Steiermark Reiseführer Michael Müller Verlag. Andreas Haller

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das Ennstal von Schladming bis Admont von großer Weite ge­prägt ist, rücken östlich der Klostermetropole die Kalkwände zu­sammen. Sie bil­den ein enges Durch­bruchstal, durch das sich der Fluss mühsam den Weg nach Os­ten bahnt. Die Enns bildet dabei Strom­schnellen, der Fluss tost, schäumt und gur­gelt. Das „Säuseln“ ver­half ei­ner ganzen Region zu ihrem Namen. Streng genommen bezieht sich das „G’seis“, wie die Einheimischen sagen, le­diglich auf das 16 km lange West-Ost-Tal vom Gesäuseeingang bei Ad­mont bis zum Ge­säuseausgang bei Hief­lau. Den bes­ten Blick auf die Natio­nalpark-Szenerie am Gesäuse­ein­gang ge­nießt man vom Holz­steg, der am­ Gasthaus Bachbrücke die Enns über­quert. Das Hochtor ist mit 2369 m die höchste Gesäuse-Erhebung und lässt die Her­zen der Alpin­klet­terer an­ge­sichts fast sen­krecht in die Höhe ra­gen­der Felsen höh­erschla­gen. Jenseits des Flusses gibt der 2224 m hohe Große Buch­stein eine nicht minder imposante Er­schei­nung ab. Ein idealer Platz für ein Pick­nick ist das Naturerlebnis­zen­trum Wei­den­dom gegen­über dem er­wähn­ten Gast­haus. Ansonsten machen sich die Sied­lungsspuren in der steilen Schlucht rar, sieht man einmal von den wenigen Häusern um den National­park-Pavillon in Gstat­terboden ab. Lu­xu­riöse Hotels, Seilbahnen und die übrigen Er­run­gen­schaften des moder­nen Alpin­touris­mussucht man im Na­tio­nal­park vergebens. Ab­gesehen von der spek­ta­ku­lären Berg­landschaft macht genau das den Reiz der Region aus. Wer ins Gesäuse fährt, möchte aktiv sein und sich be­we­gen: auf hohe Gipfel steigen, sich an steilen Felsen im Klettern üben oder Ski­touren machen. Be­wirtschaf­tete Schutzhütten gibt es auch hier - klein, fami­liär und gast­freundlich. Ein Beliebter Treff­punkt der Kletterer und Bergwanderer ist die Hess­hütte zwischen Hochtor und Plan­spitze. Das ÖAV-Haus ist nach dem österreichischen Alpen­pionier und „Va­ter des Gesäu­ses“ Heinrich Hess be­nannt (→ Kasten).

      Dorfkirche von Johnsbach

      Die Siedlung entpuppt sich als kaum mehr als eine Handvoll alpen­län­di­scher Gehöfte auf halber Strecke zwi­schen Gesäuseeingang und -aus­gang. Die Lage im Zentrum des Na­ti­o­nal­parks macht andererseits Gstat­ter­bo­den zu ei­nem perfekten Aus­gangs­punkt für Tou­ren: vom Parkplatz Kum­mer­brücke auf dem Wasserfallweg zur Hesshütte; über das Buchsteinhaus zu den Kletter­stei­gen in der Buchstein-Grup­pe; über die Ennstaler Hütte - die älteste Gesäuse-Schutzhütte - auf den aussichtsreichen Ta­mischbachturm (2035 m). Außer­dem befindet sich der moderne Natio­nal­park-Pavillon in Gstat­terboden. Der Holz- und Glasbau be­her­bergt neben einem Café-Res­tau­rant ei­ne interaktive Wechsel­aus­stel­lung zur To­pografie und Geolo­gie der Ge­säuseregion.

      ♦ NP-Pavillon: Anfang Mai bis Ende Okt. tägl. 10-18 Uhr. Gstatterboden 10, www.nationalpark.co.at.

       Johnsbach

      Das Johnsbachtal ist der Prototyp eines paradiesisch-ursprünglichen Alpen­ta­les mit zwei unterschiedlichen Ge­sich­tern: Vom erwähnten Wirtshaus Bach­brücke am Gesäuse­eingang bis nach Johnsbach zwängen sich Bach sowie Straße durch eine enge, raue Schlucht, die zwischen Hochtor- und Reichen­stein-Gruppe im rechten Win­kel von der Enns südwärts führt. In Johnsbach, nur eine Handvoll Häuser um das Tra­di­tionsgasthaus zum Donner, lohnt ne­ben der Kirche eine Besichtigung des Bergsteiger­fried­hofs(→ Kasten). Hinter Johnsbach än­dert sich die land­schaftliche Szenerie: Das Tal knickt nach Osten ab, das Ge­birge zeigt sich von seiner sanften Seite. Die wald­reiche Gebirgskette südlich des Johns­bach­tals be­steht aus Grundgestein (Gra­nit und Gneis) und zählt daher be­reits zu den Zentralalpen, wohingegen der Ad­mon­ter Reichenstein im Westen aus Kalk be­steht. Die meisten Quartiere be­fin­den sich in diesem Talabschnitt auf ca. 850 m Höhe. Schlacken­funde aus der Bron­zezeit im Alm­gebiet am hin­teren Tal­schluss verweisen auf den Ab­bau von Kup­fer und Erz. Berg­männi­sche Spu­ren fin­den sich ebenfalls in der Odel­stein­höhle, die wegen ihrer grün­lich-blauen Aragonit­kristalle bei Mi­ne­ra­lien­freun­den bekannt ist und im Rah­men einer Füh­rung besichtigt werden kann.

