Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik. Группа авторов

Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik - Группа авторов


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Nutzen als sehr gut. Zwei Personen machten keine Angaben zur Skala Materialqualität/schulpraktischer Nutzen.

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      Auch die eigene fachliche/fachdidaktische Expertise in der Biotechnologie wurde überdurchschnittlich eingeschätzt. Weniger Zutrauen hatten die Lehrkräfte da-gegen in ihre praktischen Fähigkeiten (Tabelle 2), was jedoch zwischen den Gruppen mit unterschiedlicher Berufserfahrung variierte (Tabelle 3). Sechs Personen machten dabei keine Aussage zu ihrer bisherigen Berufserfahrung (Nges = 207).

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      Eine einfaktorielle Varianzanalyse ergab einen Haupteffekt für die Anzahl der Berufsjahre bei der Selbsteinschätzung Fachwissen/Fachdidaktische Expertise Biotechnologie (F(4,202) = 6,649, p < 0,001, η2 = 0,116, N = 202). Die subjektive Einschätzung fällt bei Teilnehmer*innen mit längerer Berufserfahrung höher aus als bei den Referendaren Plus, dabei schätzen die Fortgeschrittenen ihr biotechnologisches Wissen und ihre Vermittlungskompetenz am höchsten ein. Post-hoc-Tests mit LSD-Korrektur zeigten paarweise Unterschiede: Referendare Plus unterschieden sich signifikant von den Beginnern und den Experten. Ein höchst signifikanter Unterschied besteht zwischen den Referendaren Plus und den Fortgeschrittenen. Auch die Mittelwertunterschiede bei der Selbsteinschätzung der praktischen Expertise Biotechnologie sind statistisch bedeutsam (F(4,202) = 3,605, p < 0,01, η2 = 0,0,67, N = 202). Hier sind die Verhältnisse umgekehrt: Die geringste Selbsteinschätzung haben die Experten, während sich die Referendare plus als überdurchschnittlich praktisch erfahren einstufen. Die Post-hoc Untersuchung mit LSDKorrektur zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen.

      Im Anschluss an die Fortbildung sind die Lehrkräfte motiviert, ihre Kenntnisse zu vertiefen und die Fortbildungsinhalte in den Biologieunterricht einzubinden (Tabelle 2). Zur Vorhersage möglicher Einflussfaktoren auf die Implementationsabsicht in den Biologieunterricht wurde eine Regressionsanalyse durchgeführt. Für die Kriteriumsvariable Motivation zur Vertiefung der Biotechnologie/Implementationsabsicht werden drei Prädiktoren Instruktionsqualität, Materialqualität/schulpraktischer Nutzen und Selbsteinschätzung Fachwissen/Fachdidaktische Expertise Biotechnologie in der Regressionsanalyse signifikant; diese Prädiktoren klären 29,3 % der Varianz auf (Tabelle 4).

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      Viele der Lehrkräfte implementierten die molekularbiologischen Themen und Arbeitsweisen 1–10 Monate nach Teilnahme an der Lehrerfortbildung. Die Ausleihe der Materialkisten erfolgte an eine Schule eines regionalen Netzwerks und wurde von dort aus ggf. weitertransportiert. Die Lehrkräfte organisierten die Implementation unterschiedlich: neben (mehreren) Doppelstunden im Biologieunterricht fanden auch Projekttage zur Biotechnologie mit mehreren Klassen oder sogar einer ganzen Jahrgangsstufe statt. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich daher die Zahl der Lehrkräfte, die (mit bzw. ohne Fortbildung) implementiert haben, nicht genau bestimmen. Hierzu soll eine Interviewstudie Aufschluss geben, die im März 2020 angelaufen ist. Durch die portionierten Verbrauchsmaterialien bei der Ausleihe konnte zumindest bestimmt werden, dass in den Schuljahren 17/18 und 18/19 knapp 2000 Schüler*innen an der Umsetzung der Fortbildungsthemen im Biologieunterricht teilgenommen haben.

