Herz und Verstand im Verwaltungsrat. Gabriela M. Paltzer-Lang

Herz und Verstand im Verwaltungsrat - Gabriela M. Paltzer-Lang


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bei ihrem Geschlecht als beim Fachlichen gesucht.

       Kein Stolz auf Arbeitgeber

      imageIn der Schweizer Finanzwirtschaft sei es ein grosses Problem, dass fast niemand mehr hin stehe und auf seine Bank oder seine Versicherung als Arbeitgeber stolz sein möchte. Sie jedenfalls kenne fast niemanden mehr, der mit Stolz sage, er arbeite für eine Bank. Schon deshalb wäre es für das Image in der Schweiz und auch im Ausland sehr wichtig, dass sich die Verwaltungsräte und die Wirtschaft insgesamt mehr in der Öffentlichkeit zeigen würden.

      Verwaltungsräte äusserten sich dazu wie folgt:

       Dreieck

      imageDie Gesellschaftsordnung bestehe aus einem Dreieck zwischen den Regierungen und dem Parlament, den Firmen und der Gesellschaft als Ganzes. Dieses Dreieck müsse funktionieren, sonst funktioniere die Welt nicht. In der Finanzkrise 2008 habe es nicht funktioniert, und es funktioniere auch heute noch nicht, weil sich jeder Teil sehr opportunistisch benehme. Wenn einer auf den anderen einschlagen könne, dann schlage er zu. Vor allem das Denken der Politik sei sehr kurzfristig geworden. Die Politik könne auf jene, die sie wählten, nicht draufhauen, und so schlüge sie eben auf die andere Seite, nämlich auf die Wirtschaft. Wegen dieser Gefahr habe ein Wirtschaftsführer auch die Pflicht, sich öffentlich zu äussern.

       Schreiner in der Innerschweiz

      imageEs sei eine Kluft zwischen dem wirtschaftlichen Establishment und der Bevölkerung entstanden; dies münde dann in standortfeindlichen Vorlagen. Von der Wirtschaft sollte unbedingt mehr vermittelt werden, dass ein Schreiner in der Innerschweiz schlussendlich davon abhängig sei, ob ein Grosskonzern in der Schweiz erfolgreich arbeite oder nicht. Da gebe es schon einen Druck der Öffentlichkeit auf die Unternehmen und nicht zuletzt auch auf die Verwaltungsräte, sich vermehrt zu engagieren. Dieses Problems sei man sich in der Wirtschaft bewusst.

       Ausländer – Spitzenposition – Sportclub

      imageEs sei schon so, dass immer mehr Leute aus anderen Ländern Spitzenpositionen in der Schweizer Wirtschaft einnähmen und Probleme hätten, sich mit dem Ort und der Politik zu identifizieren. Oft würden sie nicht einmal die Landessprache sprechen; er kenne beispielsweise einen IT-Spezialisten eines grossen Unternehmens, der seit vielen Jahren in der Schweiz wohne und kein Deutsch spreche. Solche Leute identifizierten sich meist nur mit der Firmenkultur, aber nicht mit der Kultur unseres Landes. Das fände er schlimm. Solche Expats würden früher oder später in der ganzen Welt weiterziehen. Sarkastisch gesagt, weshalb sollten sie sich also für den Sportclub im Dorf interessieren, wenn ein schickes Fitnesszentrum bei ihrem Arbeitsplatz gleich um die Ecke stehe?

