Nordkroatien Reiseführer Michael Müller Verlag. Lore Marr-Bieger
Gründung einer der ersten Ölraffinerien im Jahr 1882. Seinen wirtschaftlichen Niedergang erlitt Rijeka zwischen 1915 und 1918 mit der Seeblockade von Otranto.
Unmittelbar nach dem Krieg wurde Rijeka von italienischen Freischärlern unter der Führung des nationalistischen Schriftstellers Gabriele d’Annunzio besetzt, dann zwischenzeitlich zur Freistadt erklärt, um 1924 schließlich unter dem Namen Fiume doch dem italienischen Staat zugeschlagen zu werden. Die Wirtschaft stagnierte und die Bevölkerung wurde zwangsweise „italienisiert“. Bis 1947 war Rijeka zweigeteilt, am Toten Kanal bildete eine Mauer die Grenze. Dann ging Rijeka durch eine Volksabstimmung an das damalige Jugoslawien zurück, nachdem es 1945 von der deutschen Besatzung befreit worden war.
1991 erklärte Kroatien seine Unabhängigkeit von Jugoslawien, Rijeka blieb vom Unabhängigkeitskrieg verschont. Inzwischen blüht die Wirtschaft der Stadt langsam wieder auf, unterstützt durch die Gründung von Freihäfen für Österreich und Ungarn. Neben Geschäftsleuten finden sich aber auch mehr und mehr Touristen in der Stadt ein. Leider wurde die jahrzehntelang operierende Küstenfähre von Rijeka nach Dubrovnik 2014 eingestellt, die für viele Gäste ein ideales Sprungbrett in den Süden war und natürlich auch viele Auto- und Motorradlenker in die Stadt brachte.
Stadtbummel
Verlässt man die Uferstraße Riva mit ihren Prachtbauten und überquert die folgende Durchgangsstraße, gelangt man in die Fußgängerzone, den Korzo, mit vielen Geschäften und Kaufhäusern. Durch das Stadttor (Uhrturm aus dem 15. Jh.) über den Trg Ivana Koblera, einen lauschigen Platz mit Brunnen, Cafés und Konobas, geht es hoch zur Altstadt. Bis 1780 war sie von Stadtmauern umgeben, die bis auf wenige Teilstücke abgerissen wurden, da sie der Erweiterung der Stadt im Weg waren.
Das Stadttor mit Uhrturm, 15. Jh.
Wir stoßen nordwärts auf den Archäologischen Park Principij (auch Tarsatički principij) und blicken hinab auf römische Überreste, am oberen Rand haben sich nette Cafébars angesiedelt. An der Südostflanke des Parks steht das älteste Bauwerk, ein römischer Triumphbogen, angeblich aus dem 4. Jh. Unklar ist bis heute, ob es sich dabei um ein Stadttor handelt oder um das Tor des Prätoriums. Letzteres würde bedeuten, dass hier einst die Festung Tarsatica stand, von der aus der liburnische Limes verlief - eine römische Befestigungsanlage aus der Zeit vom 2. Jh. v. Chr. bis zum 4. Jh. n. Chr. Überreste sieht man auch bei den Treppen zum Hügel Buonarroti nördlich der Altstadt.
Nordöstlich der Ausgrabungsstätte steht die wuchtige Kirche Sv. Vid, ein Rundbau nach venezianischem Vorbild mit riesiger Kuppel, rund angeordneten Altären und in Rosa und Lila gehaltenen Farbtönen im Innern.
Neben der Kirche ist der Eingang zu den 330 m langen Tunnels, die westwärts bis zur Ul. Frana Kuleća (nahe Grundschule Dolac) führen.
Nördlich der Ul. Žrtava fašizma erreichen wir Parks und Museen, Oasen der Ruhe. Im ehemaligen Gouverneurspalast und Sitz Gabriele d’Annunzios (→ Geschichte) sind das Marine- und das Historische Museum mit Lapidarium untergebracht. Nebenan befand sich das Stadtmuseum, nun gegenüber dem Bahnhof im Benčić-Palast. Östlich duckt sich in einer hübschen Villa umgeben von Grün das nett gestaltete Naturwissenschaftliche Museum mit kleinem Aquarium. Es zeigt eine Vielfalt heimischer Tiere, auch einen Hai; Kinder können sich an den interaktiven Stationen ausprobieren. Gegenüber liegt der große Park Vladimir Nazora, südöstlich erstreckt sich der Park Nikole Hosta, der im Stil eines englischen Gartens angelegt wurde. Mittendrin liegt ein prachtvolles Gebäude, Ende des 17. Jh. erbaut, einst Residenz des Habsburger Erzherzogs Joseph, in dem das 1926 gegründete Staatsarchiv untergebracht ist - es zählt zu den bedeutendsten des Landes. Aktuell wird das Gebäude renoviert.
