Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel
der Schirmfeldgeneratoren im gesamten Bugbereich. Dadurch bedingt Temperatursturz in den Außensektoren ...
Energieausfall auf dem Hauptdeck ...
»Schadensmeldung überprüfen!«, brüllte Musan'J'irkis. Was er zu sehen bekam, ließ ihn an seinem Verstand zweifeln. In demselben rasanten Tempo, in dem es begonnen hatte, ging es weiter. Demnach würde die STERNENLEUCHTEN in Kürze nur noch ein totes Wrack sein.
Die Umwälzanlage ausgefallen ... Lecks in den hydroponischen Tanks ... Feuer im äußeren Laderaum in Rumpf 2 ...
Die Warnanzeigen kamen derart wahllos durcheinander, dass nicht einmal ein Kurzschluss oder ein Fehler in der Elektronik dafür verantwortlich sein konnte. Der Kommandant hatte Ähnliches nie zuvor erlebt.
Als der Schirm der Bordsprechanlage aufleuchtete, ahnte Musan'J'irkis schon, dass das nichts Gutes bedeutete. Er zögerte, den Anruf anzunehmen.
Torressam war am anderen Ende der Leitung. Was er aufgeregt zu berichten wusste, bestätigte den schlimmsten Verdacht des Kommandanten.
Was immer mit der STERNENLEUCHTEN geschah, die Ursache dafür konnte nicht allein technisches Versagen sein. Das Echsenwesen sprach es deutlich aus: Der Frachter war zum Spielball unerklärlicher Einflüsse geworden.
*
Chrrtl hatte seinen Dienst beendet und befand sich auf dem Weg in seine von Pflanzen aller Art überwucherte Kabine. Er war erschöpft und übermüdet, zugleich aber auch zufrieden. Immerhin hatte er die STERNENLEUCHTEN wieder auf Vordermann gebracht. Dabei war er zum ersten Mal kurz davor gewesen, zu verzweifeln.
Der Fremde an Bord brachte Unheil. Chrrtl hatte es von Anfang an gespürt. Auch wenn die Ngomis es nicht wahrhaben wollten, gaben die Ereignisse ihm nicht Recht?
Chrrtl schüttelte sich, als er an das schlammverschmierte Gesicht des Fremden dachte. In alten Schriften hatte er Bilder gesehen, auf denen Dämonen ähnlich dargestellt gewesen waren.
Chrrtl stieß eine Reihe krächzender Laute aus, die eine Abwehr des Bösen bewirken sollten.
Im nächsten Moment erstarrte er. Keine zwei Meter vor ihm brach der Bodenbelag auf. Das Plastikmaterial wölbte sich in faustgroßen Blasen empor, als hätte der darunterliegende Stahl zu wuchern begonnen. Innerhalb weniger Augenblicke übersäte eine Vielzahl dieser Gebilde wie Geschwüre den Boden. Aufplatzend hinterließen sie hässliche Narben.
Das war endgültig zuviel. Kreischend warf Chrrtl sich herum und floh, hetzte die nächste Treppe hinauf, die ihm als einziger Fluchtweg erschien, und stolperte einen nur spärlich erhellten Korridor entlang. Dass mehrere der in die Decke eingelassenen Leuchtplatten zersplittert waren, bemerkte er nicht einmal, wohl aber, dass er sich, ohne es zu wollen, Toldens Unterkunft näherte. Irritiert hielt er inne; unter seinen Füßen knirschte Glas.
Klirrend zersprang eine weitere Leuchtplatte. Nur der Fremde konnte daran schuld sein.
Eine unsichtbare Faust stieß Chrrtl an die Wand zurück. Er bekam kaum mehr Luft, als er sich mit aller Kraft dagegenstemmte und langsam einen Fuß vor den anderen setzte. Obwohl der Korridor leer und verlassen vor ihm lag, war es ihm, als müsse er einen zähen Brei durchwaten. Sobald er eine andere Richtung als die zu Toldens Kabine einschlagen wollte, wurde ein Weiterkommen sogar unmöglich.
Chrrtls Furcht steigerte sich bis hin zur Panik, als er endlich vor dem Schott stand. Längst war er nicht mehr in der Lage, klar und folgerichtig zu denken.
Das Schott glitt vor ihm auf. Verwundert stellte Chrrtl fest, dass er selbst den Öffnungsmechanismus betätigt hatte. Ihm erschien es, als falle der Bann des Bösen in dem Moment von ihm ab, in dem der Daila sich überrascht umwandte.