       Angst vor Medien

      imageEs gebe Verwaltungsräte, die meinen, sich bei jedem Thema in der Öffentlichkeit melden zu müssen, und andere sehr, sehr gute Verwaltungsräte, die einfach im Stillen arbeiteten. Viele Wirtschaftsleute möchten sich nicht öffentlich äussern, weil sie sonst je nachdem von den Medien auf eine derart massive Art und Weise zerpflückt würden, dass sie sich dies nicht antun möchten. Er denke an die Panama Papers, wo sich die Medien zu Gehilfen eines Dokumentendiebstahls machten. Viele Leute hätten dort ein ganz legal versteuertes Konto und seien trotzdem von den Zeitungen in den Dreck gezogen und vorverurteilt worden – auch ein Grund, weshalb man sich lieber nicht öffentlich äussere. Er selber sei in politischen Gremien in Bern aktiv gewesen. Das sei furchtbar gewesen! Heute hätte es einfach zu viele Politiker, die jährlich 150 000 Franken ohne jeglichen Anreiz verdienten. Man sei bei einem Profiparlament angelangt, wo jeder noch möglichst viele Extrasitzungen abhalten möchte, weil zusätzliche 300 Franken an Sitzungsgeld winken, auch wenn die Sitzung gar nicht nötig wäre.

       Gemeinderat – Freiwilligkeit – Bescheidenheit

      imageSchon von seiner Erziehung her fühle er sich dem Gemeinwesen verpflichtet und sei deshalb Mitglied des Gemeinderates. Das sei seine Art, der Gesellschaft etwas zurückzugeben, weil es ihm so gut gehe. Der Aufwand sei zeitlich machbar, nur so könne er als Selbständigerwerbender sich diese Tätigkeit überhaupt leisten. Abgesehen davon sehe er gerne, was mit dem Geld der Steuerzahler passiere. Die Bildung und das Soziale seien etwas altbacken bei den Damen und der Bau und die Sicherheit bei den Männern angesiedelt – das Emotionale und die Sozialkompetenz sei nun mal bei Frauen vorherrschender als bei Männern. Er fände es gut, wenn Frauen ihre Stärken einbringen und nicht wie ein Mann sein wollten, das wäre völlig verkehrt. Er lebe auf dem Land, und dort gebe es den sozialen materiellen Druck nicht. Somit komme auch das freiwillige soziale Engagement nicht unter Druck, weil man nicht das materielle Momentum in den Vordergrund stelle. All das setze aber auch eine gewisse Bescheidenheit voraus.

       Vorkauen – kein persönliches Engagement

      imageEs gebe CEOs, die sich öffentlich äussern, dann hätten sie jedoch meist einen Stab, der alles für sie organisiere und vorbereite. Gegen diese Art von Bekenntnissen, bei denen ein CEO einfach weitergäbe, was ihm vorgekaut wurde, habe er aber grosse Vorbehalte, das sei für ihn kein persönliches Engagement. Bei der Nominierung von Verwaltungsräten schaue er darauf, ob sie irgendwie im öffentlichen Sektor tätig seien, obwohl ihm dies meist Kritik seitens der Investoren einbringe. Das müsse er dann halt verkraften.

       Komisches Konstrukt – Chaos

      imageDie Wirtschaft im herkömmlichen Verständnis gebe es gar nicht, sie sei ein komisches Konstrukt. Auch die Arbeitnehmervertreter seien ja Teil der Wirtschaft – wer ist die Wirtschaft also? Die Wirtschaft sei ein gesellschaftliches Thema. Wenn man das Gefühl habe, man sollte dafür Verantwortung übernehmen und seinen Beitrag dazu liefern, dass die Diskussionen über gesellschaftliche Themen im Land verbessert würden, dann sollte man auch daran teilnehmen. Und, ganz ehrlich, wenn man bei Betrachtung der Verwaltungsräte in der Schweiz jetzt alle bitten würde, etwas zu diesem gesellschaftlichen Thema zu sagen, ergäbe das ein Chaos und eine Katastrophe.

       Podiumsdiskussion – Illusion

      imageEs sei illusorisch, dass ein Verwaltungsrat beispielsweise an Podiumsdiskussionen teilnehme. Ein durchschnittlicher Verwaltungsrat wisse zu wenig über das Unternehmen, über das Umfeld und die Regulationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Teilnahme kontraproduktiv sei, betrachte er als hoch. Also Hände weg von solchen Meinungsäusserungen, bei denen irgendjemand meine, er müsse auch noch etwas sagen. Das sei in den Unternehmen im Übrigen sehr verpönt respektive gar nicht toleriert.

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