Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik. Группа авторов
Vorgehensweisen von Lehramtsstudierenden beim inhaltlichen Planen | Empirische Studien |
Als Kern der inhaltlichen Planung erfolgen kurze und knappe Sachanalysen. | Gassmann (2013) |
Übernehmen von – aus studentischer Sicht – korrekten Fachinhalten als Unterrichtsinhalte. | Dannemann (2018); Hunger (2013) |
Curriculare Planungsrichtlinien werden wörtlich als Zielvorgaben des inhaltlichen Planens verstanden. | Weingarten (2019); Tänzer (2011); Westermann (1991) |
Schülervorstellungen werden beim inhaltlichen Planen kaum oder nicht berücksichtigt. | Weitzel & Blank (2019) |
Im Vordergrund der inhaltlichen Planung steht die geplante Lehrtätigkeit (Lehrerzentrierung). | Weingarten (2019); Dannemann (2018); John (1991) |
Primärer Fokus liegt auf der Auswahl und teils Entwicklung von Unterrichtsmaterialien. | Weitzel & Blank (2019); Tänzer (2011); Nilssen (2010); John (1991) |
Die Befunde in der Tabelle 1 kennzeichnen Vorgehensweisen, die der Komplexität der Aufgabe nicht gerecht werden. Die Erarbeitung und Gestaltung von fachspezifischen Inhalten für den Unterricht stellt somit eine Herausforderung für Lehramtsstudierende diverser Fächer dar. Unterrichtinhalte werden primär aus dem Curriculum abgeleitet, aus gängiger Literatur übernommen und dabei kaum auf Schülervorstellungen bezogen (s. Tabelle 1). Es werden kurze und knappe Sachanalysen erstellt, jedoch liegt der Fokus innerhalb der Unterrichtsplanung vielmehr auf Überlegungen zur Auswahl von Unterrichtsmaterialien und -methoden (z.B. Weitzel & Blank, 2019). Anstatt fachwissenschaftliche Inhalte für den Unterricht fachlich zu klären und didaktisch zu rekonstruieren, werden inhaltliche Überlegungen insgesamt vernachlässigt (Nilssen, 2010). Die Planungen erfolgen zudem meistens lehrerzentriert, d.h. Überlegungen zur eigenen Lehrtätigkeit stehen im Fokus des Planens.
Lehramtsstudierende der Fächer Mathematik, Geografie, Sachunterricht, Musik, Politik und Sport zeigen insgesamt ähnliche Vorgehensweisen. Für das Schulfach Biologie gibt es vergleichsweise jedoch wenige bis keine empirischen Befunde zur inhaltlichen Unterrichtsplanung von Lehramtsstudierenden und auch die gymnasiale Schulform wird in bisherigen Studien meistens vernachlässigt. Hier besteht ein Desiderat.
4 Forschungsfragen
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Theorien, der DR und des Standes der Forschung ergibt sich das Erkenntnisinteresse dieser Teilstudie. Für die inhaltliche Unterrichtsplanung mit der DR kommt der Fachlichen Klärung eine Schlüsselrolle zu (Duit et al., 2012). Folgende Fragestellungen [F] sind zu untersuchen:
[F1] Über welche Vorstellungen zur Fachlichen Klärung als Teil der inhaltlichen Unterrichtsplanung verfügen Biologie-Lehramtsstudierende des gymnasialen Lehramts?
[F2] Welche Lernschwierigkeiten sind anhand der Ergebnisse vorauszusehen?
5 Untersuchungsdesign und Methodik
Die DR gibt das Forschungsprogramm dieser Studie vor und zielt „auf eine Verbesserung von Unterrichtspraxis und Lehrerausbildung“ (Komorek, Fischer & Moschner, 2013, S. 46). Dabei sind die drei in wechselseitiger Beziehung stehenden Untersuchungsaufgaben der DR empirisch zu bearbeiten (Duit et al., 2012) (s. Abbildung 1). Besonders die Lernpotentialdiagnose ist wichtig, weil hochschuldidaktische Forschung u.a. Vorstellungen von Lehramtsstudierenden einbeziehen sollte (Lohmann, 2006). Vorstellungen über die Fachliche Klärung als Teil der inhaltlichen Unterrichtsplanung bilden den Untersuchungsgegenstand dieser Teilstudie. Daher wurden leitfadengestützte Einzelinterviews mit Lehramtsstudierenden im Master des Faches Biologie geführt, die alle audio- und videographiert wurden. Die jeweiligen Aussagen wurden mit der Qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2015; Gropengießer, 2008) und der systematischen Metaphernanalyse (Schmitt, 2017) analysiert, um im Sinne der TeV auf Vorstellungen zu schließen. Es geht darum, Kategorien der Vorstellungen von Lehramtsstudierenden herauszuarbeiten.
