Crash-Kommunikation. Peter Brandl

Crash-Kommunikation - Peter Brandl


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Trendscout ernennen, der von jetzt ab Verbrauchergewohnheiten sorgfältiger beobachtet. Was wäre beispielsweise passiert, wenn Junghans regelmäßig auch nur 20 Uhrenkäufer unterschiedlichen Alters nach ihren Vorlieben und Kaufgründen befragt hätte? Was, wenn man bei der KfW extreme Verluste im eigenen wie im Tochterunternehmen vorab einmal durchgespielt hätte – spätestens als sich die ersten Krisenwölkchen am Finanzmarkthorizont zeigten? Vogel-Strauß-Politik und Schockstarre wären möglicherweise vermieden worden.

       Mögliche Ergebnisse der Krisen simulation

      »Was wäre, wenn …?« und »Wie würden wir im Ernstfall reagieren?« beziehungsweise »Was würden wir konkret tun?« sind ebenso simple wie fruchtbare Fragen, die sich jedes Unternehmen regelmäßig stellen sollte. In guten Zeiten lässt sich besonnener für schwierige Situationen planen, als dann, wenn einem das Wasser schon bis zum Hals steht und Panik um sich greift. Außerdem untergräbt ein solches Planspiel, selbst wenn Sie es nur ein Mal pro Jahr veranstalten, die menschliche Trägheit und das Gefühl der Sicherheit, in dem wir uns gerne wiegen. Und: Indem Sie das Undenkbare durchdenken, verliert es einen Teil seines Schreckens. Am Ende eines solchen Krisenstrategietages sollte ein »Notfallplan« stehen, der Gegenmaßnahmen konkret benennt und besonnenes Handeln erleichtert, wenn es hart auf hart geht. Auch für mich ist der Verlust eines Großkunden natürlich ein bedrohliches Szenario. Deshalb liegt in meiner Schreibtischschublade ein Aktionsplan mit konkreten und durchdachten Akquisemaßnahmen, die ich in dem Moment in die Tat umsetzen werde, in dem einer meiner Schlüsselkunden ausfällt.

       ANTI-CRASH-FORMEL

       Entwickeln Sie Notfallpläne und Checklisten für mögliche unternehmerische Störungen. Überprüfen und aktualisieren Sie diese Listen und Pläne regelmäßig.

       Alarmsystem installieren: Wahrnehmung kritischer Faktoren

       Warnsignale installieren

      In jedem Cockpit gibt es zahlreiche optische und akustische Anzeigen, die die Crew über technische Fehlfunktionen, kritische Grenzwerte und heikle Flugsituationen informieren. Hätte der entsprechende Warnton funktioniert, wäre der Spanair-Crew ihr fatales Versäumnis – nicht ausgefahrene Landeklappen – vermutlich rechtzeitig aufgefallen. Welche »Warnlämpchen« gibt es in Ihrem Unternehmen? Welche Warnlämpchen haben Sie für sich selbst definiert?

       Frühwarnsysteme entwickeln

      Natürlich erfüllen betriebswirtschaftliche Kennzahlen in gewisser Weise eine solche Warnfunktion. Doch Kostenexplosionen, Umsatzrückgänge oder einbrechende Gewinne sind häufig die Folge von Versäumnissen, die weit vorher passieren. Im Idealfall verfügt Ihr Unternehmen oder Ihre Abteilung deshalb zusätzlich über ein »Frühwarnsystem«. Anders als bei den standardisierten Abläufen in einem Flugzeugcockpit gibt es für die komplexen und differenzierten Situationen in Wirtschaftsunternehmen kein Allroundsystem, das Sie fix und fertig bestellen und bei sich installieren können. Was Ihnen jedoch möglich ist: Sie können etwas aus brenzligen Situationen in der Vergangenheit lernen.

      So erarbeiten Sie ein Frühwarnsystem:

       Schritt für Schritt zum Frühwarnsystem

      1. Überlegen Sie bitte, wann Sie selbst in der Vergangenheit Fehler gemacht haben, die Sie leicht den Kopf hätten kosten können:

      – Welche Fehler waren das?

      – Lässt sich ein Muster ableiten?

      – Welche Faktoren, welche Stressoren müssen zusammenkommen, um in Ihnen dieses Muster auszulösen?

      Notieren Sie diese Faktoren.

      2. Überlegen Sie auch: Wann wurden in Ihrem Unternehmen, in Ihrer Abteilung Entscheidungen getroffen, die bei rationaler Betrachtung unangemessen, überzogen oder übereilt, die also im wahrsten Sinne des Wortes »kopflos« waren?

