Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten. A. F. Morland
frühstückten alle noch ausgiebig an einer Tankstelle, ließen später Ricki an einer Bushaltestelle aussteigen und warteten noch fast eine Stunde im Paula-Roming-Weg, bis der Wagen mit der Wiesbadener Nummer die Tiefgarage verließ. Der Chef hatte entschieden, dem Auto nicht zu folgen; solange die beiden nicht auf sie aufmerksam wurden, bestand für sie kein Grund, nicht in dieses Versteck zurückzukehren; Tuku und Ahmed zogen ihre Kostümjacken mit dem fantasievollen Aufdruck „Bundesnetzagentur, Störungsdienst“ an und verschwanden im Haus Nr. 19. So ein Haustürschloss war für Tuku ein Kinderspiel. Im Treppenhaus setzten sie sich Kopfhörer auf und schalteten ihre Suchempfänger ein, die jeder in seiner Werkzeugtasche verborgen hatte. Sie blieben vor jeder Wohnungstür stehen und bewegten kurz ihre Peilantennen. Erst im sechsten Stockwerk hörten sie beide ein schwaches rhythmisches Signal. Auf dem Schildchen unter dem Klingelknopf stand Katrin Köhler. Tuku notierte sich den Namen, während Ahmed klingelte und dann, als sich drinnen nichts rührte, seinen Dietrich ansetzte. Beide zogen dünne Handschuhe an und suchten den Wohnraum und dort ein geeignetes Versteck, eine Wanze zu verstecken. Tuku grübelte: Wer zum Teufel war Katrin Köhler? Der Name war ihm noch nicht untergekommen.
Lupo war ebenfalls mit dem Bus in die Stadt gefahren und hatte sich bei einem Autoverleih einen unauffälligen Mittelklassewagen mit einem BN-Kennzeichen besorgt und war mit dem Wagen zurückgekommen. Im Kofferraum gab es mehr als genug Platz für ein digitales Aufzeichnungsgerät und einen stärkeren Sender mit einem für mehrere Tage reichenden Akkusatz. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn der Begleiter nicht versuchen würde, die schöne Isa auszuhorchen.
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ISA UND RUDI ABSOLVIERTEN einen mit Kultur und Geschichte reich befrachteten Vormittag. Nach zwei Schlössern und einem Museum brummten ihre Köpfe und brannten ihre Füße. Im nächstbesten Restaurant aßen sie sie mäßig, aber teuer zu Mittag und fuhren entspannt nach Bonn zurück. Von dem ungebetenen Besuch in „ihrer“ Wohnung bemerkten sie nichts, und auf den in ihrer Straße parkenden Wagen achteten sie nicht. Nach dem ausgedehnten Mittagsschlaf kochte Isa Kaffee und stöberte bei der Suche nach einer neuen Tischdecke in einem Schrank einen großen Kasten mit Brettspielen auf.
„Lach mich nicht aus, Rudi, aber ich würde gerne wieder einmal 'Mensch ärgere dich nicht' spielen.“
„Okay, ich bin dabei.“ Das erste Spiel gewann er und zog ihr als Siegesprämie das Shirt über den Kopf. Sie gluckste und half ihm nach seinem zweiten Gewinn, ihren BH aufzuhaken. Weil es ihnen zu lange dauerte, jedes Mal ein ganzes Spiel zu absolvieren, verzichteten sie bald auf Würfel und lackierte Holzfiguren und stolperten gemeinsam ins Schlafzimmer, wobei er sich mehr beeilte als sie. Sie konnten nicht ahnen, dass sie damit vier Leute gewaltig ärgerten, weil die Wanze im Wohnzimmer nur schwache Laute aus dem Schlafzimmer und ein kaum verständliches Gespräch auffing, in dem es jedenfalls nicht um Geld ging.
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EINEM FRÜHEREN VERDIENTEN Kollegen verweigerte man im Präsidium keine Auskunft nach dem Halter eines grellroten Sportwagens. Er hieß Timo Reufels und wohnte in Schuir in der Mintropstraße. Dorberg rief dort an und hörte von einer jungen Frau, Bruder Timo sei nicht da, sondern nach Werden gefahren.