Die Auswahl der Probanden für die leitfadengestützten Interviews (N = 10, w = 6, m = 4) erfolgte nach diesen Kriterien: Die Personen studieren im Master Lehramt an Gymnasien (Fach Biologie), haben grundlegende fachdidaktische Lehrveranstaltungen absolviert und verfügen über erste Praxiserfahrungen in der Schule und mit der inhaltlichen Planung von Unterricht, d.h. es wurde mind. das Allgemeine Schulpraktikum und möglichst das Fachpraktikum in Biologie absolviert. Die Teilnahme an den Interviews erfolgte freiwillig. Rekrutiert wurden die Studierenden über Aufrufe in fachdidaktischen Lehrveranstaltungen. Jedes Interview wird zunächst als Einzelfall analysiert, bevor im Rahmen einer übergeordneten Kategorienbildung die Einzelfälle kontrastiert und verglichen werden.
Abbildung 1: Die Fachliche Klärung als Untersuchungsgegenstand dieser Studie und Teil der Didaktischen Rekonstruktion (in Anlehnung an Duit et al., 2012).
6 Ergebnisse
Aus Platzgründen können an dieser Stelle nicht alle Ergebnisse der erfolgten Interviews mit den Lehramtsstudierenden (N = 10) beschrieben werden. Um dennoch zentrale Ergebnisse zu den Vorstellungen und Handlungen nachvollziehbar darzustellen, werden im Folgenden nun zwei Fälle von Lara und Nora vorgestellt. Daran werden charakteristische Weisen des Planens von Inhalten für den Unterricht deutlich, was Vorstellungen über die Fachliche Klärung einschließt. Außerdem werden zentrale Lernschwierigkeiten genannt. Aus Gründen der Übersicht und Vergleichbarkeit werden dazu Konzepte und exemplarische Aussagen verwendet (mit Zeilennummern des Transkriptes).
Zum Interviewbeginn
Zu Beginn des jeweiligen Interviews werden alle Probanden gebeten, einen Unterrichtsinhalt für eine 10. Klasse am Gymnasium zum Thema Blutkreislauf zu planen. Dafür standen Materialien zur Verfügung, die Lehrkräfte üblicher Weise in der Praxis verwenden: ein Schulbuch, Fachbücher, entsprechende Auszüge aus dem KC und ein Notebook mit Internetzugang, Papier und Stifte. Die Probanden entschieden selbst, wie viel Zeit sie für ihr initiales inhaltliches Planen aufwenden. Anschließend erfolgte das leitfadenstrukturierte Interview.
[F1] Fall 1: Lara
Lara plant ihren Unterrichtsinhalt fast ausschließlich mit dem Schulbuch, das für sie sowohl die Inhaltsstruktur als methodische Überlegungen für den Unterricht vorgibt: „Ja erst einmal würde ich mir ein Schulbuch nehmen, [...] also das was die Schüler auch haben in der zehnten Klasse, und dann gucken, welche Inhalte darin stehen“ (24f.). Sie sichtet den Inhalt des Schulbuches zum Blutkreislauf und schreibt die einzelnen Teilthemen ab. Ihre Begründung für dieses Vorgehen lautet: „wenn [man] schon ein Buch hat, in der zehnten Klasse war irgendwie ein Buch vorgegeben, dass man das dann auch nutzt. Da sind Aufgaben drin, die hat sich ja auch jemand überlegt, die passen zu den Inhalten, dass man die dann auch nutzt“ (153–156). Nach dieser Aussage sind Schulbuchinhalte für Lara per se angemessen, das Schulbuch somit Inhalte zum Blutkreislauf für ihre Unterrichtseinheit vor (Schulbuch gibt Unterrichtsinhalte vor), die implizit von Lara auch als fachlich richtig vorgestellt werden (Schulbuchinhalte sind fachlich richtig).
Zum weiteren Vorgehen sagt Lara: „Dann einen Plan machen: Welche Themen will man thematisieren. Irgendwelche Reihenfolgen, macht es Sinn, die zu thematisieren? [...] Dann die Struktur überlegen und dann würde man weiter gucken, mit welchen Methoden und so weiter