Gehen wir durch den Park Nikole Hosta weiter ostwärts kommen wir an der Straßenecke Žrtava fašizma/Ivana Grohovca zu den zwei kleinen Peek & Poke-Museen für Informatik und Kindheit.
Der Wallfahrtsort Trsat
Papst Johannes Paul II
Die Entstehung des Wallfahrtsortes geht der Legende zufolge auf den Transport des angeblichen Wohnhauses (casa sancta) der Heiligen Familie von Nazareth mit Hilfe von Engeln nach Trsat am 10. Mai 1291 zurück. Am 10. Dezember 1294 sollen es dann die Engel weiter nach Loreto (bei Ancona/Italien) gebracht haben. Die Kirche wurde Ende des 13. Jh. von den Frankopanen errichtet, die heute noch erhaltenen ältesten Gebäudeteile datiert man auf die erste Hälfte des 15. Jh. Das heutige Aussehen der zweischiffigen Votivkirche ist geprägt durch ein Stilgemisch aus verschiedenen Epochen, die letzte bauliche Veränderung erfolgte im 19. Jh. Das Kircheninnere besticht durch wunderschöne barocke Altäre, das Franziskanerkloster mit seinem hübschen barocken Kreuzgang und dem zentralen Brunnen birgt zahlreiche Votivtafeln. In der kostbaren Schatzkammer (nicht öffentlich zugänglich) wird das als wundertätig bekannte gotische Triptychon der Heiligen Jungfrau von Trsat aufbewahrt, das einer Überlieferung nach den Kroaten im Jahr 1367 von Papst Urban V. gestiftet wurde - angeblich soll der Heilige Lukas die Ikone geschaffen haben. Viele gekrönte Häupter sowie bekannte Persönlichkeiten stifteten das kostbare Inventar der Kirche, so stammen u. a. die Leuchten von Kronprinz Leopold von Österreich, der vergoldete und mit Edelsteinen verzierte Doppeladler wurde von Karl V. gestiftet, das Messgewand von Maria Theresia und eine silberne Muttergottesfigur mit Kind aus der Hochrenaissance vom kroatischen Banus Tome Bakač Erdödy. Es gibt etliche Wallfahrten, die bedeutendste ist die zu Mariä Himmelfahrt am 15. August mit einer großen Prozession über den Wallfahrtsweg von der Altstadt aus.
Gehen wir zurück zur Kirche Sv. Vid und halten uns südostwärts, stoßen wir auf den Dom Sv. Marija mit seinem von außen schlichten, abseits stehenden Turm am Ende einer Grünanlage. Er wurde im 12. Jh. erbaut und ist innen prächtig ausgestattet: reich verzierte Decken, viele Altäre, grüne und rosa Farbtöne und viel Gold.
Festung Trsat - ein lauschiger Platz mit Weitblick
Ostwärts liegt der Tote Kanal (Mrtivi kanal), der westlich der Riječina als geschützter, kleiner Hafen errichtet wurde. Zwischen Fluss und Kanal, in dem viele kleine Boote ankern, liegen ein riesiger Parkplatz und das Delta-Gelände mit Busbahnhof, Lagerhallen und dem Expo-Center (hier war das Hauptquartier der Kulturhauptstadtorganisation). Zwischen den beiden Weltkriegen verlief hier die Grenze zwischen Italien und Jugoslawien, dafür wurde der Kanal ausgehoben und eine Mauer errichtet, die die Stadt in Rijeka (Fiume) und Sušak teilte. Vom Kanal aus bietet sich ein schöner Blick zum 138 m steil aufragenden Berg Trsat mit der Festung, der Wallfahrtskirche der Muttergottes und dem Franziskanerkloster. Am nordöstlichen Ende des Titov trg und der Ostseite der Riječina beginnt der Wallfahrtsweg mit seinen 559 Stufen, die steil bergan führen (Trsat ist auch mit Auto oder Bus zu erreichen). Von oben bietet sich ein herrlicher Weitblick auf Rijeka und die Kvarner-Bucht, nette Cafés und Konobas laden zur Stärkung ein.
Die Festung Trsat liegt strategisch günstig über dem Taleinschnitt