Südengland Reiseführer Michael Müller Verlag. Ralf Nestmeyer

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kultivierten sie sich und ihre Do­mänen, such­ten durch Ver­bes­se­run­gen die Erträge anzuheben, um ihrem auf­wändigen Bau- und Lebensstil ge­recht zu werden. Die Krönung des Land­lebens stellte ein aus­ge­dehn­ter Land­schaftsgarten dar, der einen „wei­chen“ Übergang zu den land­wirt­schaf­t­lich genutzten Ländereien schuf.

      ♦ Von Juni bis Sept. jeden zweiten Di im Monat 10-16 Uhr. www.chilham-castle.co.uk.

      St Mary bei Herne Bay

      Fährt man von Canterbury weiter durch die Gartenlandschaft Kents in Rich­tung Wes­ten, erreicht man nach 15 Ki­lometern die kleine Hafenstadt Favers­ham. Ihr his­torisches Zentrum (Abbey Street) wurde im letzten Jahr­hun­dert renoviert. Die alte Abtei ist heute Teil des Arden House und kann nur an einigen Samstagen im Juli be­sich­tigt werden. Im Ort gibt es 40 Pubs, zum größten Teil in historischen Ge­bäu­den. Wen wundert es, da in dieser Gegend überwiegend Hopfen angebaut wird und sich einige Brauereien in der Nähe befinden. Auch die älteste un­ab­hän­gige Brau­erei Kents (Shepherd Neame, gegründet 1698) ist in Favers­ham zu Hause. Vor lau­t­er Bierfreude sol­len schon manche Ausflügler den letz­ten Anschluss nach Can­ter­bury ver­passt haben.

      Verbindungen Bus - Von Canterbury fah­ren die Buslinien 602 und 603 nach Fa­vers­ham. Zug - Auch Zugverkehr besteht zwi­schen den beiden Städten.

      Rochester, das längst mit seinen Nachbarorten Gillingham und Chatham zu ei­nem industriellen Ballungsgebiet zu­sam­men­ge­wach­sen ist, besitzt mit sei­ner Kathedrale und seinem Castle zwei ein­drucks­volle Sehens­wür­dig­kei­ten. Fast alle Restaurants und Hotels er­stre­cken sich entlang der High Street.

      Rochesters Kathedrale von außen

      Vom römischen Durobrivae haben sich kei­ne nennenswerten Spuren erhalten. Die Chris­tianisierung der Sachsen fiel in Rochester auf fruchtbaren Boden, be­reits im Jah­re 604 bestimmte Ethelbert von Kent die Stadt zum Sitz des zweitältesten eng­li­schen Bistums. Die Normannen erkannten die stra­te­gi­sche Bedeutung des Ortes und er­rich­te­ten eine mächtige Burg zur Kontrolle des Medway, der bei Rochester in den Är­mel­kanal mündet. Normannische Bau­meister zeichneten sich auch für den Neu­bau der Kathedrale ver­ant­wort­lich, die zu den eindrucksvollsten nor­man­ni­schen Sakralbauten Süd­eng­lands gerechnet werden darf. Weder Daniel Defoe („zwar alt, aber nichts be­son­deres“) noch Charles Dickens konn­ten sich in ihren Bü­chern für die Bi­schofs­stadt erwärmen. In seinem frag­men­tarisch gebliebenen Ro­man „The Mys­tery of Edwin Drood“ beschrieb Di­ckens einen imaginären Ort na­mens „Clois­terham“, wobei ihm Rochester als Vor­lage diente: „Eine eintönige, schweig­same Stadt ist es, durchtränkt vom Erdgeruch der Krypta ihrer Ka­the­dra­le, über­reich an Resten klösterlicher Grä­ber; ihre Kinder pflanzen Sa­lat­gärt­chen im Staub von Äbten und Äb­tis­sin­nen, sie backen Sandkuchen aus dem Staub von Non­nen und Mön­chen ...“

      In Wirklichkeit fühlte sich Dickens, der im benachbarten Chatham auf­ge­wach­sen war, sehr zu Rochester hin­ge­zo­gen; der meistgelesene englische Schrift­stel­ler ver­brach­te nicht nur seine Ferien in der Stadt am Medway, in der er auch am 9. Juli 1870 im Alter von 58 Jahren verschied. Rochester be­wahrt die Erinnerung an sei­nen be­rühm­ten Literaten mit Enthusiasmus: Wäh­rend des Dickens Festivals, das all­jähr­lich eine Viertelmillion Menschen an­lockt, verwandelt sich die Fuß­gän­ger­zo­ne in ein Meer von Menschen, ge­klei­det im Stil des 19. Jahrhunderts. Ver­schiedene Stän­de, Buden, Umzüge und zahlreiche historische Auf­füh­run­gen stehen auf dem Programm.

