Der Dreißigjährige Krieg. Ricarda Huch

Der Dreißigjährige Krieg - Ricarda Huch


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auch voll­zo­gen wür­de, sag­te Rhuts­ky, wür­de die Wach­ter doch nicht lei­den, dass er den Fuß auf das Ehe­bett setz­te; es sei ja be­kannt, dass sie in ei­nem ge­wis­sen Klos­ter ein Lämp­lein bren­nen habe, wo­mit sie ihm das Le­bens­licht aus­bla­sen kön­ne.

      Der Kai­ser hör­te wohl­ge­fäl­lig zu, war ei­ni­ge Tage nach­denk­lich und kam dann da­mit her­aus, dass er die Mag­da­le­na selbst hei­ra­ten wol­le. Er wol­le dem Matt­hi­as sei­ne falschen Kar­ten ver­schla­gen, oh­ne­hin sei es jetzt Zeit für ihn, sich zu ver­mäh­len. Zwar ge­fal­le ihm auch eine flo­ren­ti­ni­sche Prin­zes­sin gut, de­ren Bild er kürz­lich ge­se­hen habe, aber er wol­le es nun zu­erst auf die bay­ri­sche ab­stel­len. Er müs­se la­chen, sag­te er, wenn er sich den Schre­cken und die Ent­täu­schung un­ter sei­nen hab­gie­ri­gen Brü­dern aus­ma­le.

      Ru­dolfs Räte schüt­tel­ten den Kopf, hiel­ten es aber für klü­ger, ihr Er­stau­nen nicht zu äu­ßern, und so ging denn eine ver­trau­li­che Ge­sandt­schaft nach Mün­chen ab, um un­vor­greif­lich über die Sa­che zu re­den. Der alte Her­zog ver­lor ei­ni­ger­ma­ßen die Fas­sung, denn die­sen Be­wer­ber aus­zu­schla­gen schi­en ganz und gar un­mög­lich, und doch wäre ihm Matt­hi­as, als der künf­ti­ge Kai­ser, bei Wei­tem lie­ber ge­we­sen. Auch Mag­da­le­na woll­te von Ru­dolf nichts wis­sen; vor Matt­hi­as grau­se ihr we­ni­ger, weil er nicht gar so alt und auch sonst nicht so un­flä­tig sei wie der Kai­ser.

      In ih­rem Wi­der­stan­de wur­de Mag­da­le­na durch die Be­kannt­schaft mit ih­rem Vet­ter Leo­pold be­stärkt, Fer­di­n­ands jün­ge­rem Bru­der, der sich in sie ver­lieb­te und eine hef­ti­ge Zu­nei­gung in ihr er­weck­te. Der nun zwan­zig­jäh­ri­ge Bi­schof von Passau ging mit dem Ge­dan­ken um, sich nach dem Tode der Mut­ter des geist­lie­hen We­sens, zu dem er nie­mals Lust ge­habt hat­te, zu ent­äu­ßern und ein fröh­li­ches Fürs­ten­le­ben an­zu­fan­gen, wie es an­de­re sei­nes­glei­chen führ­ten. Er fühl­te sich fä­hig, ein Held zu sein, so­wohl im Krieg wie im Re­gi­ment und in der Lie­be, und wo­mög­lich den Dä­mel, sei­nen Bru­der Fer­di­nand, den er für einen Duck­mäu­ser an­sah, aus dem Sat­tel zu he­ben. Da er an je­nem ge­häs­si­gen Fa­mi­li­en­ver­tra­ge vom Jah­re 1606 nicht be­tei­ligt ge­we­sen war, hat­te der Kai­ser eine Vor­lie­be für ihn ge­fasst und ihm Hoff­nung ge­macht, er wer­de ihn etwa noch zu sei­nem Sohn und Nach­fol­ger er­he­ben. Die Er­laub­nis, das geist­li­che Kleid ab­zu­le­gen, wür­de ihm der Her­zog von Bay­ern, glaub­te er, leicht in Rom er­wir­ken kön­nen.

      Von die­ser Lei­den­schaft er­grif­fen, sträub­te sich Mag­da­le­na nun­mehr eben­so­wohl ge­gen Matt­hi­as wie ge­gen Ru­dolf und er­klär­te, sie wol­le als Non­ne in ein Klos­ter ge­hen, wenn man sie zwin­gen wol­le, einen an­de­ren Mann als Leo­pold zu hei­ra­ten. Die­sen lie­be sie und wer­de nie einen an­de­ren lie­ben, und eben­so un­ge­stüm ge­bär­de­te sich Leo­pold zur großen Ver­le­gen­heit des al­ten Her­zogs.