      ♦ Odelsteinhöhle: Führungen Mai bis Okt. Mi/Sa 9.30-13 Uhr. Der Ausflug dauert 3 Std. 15 €, erm. 12 €. Nach Voranmeldung mind. 1 Tag vorher unter Tel. 03611-216, im Infobüro Admont oder beim Kölblwirt (→ Über­nachten/Essen & Trinken).

      Die Erschließung des Gesäuses und der Johnsbacher Berg­stei­ger­friedhof

      Trotz der Adelung zum Nationalpark ist das Gesäuse eine be­schau­liche Re­gion geblieben, die von den touristischen Massen ver­schont wird. Dies war früher anders, denn das Gesäuse ist eine Wie­ge des Alpinismus. Als „Uni­versität des Bergsteigens“ wird die stei­le Gebirgs­welt mit ihren man­nig­fal­ti­gen Herausforderungen für Alpin­kletterer häufig be­zeichnet. Grün­de für den Auf­schwung ge­gen Ende des 19. Jh. waren die ro­man­ti­sche Sehn­sucht der Städter nach un­ver­fälsch­ter Natur und die Er­öff­nung der Kron­prinz-Rudolfs-Bahn im Jahr 1872. Vor dem Zeitalter des Tourismus streif­ten hier le­dig­lich Alm­bau­ern, Mön­che aus Ad­mont oder Wil­de­rer um­her. Ein le­gen­därer Wil­de­rer war der „Schwar­ze Peter“, der seit 1850 im­mer wieder den Ross­kup­pen­grat am Hochtor durch­stieg, um er­folg­reich zu flie­hen. Vor seinem Tod soll er das Ge­hei­m­nis dem Forstmeister preis­ge­geben ha­ben, der wiederum 1877 den Berg­stei­ger­pionier Heinrich Hess auf diesen „Pfad“ hi­n­wies. Heinrich Hess führte erstmals eine touristische Be­gehung des „Peternpfads“ durch, wie die technisch an­spruchs­volle Stre­cke auf den Spuren des Wilderers heute heißt. Dem Wie­ner Alpi­nisten ge­lan­gen zu­dem zahlreiche Erst­be­ge­hun­gen, durch die er das Ge­birge für kom­m­ende Ge­ne­rationen er­schloss. Sein 1884 er­schie­ne­ner „Special-Füh­rer durch das Ge­säuse“ ist das erste deutsch­spra­chige Handbuch über eine Alpen­region! Trotz des zuverlässigen Gesäuse-Führers blieben Unglücke nicht aus: Den Pio­nie­ren mangelte es nicht nur an geeigneter Aus­rüs­tung, sondern auch an der Er­fah­rung, schwierige Passagen oder die Witterungs­ver­hält­nisse ver­nünftig ein­schät­zen zu können. Der erste tödliche Unfall geschah 1885, Auf­takt einer langen Serie weiterer Tra­gödien. Weil aber für den Trans­port der Toten in deren Hei­matstädte das Geld fehlte, wurden sie auf dem Johnsbacher Gottes­acker begraben. Alsbald musste der Friedhof ne­ben der Pfarr­kir­che zum hl. Ägidius erwei­tert wer­den. Die Einheimischen wur­den weiter auf dem südlichen Areal be­stat­tet, während die Fremden ihre Plätze hauptsächlich im östlichen und nörd­li­chen Teil des Friedhofs er­hielten. Bis 1958 waren es 300 namentlich be­kannte Verunglückte, etwa ein Drittel von ihnen fand auf dem Johns­bacher Berg­steigerfriedhof seine letz­te Ru­he. Der pro­mi­nen­tes­te Bergpio­nier, der hier bestattet liegt, ist der Ma­ler Gustav Jahn, der in Wien die Aka­de­mie der Künste absolviert hatte und mit pla­ka­ti­ven Alpenan­sichten im Auf­trag der Staatsbahnen einem wei­teren Kreis bekannt ge­worden war. Am 17. August 1919 stürzte er an der Ödsteinkante mit sei­nem Seil­ge­fährten ab und starb im Alter von 40 Jah­ren. Wie viele Al­pi­nisten damals war Gus­tav Jahn ohne Bergführer un­ter­wegs, eine Ab­si­che­rung erfolg­te nur, wenn sie un­um­gäng­lich war. Der Fried­hof ist heute ein na­tio­nales Kultur­gut mit einem Sammel­surium un­ter­schiedlicher Grab­kreuze und -steine. Die Gedenkstätte für die Berg­to­ten an der Mauer wurde 1958 von der Ge­sellschaft der Alpinen Ver­eine Österreichs errichtet.

      Basis-Infos Gesäuse

      Information Das Nationalpark-Infobüro ist in Admont. Als Infopoint fungiert ebenfalls der Nationalpark-Pavillon in Gstatter­boden. Tel. 03613-2116020, www.nationalpark.co.at.

      Hin & weg Die


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