      Welche Faktoren mussten gegeben sein, damit das Unternehmen oder das Team derartig den Kopf verlieren konnte, dass es letztlich zu solchen Fehlleistungen kam?

      Notieren Sie sich diese Faktoren und Rahmenbedingungen auf einem separaten Blatt.

      3. Können diese Faktoren wieder eintreten? Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wird Ihr Team auf diese Auslöser mit den gleichen Verhaltensmustern reagieren wie beim ersten Mal. Identifizieren Sie diese Auslöser. Analysieren und beschreiben Sie die neuralgischen Faktoren möglichst genau.

      4. Ermitteln Sie Frühindikatoren für das Eintreten dieser Faktoren und etablieren Sie ein Alarmierungssystem. Funktioniert Ihr Alarmsystem? Das beste Warnlämpchen bringt nichts, wenn die Birne kaputt ist!

       ANTI-CRASH-FORMEL

       Lernen Sie aus der Vergangenheit: In welchen Situationen kam es zu schwerwiegenden Fehlern? Wie groß ist die Gefahr, dass sich diese Fehler wiederholen? Installieren Sie ein Frühwarnsystem – und achten Sie darauf, dass die Lämpchen funktionieren!

       Unnötigen Zeitdruck vermeiden

      Es gibt Abteilungen, in denen wichtige Aufgaben grundsätzlich auf den letzten Drücker erledigt werden – die Vorbereitung der wichtigsten jährlichen Branchenmesse, die Zusammenstellung der Quartalszahlen, die Auslieferung eines neuen Produkts. Dabei passieren dann regelmäßig kleinere und größere Pannen, bis hin zum organisatorischen Super-GAU (denken Sie nur an die eingangs zitierte vergessene Messeanmeldung). Zeitdruck als einer der wichtigsten Stressoren wird schon Wochen vorher vorprogrammiert und beginnt häufig mit kleinen Verschiebungen, die sich mehr und mehr summieren. In einem Unternehmen der Süßwarenbranche gibt es beispielsweise immer, wenn ein neues Produkt lanciert werden soll, ein langes Hin und Her zwischen Marketingleitung und Geschäftsführung über die Verpackung. Die wird zwar (ebenso wie das Produkt selbst) ausgiebigen Verbrauchertests unterworfen. Das hindert die Damen und Herren auf der Teppichetage jedoch nicht daran, munter weiter darüber zu diskutieren, ob der Bonbonwickler nicht doch einen Streifen mehr erhalten sollte? Und sollte die Tüte vielleicht doch ein wenig bunter werden? Die termingerechte europaweite Auslieferung der Produkte erfordert im Anschluss ein permanentes Krisenmanagement. Zeitlich definierte Warnlämpchen könnten das ebenso verhindern wie organisatorische: Spätestens mit dem dritten Meeting zur Verpackungsfrage befindet man sich wieder im alten Verhaltensmuster!

       Standardprozeduren festlegen: besonnen handeln

       Panik vermeiden

      Das Ungünstigste, was in einer kritischen Situation passieren kann, sind hektische, unüberlegte Panikreaktionen, die sich als kontraproduktiv erweisen und die Lage nur verschlimmern. Ein Beispiel aus der Fliegerei ist der Absturz einer Maschine der Caribbean Airlines im August 2005 auf dem Flug von Panama Stadt nach Fort de France auf Martinique. Vorher waren beide Triebwerke ausgefallen. Selbst in dieser Extremsituation ist ein Verkehrsflugzeug weiter flugfähig – es wird zum Segelflugzeug und könnte notlanden, wenn eine entsprechende Landebahn in Reichweite ist. Doch die Piloten klammerten sich in Panik wohl an ihren Steuerhörnern fest, um die Maschine in der Luft zu halten, anstatt das Steuerhorn nach vorne zu drücken, dadurch die Nase zu senken und so die Geschwindigkeit und damit den Auftrieb zu erhöhen.10 Diese reflexhafte Panikreaktion (Wir stürzen ab! image Nase hochziehen) hat auch in anderen Fällen zum Crash geführt.

       Das Tempo rausnehmen: entschleunigen

      Anders als in der Fliegerei entscheiden in Unternehmen nur äußerst selten Sekundenbruchteile über Sein oder Nichtsein. Sie können daher fast immer eine Option wählen, auf die man auch in der Fliegerei wenn möglich zurückgreift: den Go-around. Brechen Sie die Landung ab


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