Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton
Zim, mahnte er sich, hör auf damit. Du bist kein pubertierender Teenager. Es ist lächerlich. Es gibt keine Liebe auf den ersten Blick.
Zim schloss die Augen. Fast gegen seinen Willen entstand ihr Bild in seinem Kopf. Wie sie seinen Namen ausgesprochen hatte ... Es war fast ein Flüstern gewesen.
Lächerlich, dachte er erneut, doch in sein himmelhohes Glück mischte sich plötzlich abgrundtiefe Verzweiflung.
Würde sie seine Gefühle erwidern? Hatte sie vielleicht schon einen Partner? Und wie sollte er Raye sagen, was er für sie empfand? Wie sollte er ihr klar machen, dass er sie liebte?
Mit schwerem Herzen öffnete er die Augen wieder und starrte an die weiße Decke, als könnte er dort die Antworten auf seine Fragen finden.
Rhodan vermochte Admiral Kethmeros Alter nicht zu schätzen. Er war vielleicht 50, vielleicht aber auch 150 Jahre alt. Wahrscheinlich lag die Wahrheit irgendwo dazwischen, und er war um die 100 Jahre alt.
Doch das sah man ihm nicht an. Er war hochgewachsen, schlank und drahtig. Sein Haar war voll und dunkelbraun, das Gesicht fast faltenfrei. Es war das Gesicht eines Fünfzigjährigen, zumindest, was die Spannkraft und das energische Leuchten der Augen betraf.
»Resident«, sagte er. »Ich habe schon viel von dir gehört. Die Kunde von deinen Taten ist auch in Hathorjan den Nachrichtenmedien immer eine Schlagzeile wert.«
»Ich von dir leider noch nicht«, entgegnete Rhodan offen.
Der Admiral lächelte schwach. »Das verwundert mich nicht. Ich bin nur der militärische Oberbefehlshaber einer tefrodischen Kolonialwelt, von der du wohl auch noch nie gehört hast.«
Rhodan nickte erleichtert. Er hatte den Admiral von vornherein richtig eingeschätzt. Kethmero war kein Mann, dem man Honig um den Bart schmieren musste. Er kannte keine Eitelkeit, war nur an Ergebnissen interessiert. Ein typischer Militär, aber offensichtlich einer der besseren Sorte.
Das Krankenbett erzitterte leicht, als Rhodan auf einen Knopf drückte und die integrierte Kopfstütze mit Massagefunktion aufrichtete. Er lag mittlerweile in einem Schwebebett, und man hatte ihn in ein Einzelzimmer mit einer großen Terrasse umquartiert, die einen herrlichen Blick auf einen See, einen Gezeitenwall und ein dahinter liegendes, riesiges Binnenmeer bot. Unter dem Diffusschirm, der Rhodans Körper verhüllte, führten weitere Automaten Behandlungen oder Massagen durch, um ihn so schnell wie möglich wiederherzustellen.
»Die JOURNEE ist wahrscheinlich nur noch Schrott?«, fragte er.
Der Admiral zögerte kurz. Er schien zu überlegen, ob er klarstellen sollte, dass er hier die Fragen stellte, verzichtete dann aber darauf, vielleicht aus Respekt vor dem hohen Amt seines Gasts, vielleicht, weil auch diese Fragen besprochen werden mussten und sie nur wertvolle Zeit verloren, wenn er versuchte, seine Position durchzusetzen.
»Das Raumschiff ist zwar schwer beschädigt, aber reparaturfähig. Mit einer Ausnahme: Das in dem MERZ-Modul befindliche Zusatztriebwerk ist tatsächlich nur noch Schrott. Wir haben das Modul bereits abgekoppelt.«
Einen Augenblick lang fragte Rhodan sich, ob der Admiral die Wahrheit sprach. Das Zusatztriebwerk war das Nonplusultra terranischer Technologie. Er bezweifelte, dass die Tefroder über etwas Vergleichbares verfügten. Vielleicht hatten sie es als Strandgut ausgebaut und untersuchten es nun in einem ihrer Technologiezentren, um es irgendwann nachbauen zu können.
Keine gute Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, tadelte er sich. »Zwar schade, aber die JOURNEE kann problemlos mit offener Modulbucht fliegen.«
»Die internen Reparaturmechanismen haben die Arbeit aufgenommen. Diejenigen Besatzungsmitglieder, die beim Absturz das meiste Glück hatten und nur leicht oder gar nicht verletzt wurden, befinden sich bereits in der JOURNEE. Unsere Techniker unterstützen die Schiffsautomatiken und deine Leute nach besten Kräften. Cyrdan wird sämtliche Materialien zur Verfügung stellen, die deine Leute brauchen. Wir schätzen, dass dein Schiff in zwei Tagen wieder flugfähig sein wird.«
»So schnell?« Die Schäden, die Rhodan in Erinnerung hatte, hätten ihn eher an zwei Wochen oder zwei Monate denken lassen. »Ich danke dir.« Aber ganz selbstlos wird diese Hilfe wohl nicht sein ...