Für einen flüchtigen Augenblick ruhten ihre Blicke ineinander, dann schrie das Vogelwesen gellend auf. Es sah das pulsierende Leuchten, das Tolden in der Hand hielt, sah die zerschmolzenen Überreste der Kühlbox, die geschwärzte Wand darüber, und warf sich herum, stürmte blindlings davon. Egal wohin, nur weg von dem schaurigen Anblick, der sich hier bot.
*
Es dauerte lange, bis aus ihm überhaupt ein vernünftiges Wort herauszubekommen war. Chrrtl stand ganz offensichtlich unter Schockeinwirkung. Er war in die Zentrale getaumelt, als sei der Leibhaftige hinter ihm her.
Noch immer spielten einzelne Aggregate und Kontrollanzeigen verrückt, doch hatte sich die anfängliche Aufregung gelegt. Musan'J'irkis war es gelungen, einen ungewöhnlichen hohen Strahlungspegel anzumessen, der für den Defekt der Elektronik und die anderen Vorkommnisse verantwortlich sein mochte. Aber gerade als er die Schutzschirme aktivieren wollte, war Chrrtl erschienen.
Zwei Ngomis kümmerten sich um das Vogelwesen, konnten allerdings nicht viel unternehmen, da sie seinem Metabolismus einigermaßen hilflos gegenüberstanden. Chrrtl war in seine Muttersprache verfallen, eine schier endlose Folge von kreischenden und zischenden Lauten, und nur hin und wieder stieß er halbwegs verständliche Worte hervor.
»Er redet von Dämonen«, stellte der Funker fest.
Musan'J'irkis nickte bedächtig.
»Wahrscheinlich macht er Tolden für die Vorfälle verantwortlich. Immerhin waren sich die beiden von Anfang an spinnefeind.«
»Und?«
»Was und?«, gab der Kommandant gereizt zurück.
»Vielleicht hat Chrrtl Recht.«
»Was willst du von mir hören? Dass dieser Daila wirklich ein ... Dämon ist? Ich weiß, dass manche seines Volkes besondere geistige Kräfte entwickeln, dass sie nur mit ihrem Willen Entfernungen überwinden oder die Gesetze der Schwerkraft ...«
»Der Daila hat Torressam gerettet. Hast du das schon vergessen? Falls er tatsächlich besondere Fähigkeiten besitzt, dann wohl solche der Vorahnung.«
»Dir sollte die Sicherheit der STERNENLEUCHTEN mehr am Herzen liegen, Musan.«
»Dann lass mich endlich in Ruhe arbeiten«, fuhr der Kommandant den Funker an.
Zwar eilig, doch keineswegs überhastet, führte er eine Reihe von Schaltungen durch. Die Schutzschirme bauten sich auf. Lückenlos, wie die Anzeigen bewiesen.
Trotzdem veränderte sich nichts.
Dass Musan'J'irkis' scheinbare Ruhe nur äußerlich war, zeigte sich, als er nach wie vor die fremdartige Strahlung anmaß. Denn plötzlich verlor er sich in wüsten Flüchen und Verwünschungen.
»Die Quelle allen Unheils befindet sich an Bord«, behauptete jemand. »Wir wissen, wo.«
*
Auch ohne besondere Gaben war zu ahnen, dass sich einiges zusammenbraute. Spätestens nachdem Tolden Chrrtls vor Angst und Entsetzen verzerrtes Gesicht gesehen hatte, wusste er, dass sich nichts an ihrem Verhältnis zueinander gebessert hatte.
Und an allem war der Glücksstein schuld, der noch immer pulsierte.
Der Stein, der wochenlang alle Psi-Kräfte neutralisierte, hatte diese offenbar gespeichert und gab sie nun in geballter Form wieder ab. Vielleicht war ein bestimmter Sättigungsgrad erreicht worden. Tolden wusste es nicht, er war allein auf Vermutungen angewiesen, die ebenso falsch sein konnten. Auf jeden Fall war er sich seiner neuen Fähigkeiten durchaus bewusst. Aber sowohl die Telekinese wie auch die Beschleunigung der atomaren Bewegung, die dazu führte, dass an den unmöglichsten Stellen Feuer ausbrach, ließen sich noch nicht kontrollieren, geschweige denn gezielt einsetzen.
Tolden ahnte, dass er in seiner Unbeholfenheit mehr anstellte als die Verwüstungen in seiner Kabine und innerhalb des davor liegenden Korridors. Er konnte nur hoffen, dass das alles lediglich kurze Zeit anhielt, denn irgendwie würde er der Besatzung der STERNENLEUCHTEN eine Erklärung geben müssen.
Der Zwiespalt, in dem er sich befand, wurde zunehmend größer. Einerseits brauchte er den Glücksstein und war nicht bereit, ihn aufzugeben, wollte er nach Aklard gelangen, andererseits begann er sich zu fragen, ob es nicht doch besser wäre,