Innovationsmanagement im Sport. Regina Roschmann

Innovationsmanagement im Sport - Regina Roschmann


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werden. Demnach ist er in der Lage u. a. Menschen unterschiedlicher Herkunft oder unterschiedlichen Alters zusammenzubringen, kann als geselliges Erlebnis und als Plattform für Werte wie Fair Play und Respekt dienen, Toleranz und Weltoffenheit fördern und eine wichtige Rolle für die Gesundheit spielen (vgl. Deutscher Bundestag (2014), S. 13). Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO hat mit ihren globalen Empfehlungen für körperliche Aktivität – zu welcher auch der Sport explizit gehört – die Bedeutung von Bewegung für die Gesundheit hervorgehoben (vgl. WHO (2010)). An der Entwicklung der Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung in Deutschland waren Sportwissenschaftlicher und Sportmediziner entscheidend beteiligt und an ihrem Transfer in die Praxis wirkten innerhalb der Arbeitsgruppe »Bewegungsförderung im Alltag« etliche sportbezogene Verbände und Institutionen in zentraler Rolle mit (vgl. Rütten/Pfeiffer (2016)). Entsprechende Untersuchungen zeigen auch, dass Sport beim Erreichen der Bewegungsempfehlungen für viele Menschen eine wichtige Rolle spielt. So erreichen 34 Prozent der Bevölkerung (ab 16 Jahren) in Deutschland die Empfehlungen der WHO schon alleine durch ihre sportlichen Aktivitäten (vgl. Repenning/Meyrahn/an der Heiden/Ahlert/Preuß (2020), S. 11).

      Auch die Europäische Union hat mit der Herausgabe des sogenannten Weißbuchs Sport im Jahr 2007 den Sport endgültig auf die Agenda der europäischen Politik gehoben. Eine Vielzahl an Maßnahmen mit Fokus auf den Sport wurde dadurch auf den Weg gebracht. Betont wird von der EU dabei sowohl die wirtschaftliche als auch die gesellschaftliche Bedeutung des Sports (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2007)).

      Betrachtet man den Sport aus einer ökonomischen Perspektive, so zeigt sich, dass dieser zu einem beträchtlichen Wirtschaftsfaktor geworden ist. Der sportbezogene Anteil am Bruttoinlandsprodukt Deutschlands lag im Jahr 2016 bei 71,6 Milliarden Euro. Das entspricht 2,3 % des BIP (vgl. Ahlert/Repenning/an der Heiden (2019), S. 8; image Tab. 1). Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Sport in den 88.348 Sportvereinen innerhalb des DOSB (DOSB (2020), S. 3; Stand 2019) in hohem Maße ehrenamtlich und gemeinnützig geprägt ist und die Sportvereine auch deshalb ihre Angebote besonders preiswert unterbreiten können. Das BIP spiegelt diese ehrenamtliche Arbeit also nur bedingt wider. Unterstellt man einen Stundensatz von 15 Euro, so ergäbe sich im Jahr 2013 eine Wertschöpfung von 4,3 Mrd. Euro durch ehrenamtliche Arbeit – freiwillige Helfer, die unregelmäßig in Sportvereinen aktiv sind, noch nicht mitgerechnet (vgl. Breuer/Feiler (2014), S. 14).

      Zwar ist die Sportwirtschaft in den Jahren 2010 bis 2016 nicht so stark gewachsen wie die gesamte Volkswirtschaft, was unter anderem damit erklärt wird, dass die EU-Schuldenkrise die dienstleistungsorientierte Sportwirtschaft deutlich stärker beeinträchtigt hat als die exportorientierte Industriewirtschaft in Deutschland. Vor allem das Wachstum der Konsumausgaben privater Haushalte und des Staates kann jedoch im Sportsektor mit der gesamten Volkswirtschaft mithalten. Die angesichts dessen geringe Wachstumsrate des BIP erklärt sich vor allem durch die Globalisierung der Gütermärkte, die in Deutschland zu einem Überschuss an Importen im Wert von 24,4 Mrd. Euro im Vergleich zu Exporten im Wert von 3,8 Mrd. Euro geführt hat. Die enormen Konsumausgaben für Sport führen in Deutschland also nur teilweise zu einer Steigerung des BIP (vgl. Ahlert/Repenning/an der Heiden (2019), S. 6 ff.).

