Herz und Verstand im Verwaltungsrat. Gabriela M. Paltzer-Lang
würde er es nicht zulassen, dass einzelne Mitglieder in der Firma herumschwirrten und dort ihre Gedanken, Überzeugungen und Strategien preisgeben; das habe er schon erlebt, und es sei gefährlich. Dabei würden die Verwaltungsräte vom lokalen Management absorbiert und mit allerlei Wünschen bombardiert, die sie nachher ins Gremium einbrächten. Es gehe nicht an, dass man hinten herum mit dem Management Sachen bespreche. Selbstverständlich hätten alle Verwaltungsratsmitglieder Anspruch auf sämtliche Informationen zum Unternehmen, aber nicht als Einzelmaske. Das müsse kontrolliert und mit Disziplin erfolgen, aber nicht, weil man etwas verheimlichen wolle. Es gehe vielmehr um die Glaubwürdigkeit des Verwaltungsrates als gesamtes Team.
Kein Interesse
Glaswände – Portier – Putzdienst
3.Beziehungen des Verwaltungsrates zum Human Resource Management
Frage: Was für Beziehungen pflegt der Verwaltungsrat zum Human Resource Management (HR)?
Jedes Unternehmen kann nur existieren, wenn sich Menschen zusammenfinden, sich für eine gemeinsame Sache engagieren und dafür auch entlöhnt werden. Ohne Angestellte kein Betrieb! Die Mitarbeiter stellen demzufolge das grösste Kapital dar und leisten den wesentlichsten Beitrag zum Erfolg ihres Unternehmens. Das HR ist dafür zuständig, dass die Planung, die Steuerung und die Kontrolle dieses Vermögenswertes funktioniert. Weil diese Aufgabe meines Erachtens in jedem Unternehmen von zentraler Bedeutung ist, habe ich meine Gesprächspartner gefragt, was für eine Beziehung der Verwaltungsrat zum HR pflegt und wie das HR in ihrem Gremium vertreten ist.
Eine direkte, institutionalisierte Beziehung zum HR konnte ich in den Gesprächen nicht feststellen. In gewissen Firmen wird der Verwaltungsrat nicht einmal informiert, wenn der HR-Chef kündigt. Und gleichzeitig, überspitzt gesagt, sind die Zeiten, zu denen ein Personalverantwortlicher mit dem Singlehrer verglichen wurde, definitiv vorbei. Deshalb, so nehme ich an, betonen alle Verwaltungsräte, wie bedeutend die Mitarbeiter seien – das Wichtigste im Betrieb. Und trotzdem sind bis heute fast keine direkten HR-Vertreter im Verwaltungsrat sichtbar.
Eine Firma hatte früher einen HR-Vertreter zwar nicht im Verwaltungsrat, aber in der Konzernleitung; Personalfragen wurden immer an ihn delegiert. Man kam dann jedoch zum Schluss, dass die ganze Konzernleitung einschliesslich des Verwaltungsrates für das Personal verantwortlich sei und diese Aufgabe nicht von oben nach unten delegiert werden könne.
Es gibt natürlich immer wieder Verwaltungsräte, die einen HR-Background haben. Jeder in einem Verwaltungsrat – gerade weil die meisten von ihnen operative Erfahrung mitbringen – ist sich bewusst, dass man eine noch so schlaue Unternehmensstrategie haben kann, diese ohne die Mitarbeiter aber nicht funktioniert.
Der HR-Bereich wird in vielen Fällen von Frauen geführt. Sie sitzen dort an Schlüsselpositionen und erreichen dadurch oft die Spitze. Es darf aber nicht sein, dass das HR als ein geschützter Arbeitsbereich für Frauen dargestellt wird. Es kann sein, dass er eher zu den Frauen passt, weil sie dort ihre Stärken ausleben können; sie eignen sich ganz natürlich oftmals besser dafür. Das ist auch gut so, sofern eine solche Karriere von den Frauen bewusst gesucht wird. Überhaupt sollte meines Erachtens heutzutage jede HR-Abteilung gemeinsam von einer Frau und einem Mann geführt werden, damit eine weibliche und eine männliche Perspektive vertreten sind. Zudem sollten bei Anstellungsgesprächen ab einer bestimmten Hierarchiestufe unbedingt beide Geschlechter anwesend sein; schon deshalb, weil man zu zweit über einen Bewerber mehr in Erfahrung bringt. Das würde einen breiteren und offeneren Auswahlprozess ermöglichen, und die Chance, dass die richtige Person angestellt wird, würde rasant steigen.
Gewisse Firmen sind wegen falscher Personalentscheidungen dazu übergegangen, zu einem Schnuppertag einzuladen. Das gibt einen ersten Eindruck, wie Aufgaben gelöst werden und ob eine Interaktion mit dem Team besteht.
Eine ähnliche Methode der Personalrekrutierung unter Hochschulabsolventen ist in den USA schon lange die Regel. Die Studenten werden in ihren letzten grossen Semesterferien vor dem Abschluss als sogenannte «Interns», Praktikanten, angestellt. Wenn die gegenseitige Zusammenarbeit erfolgreich funktioniert, wird den Studenten meist eine fixe Anstellung gleich nach der Vollendung ihres Studiums angeboten.
Zurück zu den Beziehungen des Verwaltungsrates zum HR. Das HR rapportiert in der Regel direkt an den CEO. Es gibt Verwaltungsräte, die ein spezielles Komitee für Personalfragen haben und an deren Sitzungen der HR-Verantwortliche auch teilnimmt. Dann gibt es Verwaltungsräte, bei denen der HR-Chef zwar an den Sitzungen des gesamten Verwaltungsrates eingeladen ist, aber nur als Gast und wenn es diesbezügliche Diskussionen gibt wie beispielsweise die Diversität auf verschiedenen Stufen, die Entwicklung der Frauenquote vor allem in den höheren Chargen, Quervergleiche am Arbeitsmarkt, das Image des Arbeitgebers oder Bedürfnisse für die Zukunft. Das HR ist ein Teil der Unternehmensstrategie und wichtig ist, dass die wesentlichen Themen adressiert und behandelt werden. Dafür sind die verschiedenen Komitees im Verwaltungsrat und am Ende natürlich der Gesamtverwaltungsrat zuständig.
In jedem Verwaltungsrat gibt es Leute, die HR-sensibler sind als andere. Es gibt aber auch solche, die rein auf Finanzen und Technik ausgerichtet sind; es bringt nichts, sie zu HR-Angelegenheiten nach ihrer Meinung zu fragen.
Verwaltungsrätinnen äusserten sich dazu wie folgt:
Direkte Verbindung
Relevanz – Verbesserungspotential
Nachfolgeplanung