»Ich möchte dich nun bitten, mir zu berichten, was geschehen ist. Wieso ist die JOURNEE über Cyrdan abgestürzt?«
Und Rhodan berichtete, von der Barriere um Andromeda und dem Angriff des 1100 Meter langen Schlachtschiffs unmittelbar, nachdem sie diese Barriere durchbrochen hatten.
Der Admiral wartete geduldig, bis er geendet hatte, unterbrach ihn kein einziges Mal mit einer Zwischenfrage. Dann nickte er einer Ordonnanz zu, und die junge Frau aktivierte einen Projektor und rief ein Hologramm auf.
Es stellte ein Schlachtschiff dar, das fast identisch mit dem war, das die JOURNEE schwer beschädigt hatte. Lediglich die zahlreichen Auswüchse und Aufbauten, die ihren Angreifer ausgezeichnet hatten, fehlten bei diesem Modell.
Und dann erkannte Rhodan anhand der beigefügten Daten einen weiteren Unterschied: Das Schiff in der holografischen Darstellung war nicht 1100, sondern 2200 Meter lang. Es war kein bloßes Schlachtschiff mehr, sondern ein wahres Superschlachtschiff.
»Ja«, bestätigte Rhodan. »Das Schiff, das uns angegriffen hat, war nur halb so lang und verfügte über seltsame Aufbauten, ansonsten sind die Modellreihen identisch.«
»Wir haben zahlreiche dieser Schiffe gesichtet. Bei der Grundform weisen sie stets das gleiche Baumuster auf, doch es gibt sie in vier verschiedenen Größen. Außer diesen beiden Typklassen gibt es noch Kreuzer mit fünfhundertfünfzig und Beiboote mit zweiundzwanzig Metern Länge. Aber wir haben noch nie eins mit Aufbauten gesehen, alle anderen Schiffe des Typs hatten eine glatte Hülle.«
»Dann kommt diesem Schlachtschiff, das uns an der galaktischen Grenze angegriffen hat, vielleicht eine besondere Bedeutung zu.«
»Gut möglich. Wir nennen diese Raumer übrigens Kastun-Schiffe.«
Kastun, dachte Rhodan. Seine Hypnoschulung in Tefroda, der Einheitssprache aller Tefroder-Welten, lag zwar schon lange zurück, aber was man einmal auf diese Weise gelernt hatte, vergaß man nicht. Kastun war der tefrodische Begriff für Schädlinge aller Art.
Rhodan beschloss, zur Sache zu kommen. »Was ist hier in Andromeda ...« – er korrigierte sich und benutzte den Eigennamen der Tefroder für ihre Galaxis – »... in Hathorjan geschehen? Wo kommen diese Schiffe her, weshalb haben sie diese Barriere um die Galaxis errichtet, was ist das für eine Barriere, und weshalb hat dieses Schiff uns angegriffen?«
»Das«, sagte Admiral Kethmero, »sind genau die Fragen, die wir uns auch stellen.«
»Die Kastun-Schiffe«, fuhr der Admiral fort, »wurden zum ersten Mal vor einigen Wochen gesichtet. Zuerst wichen sie jeder Begegnung aus, entfernten sich, wenn unsere Raumer Kurs auf sie nahmen. Dann tauchten sie plötzlich über einigen unserer Welten auf, griffen sie an und verschwanden sofort wieder. Wir wissen nicht, woher sie kommen oder welche Ziele ihre Überfälle haben. Seit einem Tag nun – seit dem Tag, an dem ihr nach Hathorjan durchgebrochen seid! – sind die Kastun-Schlachtschiffe in die Offensive gegangen und zeigen ihr wahres Gesicht.«
»Siehst du da einen Zusammenhang?«, fragte Rhodan. »Könnte unser Auftauchen zu dieser Verhaltensänderung beigetragen haben? Und was meinst du mit wahres Gesicht?«
»Wir wissen nicht genau, wie viele Schiffe die Fremden haben, aber es könnten durchaus einige Hunderttausend sein ...«
Rhodan schnappte unwillkürlich nach Luft. »Wo kommen diese Schiffe so plötzlich her? Wo hielten sie sich verborgen? Stammen sie aus Andromeda oder aus einer anderen Galaxis?«
Der Admiral zuckte mit den Achseln. »Auch das wissen wir nicht. Jedenfalls greifen die Kastun-Schiffe in ganz Hathorjan nun alle Raumschiffe an, die sie finden können, gleich welcher Herkunft. Unsere Raumflotten und die der Maahks wurden allein am heutigen Tag deutlich dezimiert, die stärksten Kontingente verbergen sich