„Vielen Dank, dann weiß ich, wo ich ihn finde“, log Dorberg überzeugend geläufig und fuhr los. Einen Parkplatz in der Altstadt zu finden, war nicht so einfach, aber Dorberg war seit dem altersbedingten Verzicht auf Blaulicht und Martinshorn inzwischen ein Meister des Einparkens geworden; er ging anschließend zur Abtei, auf der Suche nach einem grellroten Sportwagen. Den fand er nicht, aber sichtete einen großen jungen Mann mit einer blonden Lockenpracht, der wie ein Fels in der Brandung den Strom junger Leute teilte, die alle aus der Schule kamen. War denn heute, am Samstag, Unterricht gewesen. Julia fiel dem Blonden um den Hals. Für ein Mädchen war sie recht groß, wie Dorberg fand, aber für ihren Timo musste sie sich zum Kuss auf die Zehenspitzen stellen, Dorberg beobachtete es amüsiert. Zu seinem Erstaunen steuerten die beiden nicht seinen Sportwagen an, sondern gingen Hand in Hand über die Ruhr-Brücke auf den S-Bahnhof zu. Timo musste eine Fahrkarte lösen, Dorberg tat es ihm nach; Julia besaß wohl eine Dauerkarte. Sie stiegen in Stadtwald aus, trennten sich aber bald. Sie ging Richtung Ahornstraße, Dorberg folgte Timo, der ohne Zögern einen Kleingartenverein Horst John ansteuerte. Dort schien sich Timo auszukennen und war kein schlechter Fußgänger, marschierte stramm ohne Zögern und Unsicherheit direkt auf eine größere Laube zu, die – mit Bauerlaubnis? - zu einem kleinen gemauerten Häuschen erweitert worden war. Als Timo die Eingangstür öffnete, drang eine dichte Wolke aus Tabakrauch und Bierdunst bis an den Zaun, wo Dorberg erst einmal stehen geblieben war, um nicht im letzten Moment noch aufzufallen. Die nächste Stunde passierte wenig, ab und zu ging ein Mann in den Garten, um einen großen Baum zu wässern. Eine Toilette gab es in dem Häuschen wohl nicht, und wegen dieser blasenschwachen Typen wagte Dorberg nicht, näher an den Bau heranzuschleichen. Doch nach einer guten Stunde schien drinnen jemand zu denken, der Mensch brauche auch Sauerstoff zum Atmen und öffnete die Eingangstür weit und ließ sie offen stehen. Drei Schritte nach rechts gerückt, und Dorberg erkannte durch die Öffnung eine Runde von Männer, die Karten spielten. Weil sie regelmäßig etwas auf den Tisch vor ihnen legten, vermutete Dorberg, dass hier gepokert wurde. Timo Reufels saß so, dass Dorberg ihn nicht durch die offene Tür sehen konnte. Als der Spieler die Tür wieder schloss, machte sich Dorberg nachdenklich auf den Weg zurück, ärgerte sich in Werden über das Knöllchen, das unter seinem Scheibenwischer steckte, und fuhr nach Hause. Sollte er Rudi alarmieren oder noch abwarten?
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DER SCHLECHTE EMPFANG störte auch den Chef so sehr, dass er schließlich dem Drängen Lupos und Tukus nachgab. Sie sollten laut Auftrag diese Tussi – so hatte sich der Chef ausgedrückt – ausschalten und damit hatten sie lange genug gewartet. Ahmed würde im Auto warten, nachdem er den drei Männern die Haustür geöffnet hatte. Der Chef, Lupo und Tuku nahm den Aufzug, was Rudi zufällig hörte und was ihn störte. Besuch noch um diese Tages- oder besser Nachtzeit? Mit einer durchgeladenen und entsicherten Heckler & Koch ließ sich bestimmt nachdrücklicher fragen und so schauten der Chef, Lupo und Tuku in den Lauf einer Pistole, als sie im sechsten Stock den Aufzug verlassen wollten.
Lupo vergriff sich im Ton: „Aus dem Weg, du Wichser. Wir wollen nur mit der dummen Gans sprechen.“
Rudi schoss nicht sofort, sondern trat erst einmal kräftig zu. Wer konnte denn wissen, dass Lupo so schmerzempfindliche Weichteile besaß und Tuku einen so schlechten Gleichgewichtsapparat?! Lupo ging zu Boden und riss im Fallen Tuku von den Füßen, der sich sofort anschickte, die Treppe im freien Flug hinunterzusegeln, wobei er ruhestörend laut schrie und die Familie Bellmann aus dem Schlaf riss und aus dem Bett holte. Den Aufprall gegen die Hauswand auf dem nächsten Absatz überlebte Tukus Schädeldecke nicht, und als das Echo seines letzten Schreis verklungen war, richtete Rudi seine Pistole auf den Bauch des Chefs, der daraufhin keinen Widerstand wagte. „Na, was seid ihr denn für komische Vögel?“
„Arschloch.“
„Mach dich ganz schnell vom Acker, sonst knallt's.“ Und weil der Chef nicht sofort gehorchte, lachte Rudi hässlich und schoss an dessen Kopf vorbei. Aber die Aufregung forderte auch bei ihm ihren Tribut. Die Kugel zerfetzte das rechte Ohrläppchen des Chefs, der laut heulend die Treppe hinuntersprang, über Tukus Leiche stolperte und das aus seiner Wohnung getreten Ehepaar Bellmann unsanft in die Diele zurückschleuderte und weiter brüllend nach unten raste, wobei er eine Linie von Blutstropfen auf Treppen und Absätzen hinterließ.
„Rudi, was ist denn hier los?“ Isa sah entzückend aus, wenn auch das kurze durchsichtige Nachthemdchen nicht zum Ernst der Situation passte.
„Du solltest Besuch bekommen.“
„Ach nee. Und woher hatten die meine Adresse?“ Das beschäftigte und beunruhigte Rudi auch.
„Kennst du den da unten auf dem Absatz?“