Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik. Группа авторов

Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik - Группа авторов


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und Kooperation mit Blick auf die schulische Implementationsabsicht der Fortbildungsthemen zu erhalten. Eine Fragebogenstudie sollte daher erste Erkenntnisse über die Voraussetzungen von Lehrkräften für eine mögliche Integration der Fortbildungsinhalte in den Biologieunterricht nach erfolgter Fortbildung liefern. Die Studie fokussierte in Anlehnung an die Modellebenen von Kirkpatrick und Kirkpatrick (2006) bzw. Lipowsky (2010) und Gräsel (2010) folgende Fragestellungen:

      (1) Wie bewerten Lehrkräfte die Materialqualität und Gestaltung des Lehrerfortbildungsangebots mit Blick auf den schulpraktischen Nutzen (Ebene 1)?

      (2) Wie schätzen Lehrkräfte ihre fachliche/fachdidaktische Expertise und praktische Expertise in der Biotechnologie im Anschluss an die Lehrerfortbildung ein (Ebene 2)?

      (3) Sind die Lehrkräfte nach der Fortbildungsteilnahme motiviert, ihre Kenntnisse weiter zu vertiefen und die Fortbildungsinhalte in den Biologieunterricht einzubinden (Ebene 3)?

      4 Methoden

      4.1 Stichprobe

      An der Studie nahmen 213 Biologielehrkräfte aus Bayern (N = 166) und Berlin-Brandenburg (N = 47) von 82 Schulen teil. Unter den Schulen waren 63 Gymnasien (Bayern N = 45), 5 berufliche Schulen und 2 Realschulen aus Bayern, 7 Gesamtschulen aus Berlin-Brandenburg, 5 andere. 157 TeilnehmerInnen studierten Biologie/Chemie, 52 Personen wählten Biologie/Sonstiges als Studienfächer. Auch vier fachfremde Lehrkräfte mit Chemie/Sonstiges nahmen teil. Die Berufserfahrung der Teilnehmer*innen variiert von einem bis mehr als 19 Jahren. Berufserfahrung und professionelle Kompetenzen können korrelieren, weil jeder Unterricht ein potentieller Lernanlass ist (Ericson, 2006). Gleichwohl zeigen Kompetenzmessungen in Mathematik (COACTIV, Brunner et al. 2008) und Naturwissenschaften (ProwiN; Kirschner et al., 2017), dass dies nicht immer der Fall sein muss. Auch wir sind in unserer Studie davon ausgegangen, dass sich jüngere und ältere Lehrkräfte in ihrer praktischen Erfahrung voneinander unterscheiden, weil molekularbiologische Verfahren, z.B. PCR, Anfang der 1980er Jahre in der Forschung entwickelt wurden und erst in den 1990er Jahren systematischen Einzug in die Lehramtscurricula erhielten. Die Kategorisierung nach der Berufserfahrung dient in dieser Studie daher der explorativen Untersuchung der selbsteingeschätzten Erfahrungen mit angewandter Molekularbiologie (s. FF2) und nicht als distaler Indikator zur Operationalisierung von theoretischem und methodischem Wissen a priori. Die Stichprobe teilte sich in fünf Gruppen: Referendare Plus (1–2 Jahre, N = 43), Beginner (3–5 Jahre, N = 41), Fortgeschrittene (6–9 Jahre, N = 36), Experten (10–19 Jahre, N = 42), Experten Plus (> 19 Jahre, N = 45).

      4.2 Gestaltung der Lehrerfortbildung

      Die Fortbildung zeichnet sich durch regionale Organisation, Schulen als Fortbildungsort, kollegiale Kooperation sowie durch die Equipment- und Materialausleihe zur Unterstützung der Implementation aus. Es wird sowohl fachliches Hintergrundwissen an die Lehrkräfte vermittelt als auch die praktische Erprobung von biotechnologischen Schülerversuchen mit dem für den Biologieunterricht ausleihbaren Material ermöglicht. Die biotechnologischen Versuche des Basismoduls wurden am bayerischen LehrplanPLUS Biologie der Oberstufe (ISB, 2020) ausgerichtet und für 90 Minuten konzipiert, damit die Einbindung in einer Doppelstunde möglich ist. Aufwändigere Versuche werden in mehrere Schulstunden sequenziert. Die thematisch unterschiedlichen Basismodule umfassen grundlegende Methoden der biotechnologischen Industrie z.B. DNA Extraktion, PCR, Restriktionsverdau und Agarose-Gelelektrophorese, die mit schülergerechten Geräten im Biologieunterricht praktisch durchgeführt werden sollen. Lehrkräfte können in der Fortbildung in einem Kriminalfall ermitteln, der anhand der autosomal-rezessiv vererbten Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose aufklärt wird, oder die eigene DNA hinsichtlich der bitteren Geschmackswahrnehmung analysieren. Teilnehmer*innen, die das Basismodul absolviert haben, können mit dem Aufbaumodul zur Laktoseunverträglichkeit ihre genetische Prädisposition hinsichtlich Laktasepersistenz analysieren. Eine Erweiterung der Kompetenzen ist durch Umsetzung gebräuchlicher industrieller Methoden zur Herstellung laktosefreier Milchprodukte möglich. Bei allen Modulen wird hauptsächlich für den schulischen Gebrauch optimiertes biotechnologisches Equipment verwendet, das ausgeliehen werden kann, um die spätere Umsetzung im Biologieunterricht zu erleichtern.