      Die ers­ten Jah­re der zwei­ten Ehe des Her­zogs Jan Wil­helm von Jü­lich-Cle­ve wa­ren reich an Auf­re­gun­gen für die be­tei­lig­ten Fürs­ten; denn zu­wei­len hieß es, er sei nun ge­sund und wohl­auf, hal­te of­fe­ne Ta­fel und gehe zur Jagd, ja die Her­zo­gin sei gu­ter Hoff­nung, und die Ge­burt ei­nes Er­ben ste­he be­vor. Al­lein dies be­wahr­hei­te­te sich nie­mals, und die­je­ni­gen schie­nen recht zu be­hal­ten, die von An­fang an be­haup­tet hat­ten, Jan Wil­helm sei eben­so ver­wirrt wie frü­her und wer­de nur je­wei­len, wenn er eine ru­hi­ge Zeit habe, dem Vol­ke von fern ge­zeigt, da­mit es ihn für ge­sund an­se­he. Die Her­zo­gin hal­te sich für be­tro­gen, sei bit­ter­bö­se und wer­de nur mit Mühe be­wo­gen, nicht zu ih­ren Ver­wand­ten in die Hei­mat zu­rück­zu­keh­ren. Auch er­fuhr man, dass sie einen Pro­zess ge­gen Schen­kern we­gen sei­ner vie­len Ge­walt­ta­ten an­streng­te, wo­bei er aber mit dem Le­ben da­von­kam, wenn er auch von sei­nen Äm­tern wei­chen muss­te. Dann ka­men Nach­rich­ten über die Ab­nah­me von Jan Wil­helms Le­bens­kraft, die den Kur­fürs­ten von Bran­den­burg und Wolf­gang Wil­helm von Neu­burg in Atem hiel­ten; Wolf­gang Wil­helm hat­te Be­auf­trag­te in Düs­sel­dorf, die es ihn ohne Ver­zug wis­sen las­sen soll­ten, wenn der er­war­te­te To­des­fall ein­trä­te. In­des­sen ver­gin­gen noch meh­re­re Jah­re un­ter wech­seln­den Gerüch­ten, bis Jan Wil­helm, ganz in Blöd­sinn ver­fal­len, im An­fang des Jah­res 1609 end­gül­tig starb.

      Ohne Zeit­ver­lust mach­te sich Wolf­gang Wil­helm mit ei­nem klei­nen Ge­fol­ge nach dem Nor­den auf, das Ziel sei­ner ge­schwin­den Rei­se mög­lichst ge­heim­hal­tend. Wäh­rend er durch die auf­ge­weich­ten Stra­ßen zog, un­ter hoch­schif­fen­den Früh­lings­wol­ken und feuch­ten Stür­men, und den Blick über die brau­ne Erde schwei­fen ließ, die von lang­sa­men Pflü­gen auf­ge­lo­ckert wur­de, hob sich sei­ne Brust un­ter an­ge­neh­men Träu­men. Nie­mand, dach­te er, wür­de so früh wie er von dem Tode Jan Wil­helms un­ter­rich­tet sein, er wür­de als der ers­te an­lan­gen und sich der Herr­schaft be­mäch­ti­gen. Gnä­dig wür­de er die Hul­di­gung der Stän­de im Na­men sei­nes Va­ters ent­ge­gen­neh­men und et­wai­ge Wi­der­sa­cher ent­schlos­sen beu­gen; der Bran­den­bur­ger wür­de am Ende froh sein, sei­ne An­sprü­che auf sei­ne Toch­ter über­tra­gen und sie ihm zur Ehe ge­ben zu kön­nen. Spa­ni­en wür­de vor­aus­sicht­lich al­les auf­bie­ten, um das Land in die ei­ge­ne Ge­walt oder in die ei­nes von ihm ab­hän­gi­gen Fürs­ten zu brin­gen; aber er brauch­te es nicht zu fürch­ten, da ja die Uni­on ihm zur Hil­fe­leis­tung ver­pflich­tet war und der Kö­nig von Frank­reich selbst ihn mit sei­nem Sie­ges­schwert ver­tei­di­gen wür­de. Die Vor­stel­lung schmei­chel­te ihm, wie um­sich­tig er Vor­sor­ge ge­trof­fen hat­te und dass viel­leicht ein Krieg un­ter den Völ­kern ent­bren­nen wür­de, um ihn zum reichs­ten Fürs­ten im Deut­schen Rei­che zu ma­chen.

      Er war ge­ra­de am Zie­le sei­ner Rei­se an­ge­langt, als ein wi­der­wär­ti­ger An­blick plötz­lich sei­ne fro­he Stim­mung um­kehr­te: er sah das wohl­be­kann­te bran­den­bur­gi­sche Wap­pen am Tore an­ge­schla­gen, ein Zei­chen, dass der Kur­fürst be­reits dort war oder durch einen Stell­ver­tre­ter von der Haupt­stadt Be­sitz er­grif­fen hat­te. Viel we­ni­ger hät­te es ihn er­bit­tert, wenn ihm spa­ni­sche Waf­fen ent­ge­gen­ge­st­arrt hät­ten, denn die­se hät­ten sei­ne Glau­bens­ge­nos­sen ver­drän­gen kön­nen; wer aber wür­de ihm hel­fen, den ver­hass­ten Ne­ben­buh­ler los­zu­wer­den? Kei­ner von den pro­tes­tan­ti­schen Fürs­ten wür­de ihm dar­in bei­ste­hen, das gan­ze Land un­ge­teilt für sich zu be­hal­ten. Ob­wohl ihm zu­nächst nichts üb­rig­b­lieb, als sich in die Tat­sa­che zu fü­gen, fühl­te er sich all­zu be­lei­digt, um es nicht den Mark­gra­fen Ernst von Bran­den­burg, des Kur­fürs­ten Ver­tre­ter, mer­ken zu las­sen, und es wäre zu ei­nem fol­gen­schwe­ren Zer­würf­nis ge­kom­men, wenn nicht Land­graf Mo­ritz von Hes­sen sich die Ver­mitt­lung hät­te an­ge­le­gen sein las­sen.

      Man möge doch auf ge­le­ge­ne­re Zeit ver­schie­ben, stell­te die­ser bei­den Par­tei­en vor, wie das Land un­ter sei­nen An­spre­chern zu tei­len sei, und jetzt alle Kräf­te dar­auf rich­ten, dass es nicht dem Kai­ser oder Spa­ni­en zu­fal­le. Bei dem Kamp­fe, der sich dar­über ent­spin­nen wer­de, müs­se man ei­nig sein, jetzt sei­en alle Um­stän­de güns­tig, die Habs­bur­ger, die Pest des Rei­ches, sei­en un­ter sich un­ei­nig, im Be­grif­fe, sich sel­ber zu ver­schlin­gen. Der Au­gen­blick sei


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