      6 Diskussion

      In diesem Beitrag wurde die Evaluation einer regional organisierten Lehrerfortbildung zur Biotechnologie vorgestellt. Hierbei wurde die Erreichung der Ebenen 1 und 2 nach der dem Modell der Wirksamkeit von Lehrerfortbildungen angenommen (Kirkpatrick und Kirkpatrick, 2006; Lipowsky, 2010) und zukünftiges unterrichtliches Handeln (Ebene 3) anhand der selbstberichteten Implementationsabsicht überprüft. Die teilnehmenden Lehrkräfte schätzen die Instruktionsund Materialqualität der Fortbildung hoch ein. Damit war die Gestaltung der Fortbildung nach Lipowsky (2010) „close to the job“ und bezog sich auf den alltäglichen Unterricht und auf das Curriculum. Ferner wurde sie von kompetenten Referentinnen professionell durchgeführt und bot Gelegenheiten zum Austausch mit teilnehmenden Kollegen*innen. Die Lehrkräfte verfügen mit zunehmender Berufserfahrung über das theoretische Fachwissen und fachdidaktische Wissen in der Biotechnologie. Diese Beobachtung stimmt mit den Befunden von Kunter und Klusmann (2010) überein, dass sich Lehrkräfte mit geringer Berufserfahrung eher unterschätzen. Allerdings schätzen junge Lehrkräfte gegenüber den erfahreneren Kollegen*innen ihre praktischen Fertigkeiten als gut ein. Dies könnte ein Effekt eines stärker forschungsmethodisch orientierten Studiums in den Biowissenschaften der letzten Jahrzehnte sein, bei dem biotechnologische Methoden verpflichtend Einzug in das Biologie-Lehramtsstudium erhalten haben. Die positive Bewertung der Lehrerfortbildung und die hohe Kompetenzeinschätzung der Lehrkräfte in Bezug auf die theoretischen Aspekte der Biotechnologie machen die Implementation der Fortbildungsinhalte wahrscheinlich (Blumenfeld et al., 2000; Gräsel und Parchmann, 2004; Lipowsky, 2010), die Realisierung der Fortbildungsthemen im Biologieunterricht wird auch von der Anzahl der Materialausleihen im Nachgang zur Fortbildung gestützt. Insgesamt wurden mit der vorgestellten Lehrerfortbildung die wesentlichen Zielsetzungen erreicht.

      Gleichwohl sollen abschließend methodische Limitationen der Untersuchung durch die Anlage des Evaluationsdesigns und die Auswahl der Stichprobe reflektiert werden. Die Aussagekraft der Untersuchung wird durch die einmalige Befragung der Lehrkräfte eingeschränkt. Die Beurteilungen zur Instruktions- und Materialqualität sowie ihre Selbsteinschätzungen zum Professionswissen und zur Implementationsabsicht wurden nur im Anschluss an die Fortbildung erhoben (s. Kap. 4). Da molekularbiologische Untersuchungen in der Lehrerfortbildung zeitaufwändig sind, wurde auf eine Vorabbefragung der Lehrkräfte zu ihren persönlichen Voraussetzungen verzichtet. Eine wiederholte Beanspruchung der Lehrkräfte durch zwei Erhebungen kann darüber hinaus zur Verringerung der Motivation bzgl. der Fragebogenbearbeitung führen (Sequenzeffekt s. Eid et al., 2013, S. 447).

      Lehrerfortbildungen in der Biotechnologie, insbesondere mit praktischen Übungen zu den Methoden, sind selten zu finden und daher auch nach der Einschätzung der erfahreneren Lehrkräfte Angebote dringend erforderlich. Die vorgestellte Fortbildung wurde basierend auf aktuellen Befunden der biologischen, fachdidaktischen und bildungswissenschaftlichen Forschung konzipiert, um möglichst viele Lehrkräfte anzusprechen und sie von den Vorteilen eines modernen evidenzbasierten Fortbildungskonzepts profitieren zu lassen. Dieses Konzept sollte sich daher als wirksamer erweisen können als Fortbildungsmaßnahmen zur Biotechnologie, die diese Evidenzen nicht berücksichtigen und eher einer traditionellen universitären Fortbildungspraxis folgen (z.B. One-Shot mit individueller Anmeldung ausschließlich im Universitätslabor und professionellen Laborgeräten). Aus ethischen Gründen ist daher eine Kontrollgruppe schwierig umzusetzen, der man den aktuellen Stand der Wissenschaft, die didaktischen Innovationen und die organisatorischen Vorteile wissentlich vorenthält.

      Ferner wird die Aussagekraft der Evaluationsstudie begrenzt, weil die Stichprobe der Lehrkräfte nicht zufällig gezogen wurde. Zwar gibt es in Bayern eine Fortbildungsverpflichtung, gleichwohl ist die Teilnahme an dieser Lehrerfortbildung und ihrer Evaluation freiwillig. Daher werden sich insbesondere solche Lehrpersonen an der Befragung beteiligt haben, die am Thema interessiert und Fortbildungen gegenüber


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