      Im Gegensatz zu anderen Fortbildungsmaßnahmen ist diese i.d.R. regional organisiert und findet an zwei oder drei Nachmittagen an einer Schule statt. Die regionale Organisation erhöht die Attraktivität des Fortbildungsangebots für ländliche Bereiche, insb. des Münchner und Berliner Umlands. Neben dem geringen Aufwand für die Anreise ist ein weiterer Vorteil, dass die schulische Machbarkeit direkt vor Ort sichtbar wird. Alternativ stehen die TUM-Labore in München, Garching oder das Schülerforschungszentrum Berchtesgadener Land als Veranstaltungsort zur Verfügung. Bestandteil des Professionalisierungskonzepts ist die Anmeldung von mind. zwei Lehrkräften pro Schule, um die Implementation der molekularbiologischen Methoden durch gegenseitige Unterstützung zu erleichtern (vgl. Setstruktur SINUS, Ostermeier et al., 2004 und Kontextprogramme u.a. Parchmann et al., 2006), z.T. nahmen gesamte Biologiefachschaften teil. Die praktische Durchführung erfolgt in 2er-Gruppen. Die Lehrkräfte haben des Weiteren für die praktische Umsetzung die Möglichkeit, das ihnen aus der Fortbildung bekannte Equipment und die Reagenzien vorbereitet für ihre Biologiekurse auszuleihen. Auch fachliche und didaktische Begleitmaterialien sollen den Lehrkräften die Einbindung der Fortbildungsinhalte in den Unterricht erleichtern. Digitale Medien, z.B. Demonstrations- und Lernvideos für Lehrkräfte und Schüler*innen, können zum besseren Verständnis komplexer Aspekte der biotechnologischen Themen und Methoden integriert werden. Die Berücksichtigung didaktischer Aspekte bei der Entwicklung der Fortbildung, die Behandlung lehrplanrelevanter Inhalte sowie das Beachten von Bedürfnissen und Defizite der Lehrkräfte kann merklich zur Wirksamkeit und Effektivität des Fortbildungsangebots beitragen (Lipowsky, 2010).

      4.3 Fragebogen und Skalendokumentation

      Für die Evaluation der Lehrerfortbildung wurden die Skalen Struktur und Didaktik, Relevanz und Kursleitung aus FEOM (Szymanski und Bruder 2012) ausgewählt und z.T. für den Verwendungszweck spezifiziert, um die Wirksamkeit der Lehrerfortbildung zu überprüfen (Lipowsky, 2010, Ebene 1 s.o.). Diese Skalen wurden um weitere Items zur Selbsteinschätzung der fachlichen, fachdidaktischen und praktischen Expertise zur Biotechnologie und zur Implementationsabsicht ergänzt (z.T. in Anlehnung an Pohlmann und Möller, 2010; s. auch Lipowsky, 2010; Ebene 2 und 3). Als Antwortformat wurde eine vierstufige Likert-Skala (0 = trifft nicht zu bis 3 = trifft voll zu) gewählt. Die Daten wurden mit SPSS 25 ausgewertet. Nach Rekodierung negativ formulierter Items wurde die Skalengüte mit Item-, Faktoren- und Reliabilitätsanalysen überprüft. Das resultierende Instrument umfasst fünf Skalen zur Beschreibung der Fortbildungsqualität zur Biotechnologie. Alle fünf Skalen (Tabelle 1) wiesen gute bis sehr gute Reliabilitäten auf (Bühner, 2011).

illustration

      4.4 Durchführung der Evaluation

      Die Lehrerfortbildungen und ihre Evaluation fand von Juni 2017 bis März 2019 statt (entspricht zwei Schulhalbjahren). 23 Lehrerfortbildungen wurden in Bayern zwei in Berlin-Brandenburg durchgeführt. Von den insgesamt 25 Fortbildungen wurden gut dreiviertel an jeweils einer der teilnehmenden Schulen veranstaltet. Die Evaluation der Lehrerfortbildung fand per Fragebogen am Ende jeder Veranstaltung statt. Zur Ermittlung von Unterschieden wurden Mittelwertanalysen (t-Test, ANOVA) durchgeführt. Der Einfluss der Instruktionsqualität, der Materialqualität/des schulpraktischen Nutzens sowie der Selbsteinschätzung von Fachwissen/fachdidaktischer Expertise auf die Motivation zur Vertiefung der Biotechnologie und Implementationsabsicht wurde durch eine schrittweise Regressionsanalyse untersucht.

      5 Ergebnisse

      Die Lehrkräfte bewerteten die Gestaltung


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