eine Schlange. Hier drin waren Schlangen.
Das Mädchen brach in freudiges Gelächter aus. »Oh, schön! Meine Freunde haben jemanden zum Spielen gefunden!«
Dann, von Montierhebel: »Unfair, wartet auf mich!«
Ich war umzingelt und hatte gerade meine Position verraten. Und diese gottverdammte Schlange hatte mich gebissen. Das war kein Spiel.
Kaltes Feuer brannte an der Stelle, wo die Schlange mich gebissen hatte, und meine Wade verkrampfte. Unmöglich zu sagen, welche Art Schlange es war oder welches Gift jetzt durch meine Adern raste. Was es auch war, es wirkte schnell. Und ich bezweifelte, dass diese Irren Schlangenserum bei sich hatten.
Ich hörte das Zischen einer weiteren Schlange und spürte, wie sie über meinen Fuß glitt und sich dabei kurz um meinen Knöchel schlang. Sie musste über einen Meter lang sein. Eine weitere schwamm in der Rinne zwischen meinen Beinen hindurch. Wie viele gab es hier drin? Was war das tote Ding, das unter mir lag? Die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Mensch war, wurde immer größer.
Ich musste hier raus – sofort. »Ich habe eine Waffe.«, schrie ich. Oder versuchte, es zu schreien. Es kam wie ein ersticktes Krächzen heraus, dass durch den Betontunnel hallte und nicht einmal ein Kind überzeugt hätte.
»Das wäre jetzt die richtige Zeit, sie zu benutzen, Süßer. Wir sind hier, um dich zu töten, weißt du.«
Ich spürte, wie ich zusammensackte. Mein Kopf fiel runter, bis mein Kinn auf meiner Brust lag. Wie konnten meine Freunde glauben, dass mir das Spaß machen würde? Selbst wenn diese Tortur mit einer schwedischen Massage mit Happy End zu Ende ging, würde ich kein Wort mehr mit ihnen wechseln. Die Sache ging viel zu weit. Zur Hölle, ich war bereit, sie anzuzeigen. Diese Arschlöcher hinter Gitter zu bringen.
»Ihr seid so was von am Arsch«, sagte ich. Die Akustik im Tunnel unterstrich das Zimperliche in meiner Stimme. Es wäre interessant, hier drin Gesang aufzunehmen. Das heißt, wenn wir nicht gerade unseren allerletzten Auftritt hingelegt hätten. Und vorausgesetzt, dass ich jemals hier rauskam.
Scheiß drauf! Natürlich würde ich rauskommen.
Im Tunnel war es still geworden, abgesehen vom gelegentlichen Platschen der Schlangen. Ich hatte keine Ahnung, ob meine Verfolger sich näherten oder blieben, wo sie waren. Seltsame Farben sickerten allmählich in die Dunkelheit hinein. Feuerorange Jalousien. Ein blaugrünes Aufblitzen, das den Bogen einer Klinge nachzeichnete oder den Flügel eines Vogels. Ein wirbelndes Rotbraun, das mich kurz schwindelig machte, sodass ich mich vorbeugen musste, um das Gleichgewicht zu halten.
Die Dunkelheit, das Gift. Durch Gift erzeugte Halluzinationen.
Eine tiefe, kehlige Vibration erfüllte den Tunnel. Etwas summte, oder es war Montierhebels dämliches Lachen. Es war unmöglich, den Ursprung auszumachen, aber es schwoll an zu einem pulsierenden OMMMM.
Dann flüsterte jemand genau neben mir. »Jesse. Alter. Ich bin’s.« Schmerz zuckte meinen linken Arm hinab, und ich betete fast um einen Herzinfarkt, um mich von meinem Leid zu erlösen. Ich war zu benommen, um zu sprechen.
»Keine Sorge, Mann! Ist alles nur ein Scherz.«
Ich hörte das Klingen von Metall, das Kratzen eines Zündsteins. Ein kleiner Funke flammte auf und verschwand wieder. Das Sturmfeuerzeug leuchtete erneut auf und erzeugte diesmal eine Flamme.
Es fühlte sich an, als hätte man mir einen Stromschlag versetzt. Eine Mischung aus Angst und völliger Erleichterung. Als würdest du von einer hohen Brücke in den Tod springen, es dir mitten im Flug anders überlegen und den Sturz überleben.
Caspian stand neben mir. Die kleine, orange Flamme erhellte sein Gesicht. Seine Augen waren immer noch halbgeschlossen. Sein Mund hing in einem betrunkenen Grinsen herunter. Er wirkte, als wäre er kaum bei Bewusstsein, und ich fragte mich, wie er sich in völliger Dunkelheit im Tunnel zurechtgefunden hatte.
Wen scherte es? Vor ein paar Sekunden wollte ich ihn noch anzeigen, jetzt wollte ich ihn einfach umarmen.
»Caspian, Alter!« Ich ging auf ihn zu. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert.
Dann gewöhnten sich meine Augen an das Licht, und ich sah die Sehnen und die Wirbelsäule, die aus Caspians Hals hingen. Aus der Finsternis erschien neben ihm ein weiteres Gesicht. Dunkler Schatten in tiefen Augenhöhlen. Das wettergegerbte Gesicht eines alten Mannes. Orangenes Licht flackerte auf seinen dicken Brillengläsern und verbarg seine Augen.
Dann ging das Licht aus. Etwas trat hinter mir ins Wasser.
»Hab’s dir doch gesagt, wir kriegen dich, Junge«, sagte Montierhebel hinter mir. Das Letzte, was ich hörte, war sein inzüchtiges Kichern.
Ich brach zusammen in einer Kugel aus Licht, die nicht wirklich da war.
Mehr Licht. Es blendet mich. Ein Scheinwerfer, der direkt in mein rechtes Auge strahlt, greller als die Sonne. Mein linkes Augenlid schließt sich, das andere öffnet sich. Es wird gezwungen, sich zu öffnen, und ist einem weiteren Strahl blendenden Lichts ausgesetzt, das mich untersucht. Direkt in mein Hirn schaut. Mein rechtes Augenlid fällt zu, und ich höre das Klicken eines Knopfes.
Eine Hand auf meiner Schulter, ein sanftes Schütteln. Die beruhigende Stimme eines Mannes. »Mr. Wheeler, sind Sie wach?«
Ich liege am Grund eines Brunnens, am hinteren Ende eines langen Tunnels. Die Stimme des Mannes ist nahe, aber ich – mein bewusstes Ich – ist weit weg. Tief drin in mir selbst.
»Lassen Sie sich Zeit!«, sagt der Mann.
Langsam treibe ich nach oben, zum Licht auf flachem Wasser. Wasser, fauliges Wasser. Das über den Boden eines Durchlasskanals strömt. Die Erinnerung rüttelt mich wach, aber ich kann mich nicht bewegen. Mein Körper ist gelähmt. Meine Augen gehen ruckartig auf, und die Helligkeit sticht.
Ich liege in einem Bett in einer Art Operationssaal. Die fensterlosen Wände sind mit weißen U-Bahn-Kacheln bedeckt. Eine drehbare Lampe hängt genau über mir. Auf einem Stahltablett neben