      Cathedral: Auf den Grundmauern der an­gelsächsischen Kathedrale legte der nor­man­nische Bischof Gundulf den Grund­stein für einen imposanten Neu­bau, der sich am Stil der französischen Ka­thedralen seiner Heimat orientierte. Die impo­san­te Krypta und der Gun­dulf-Turm sind die ältesten Teile der Kir­che. Besonders be­ein­druckend ist das Westportal, dessen Tympanon ein Re­lief mit Christus als Weltenrichter ziert. Im Inneren verdient das aus dem frü­hen 13. Jahrhundert stam­mende Chor­gestühl Beachtung. Die Einheit des Stils wird allerdings durch spätere Er­wei­terungen und eine un­sachgemäße Res­taurierung ge­schmä­lert. Nach Sü­den hin schließt sich ein nur noch teil­wei­se erhaltener Kreuzgang an.

      ♦ 70a High Street. Eintritt als „freiwillige Spen­de“ von £ 3. www.rochestercathedral.org.

      Rochester Castle ist eine der ältesten Burgen Englands

      Castle: Wo heute das Rochester Castle steht, befand sich einst ein römisches Ge­bäude, das zur Bewachung des hier vor­beiführenden Handelsweges zwi­schen Dover und London („Watling Street“) dien­te. Kein Geringerer als Wil­helm der Eroberer erteilte den Auf­trag für den Bau einer Burg an der Mün­dung des Medway. Mit seinem im­po­santen, vie­r­eckigen Bergfried (schö­ne Aus­sicht!) gilt das Castle als eine der best­erhal­te­nen normannischen Wehr­an­lagen in Eng­land. Als Bau­meis­ter wirk­te Bischof Gun­dulf, der neben der Ka­thedrale auch den White Tower in Lon­don ge­plant hatte. Zuletzt sei noch der Schrift­steller Hen­ry James zi­tiert, der sich dem ei­gen­ar­tigen Reiz der Burg nicht ent­zie­hen konn­te: „Ich habe vie­le moderne Bur­gen ge­sehen, aber ich er­in­nere mich nicht, dass auch nur eine von ihnen die­sen Ausdruck von Ver­lo­ren­heit, Hilf­losigkeit, Beraubtheit ge­habt hätte.“

      ♦ Tgl. 10-18 Uhr, im Winter nur bis 16 Uhr. Ein­tritt £ 6.40, erm. £ 4 (EH).

      Guildhall Museum: Das Rathaus von Rochester stammt aus dem Jahr 1687 und gilt als eines der schönsten Stadt­häu­ser in der Grafschaft Kent. Im Con­ser­vancy Wing des Rathauses ist seit 1994 eine neu konzipierte Ausstellung un­tergebracht. Mit­hil­fe von au­dio­vi­suel­ler Technik werden längst ver­gan­ge­ne Zei­ten wieder zum Leben er­weckt. Ein in­te­ressanter Rundgang führt durch meh­rere Epochen bis zur Vik­to­ria­ni­schen Ära, eine Dokumentation schil­dert das Leben auf den im Med­way ver­an­kerten Gefängnisschiffen. Ge­zeigt wer­den außerdem Spielzeug und Fo­to­gra­fien des 19. Jahrhunderts.

      ♦ High Street. Tgl. 10-16.30 Uhr. Eintritt frei!

      Eastgate House: Das einstige Charles Di­ckens Centre im Eastgate House ist seit No­vember 2004 nur noch von au­ßen zu besichtigen. Im Garten des Hau­ses wurde das Swiss Chalet, seine Ar­beits­laube von Gad’s Hill Place, wie­der­er­richtet. Hier ar­bei­tete der Schrift­stel­ler noch unmittelbar vor seinem Tod an dem Roman „The Mys­tery of Edwin Drood“. Für das dort beschiebene Nun’s House diente das East­gate House als li­te­rarische Vorlage, ebenso für das West­gate House in „The Pick­wick Pa­pers“.

      ♦ High Street (Eastgate House).

      Watts’ Charity: Richard Watts, der als Ab­geordneter für Rochester im Lon­do­ner Par­lament saß, verfügte 1579 tes­ta­men­tarisch, dass das elisabethanische Haus (in ei­nem von der High Street ab­zwei­genden Innenhof) als Unterkunft für sechs arme Rei­sende („six poor tra­vel­lers“) dienen sollte. Dieses edle Vor­ha­ben war allerdings nicht so einfach zu realisieren. Häufig musste aus einer gro­ßen Anzahl von Kan­di­da­ten aus­ge­wählt werden, wobei die Quar­tier­su­chen­den gezwungen waren, ihre Ar­mut zu beweisen - welch undankbare Auf­ga­be. Wie das Auswahlverfahren tat­säch­lich verlief, bleibt ein Rätsel. Ins­pi­riert von der wohltätigen Einrichtung, schrieb Dickens 1854 die Weih­nachts­ge­schichte „Seven Poor Travellers“. Bis zum Zwei­ten Weltkrieg hat die Her­ber­ge noch


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