Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten. A. F. Morland
mich raus!", rief sie.
Es war fast ein Schrei.
"Lynne!" Jack kam auf sie zu. Seine Arme waren ausgebreitet, wirkten aber jetzt eher wie eine Bedrohung.
"Beruhige dich, Lynne!"
"Warum ist die Tür abgeschlossen?"
"Eine Angewohnheit von mir, weiter nichts."
"Mach sie auf!"
Sie war nahe daran, den Verstand zu verlieren, das spürte sie selbst. Ihr Puls raste und in ihrem Hirn arbeitete es fieberhaft. Was sollte sie tun? Wie konnte sie sich vor Jack schützen.
Er hatte sich das fein ausgedacht...
Ich sitze in der Falle, wurde es Lynne klar.
Sie versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen.
Aber nach all dem, was sie in der letzten Zeit hatte durchmachen müssen, war sie dazu einfach nicht mehr in der Lage. Sie fühlte seinen Griff an ihren Oberarmen und versuchte, ihn abzuschütteln. Aber er war zu stark. Seine Hände waren wie Schraubstöcke. Sie konnte dem einfach nichts entgegen setzen.
"Lass mich!"
"Du kannst so nicht gehen, Lynne! Nicht in diesem Zustand! Und vielleicht sagst du mir jetzt, was los ist!"
In der nächsten Sekunde klingelte es an der Tür und für den Bruchteil einer Sekunde sagte keiner von ihnen ein Wort. Ihre Blicke hingen einander und Lynne fragte sich, was wohl hinter der Stirn ihres Gegenübers vor sich gehen mochte.
Innerhalb eines einzigen Moments wirbelten tausend Dinge in ihr durcheinander. Vielleicht tat sie ihm Unrecht, aber genauso gut war es möglich, dass sie sich jetzt in den Händen eines Mörders befand.
Es klingelte ein zweites Mal.
Bevor Lynne Luftholen und schreien konnte, hatte Jack ihr die Hand auf die Lippen gedrückt.
"Ganz ruhig", sagte er.
Quälend lange Sekunden vergingen, dann nahm er die Hand wieder weg, holte den Schlüssel aus der Jackentasche und öffnete.
Draußen stand ein grauhaariger Mann in den Vierzigern. Er sah etwas geckenhaft mit dem kleinen Pferdeschwanz aus, zu dem er seine Haare zusammengefasst hatte. Auf seinem breiten Gesicht stand ein joviales Grinsen.
"Hallo, Jack, ich sollte mich bei Ihnen wegen der Fotos melden", erklärte er. Sein Gesicht veränderte sich dann ein wenig, als er Lynne sah. "Oh, Sie haben Besuch. Dann störe ich Sie ein anderes Mal, allerdings eilt die Sache etwas und wenn Sie nicht..."
"Kein Problem", sagte Lynne. "Ich wollte ohnehin gerade gehen." Und mit diesen Worten drängte sie sich dann durch die Tür.
"Lynne!", rief Jack ihr nach.
Bevor sich die Tür des Aufzugs öffnete, drehte sich Lynne noch einmal kurz um und blickte in Jacks weit aufgerissene Augen.
22
Als Lynne zu ihrer Wohnung zurückkehrte, wartete dort ein hochgewachsener Mittdreißiger auf sie.
Lynne erschrak im ersten Moment. Sie blieb auf dem Treppenabsatz stehen. Dann erinnerte sie sich daran, diesen Mann schon einmal gesehen zu haben. Er gehörte zum Team von Chief Inspector McGill.
"Guten Tag. Sind Sie Lynne Davis?", fragte er und lächelte dabei geschäftsmäßig.
Lynne nickte.
"Ja."
"Ich bin Sergeant Farrell von Scotland Yard und bin wegen Ihres Telefons hier..." Er zeigte ihr seinen Dienstausweis.
"Ich mache Ihnen auf."
Einen Augenblick später waren sie in der Wohnung.
"Wo ist Ihr Telefonanschluss?", fragte der Sergeant und ließ suchend den Blick schweifen.
"Neben der Kommode..." Die junge Frau deutete mit der Hand dorthin und ging dann ins Schlafzimmer, um sich ein paar bequemere Schuhe anzuziehen.
Drei Schritte hatte sie ins Schlafzimmer hinein gemacht, dann blieb sie abrupt stehen, als ihr Blick auf das Bett fiel. Es war, als ob sich eine eisige Hand um ihr Herz krallte und es unbarmherzig zusammenpresste.
Auf dem weißen Kopfkissen lag etwas.
Es war ein Stück Draht, das zu einer Art Schlinge gebogen war.
Lynne atmete tief durch.
"Sergeant!"
23
"Ich frage mich, wie der Kerl hier hereinkommen konnte", meinte Lynne eine Viertelstunde später, nachdem Chief Inspector McGill eingetroffen war.
McGill machte nur eine wegwerfende Geste.
"Eine Kleinigkeit", meinte er. "Ihr Türschloss ist für jemanden, der etwas davon versteht nicht gerade ein besonderes Hindernis, wenn Sie verstehen was ich meine. Vielleicht hat er sich auch einen Nachschlüssel machen lassen, wer weiß..."
"Aber wie sollte er an so etwas herankommen?"
"Er ist doch auch an Ihre Geheimnummer gekommen", stellte McGill kühl fest. "Dieser Kerl weiß eine Menge von Ihnen. Er muss Sie lange beobachtet haben. Oder er..." McGill sprach nicht weiter, sondern stockte. Sein Blick musterte Lynne aufmerksam.
"Oder was?", hakte sie nach.
McGill zuckte die Achseln und druckste dann etwas herum.
Dann meinte er schließlich: "Haben Sie schon einmal überlegt, dass jemand aus Ihrem Bekanntenkreis etwas mit der Sache zu tun hat?"
"Nein", erwiderte Lynne sehr schnell.
Sie dachte an Jack. Lynne hatte die Lippen schon halb geöffnet, um den Chief Inspector von ihrem Verdacht zu erzählen. Aber dann ließ sie es. Sie hatte im Grunde nichts Konkretes in der Hand. Nichts, außer einem vagen Unbehagen, das durch ein paar Indizien gespeist wurde.
Ich werde Mary fragen, ob er die Geheimnummer von ihr hat, überlegte sie. Das würde vieles erklären.
Sie liebte Jack noch immer.
Und eigentlich, so sagte sie sich, gab es keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass ausgerechnet er jener Mann war, der durch die Straßen Londons ging und Frauen mit einer Drahtschlinge tötete.
Ein letzter Zweifel jedoch blieb.
Sie erinnerte sich an den festen Griff seiner Hände, an das seltsame, kalte Glitzern in seinen Augen... Unwillkürlich