Images Images

      20102016*Veränderung in % 2016 gegenüber 2010

      *Ergebnis einer Fortschreibung

      image Bedeutungsanstieg des Innovationsbegriffs image

      Als eine Antwort auf die Globalisierung und andere Herausforderungen wie den verschärften Wettbewerbsdruck oder kürzere Produktlebenszyklen, denen Unternehmen sich zunehmend gegenübersehen und die ihren langfristigen Erfolg erschweren, ist seit geraumer Zeit der Innovationsbegriff in aller Munde und wird in allen Bereichen der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft umfassend diskutiert (vgl. Vahs/Brem (2015), S. 1, S. 4, S. 8). Auch ein Abfließen von Technologie-Know-how und ein damit verbundener Anstieg von Imitationen, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Ländern oder Unternehmen bedroht, führt dazu, dass Innovationen eine hohe Relevanz zugeschrieben wird (vgl. Meffert et al. (2019), S. 405 f.). Innovationen gelten – neben der Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer und verschiedenen Rationalisierungsmaßnahmen – als die dritte und mit Blick auf einen Wettbewerbsvorsprung vielversprechendste Möglichkeit, auf zunehmenden Konkurrenzdruck zu reagieren (vgl. Boutellier (1997), S. 15, zit. nach Hochmeier (2012), S. 11). Daraus entsteht in vielen Bereichen eine gewisse Innovationsnotwendigkeit zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen (vgl. Meffert et al. (2019), S. 405 f.). Selbst im gemeinnützigen Sport lässt sich ein höherer Wettbewerbsdruck um Zuschüsse, Spenden, Freiwillige und Teilnehmer feststellen (Svensson/Cohen (2020), S. 139). Cropley und Cropley ((2018), S. 1) formulieren gar: »Moderne Organisationen müssen innovieren oder sterben.«

      Dem Sport werden nicht selten Eigenschaften zugeschrieben, die wenig innovationsorientiert sind. Sportvereine reagieren z. B. vergleichsweise langsam auf qualitative und quantitative Nachfrageänderungen – und müssen dies unter Umständen auch gar nicht (vgl. Heinemann (1995); Breuer (2003)). Aktuelle Vorwürfe aus Politik, Medien und Wirtschaft unterstellen dem organisierten Sport derzeit beispielsweise, verkrustet, altmodisch oder traditionalistisch zu sein, weil er sich im Umgang mit Trends wie dem E-Sport schwertut (vgl. Borggrefe (2019), S. 90)? Und doch hat der Innovationsbegriff ebenso wie innovatives Verhalten mittlerweile, ja vielleicht schon immer, einen festen Platz auch im Sport eingenommen. So gilt gerade der Sport an anderer Stelle als besonders innovativ, da er in der Lage ist, sich sozialen, politischen und technologischen Veränderungen anzupassen (vgl. Ratten/Ferreira, 2016). Vor allem im Spitzensport stellt das Streben nach Siegen und Rekorden sogar einen natürlichen Treiber der Innovation dar (vgl. Balmer/Pleasence/Nevill (2012), zit. nach Tjønndal (2017), S. 291).

      image Innovationen in Sportorganisationen image

      Die Bedeutung von Innovationen im Sport lassen sich sowohl bei großen Verbänden wie auch kleinen Vereinen erkennen. Sie finden sich im Non-Profit-Bereich ebenso wie im kommerziellen Sport. So setzt der Deutschen Fußballbund (DFB) – mit seinen über 7,1 Millionen Mitgliedern und ca. 24.500 Vereinen einer der größten Sportverbände der Welt (vgl. DFB (2019a)) – das Thema beispielsweise durch die Verankerung eines Think-Tank an der DFB Akademie um.

      Als dessen Ziele formuliert der DFB [sic!]:

      • »Agieren als Innovationsmotor der DFB-Akademie, um Weltklasse-Niveau zu sichern,

      • »Melting Pot« für Fußballpraxis, Wissenschaft, Technologieunternehmen und Start-ups,

      • Etablierung als Innovationspartner für Spitzen- und Amateurvereine« (DFB (2019b)).

      Und auch bei der Besetzung von Trainerstellen verfolgt der DFB ein klares Konzept, das in den U-Nationalmannschaften – d. h. den Nachwuchsteams – stets auf Dreierteams setzt. Neben den Trainertypen »Erfahrung« und »Altersspezialist« hat auch der »Typ Innovation« einen festen Platz (vgl. DFB (o. D.)).

      Innovationen können jedoch nicht nur ein Merkmal großer, professioneller Verbände sein. So richtet sich der seit 2007 vergebene dsj-Zukunftspreis der Deutschen Sportjugend (dsj), an »engagierte Sportvereine, deren Erfahrungen und Konzepte anderen als Inspiration und Vorbild dienen. Praktische und bereits erprobte Lösungen


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