Fettnäpfchenführer Großbritannien. Michael Pohl
Eigentlich hatte Peter mit seiner Freundin Tanja nach England reisen wollen. Vor allem Tanja war es, die sich 2018 vom royalen Fieber hatte anstecken lassen: Als Prinz Harry damals seine Freundin Meghan Markle heiratete und man auch in Deutschland im Fernsehen sehen konnte, wie begeistert ganz England mitfeierte, stand das Reiseziel fest. Drei Wochen kreuz und quer durchs Land. Erst vier Tage London, dann mit dem Mietwagen Richtung Südwesten, das Rosamunde-Pilcher-Gefühl erleben. Anschließend hinauf gen Norden, Schottland, die Highlands, ein Abstecher nach Edinburgh.
KATE UND WILLIAM
Es war für viele der Inbegriff einer Traumhochzeit: Am 29. April 2011 traten Prinz William Arthur Philip Louis Mountbatten-Windsor und seine langjährige Freundin Kate (Catherine) Middleton in Westminster Abbey vor den Traualtar. Hunderttausende säumten die Straßen, etliche Millionen verfolgten die Hochzeit in aller Welt vor den Fernsehgeräten. Bereits seit Bekanntgabe des Termins im Vorjahr kursierte in Großbritannien das Kate-und-William-Fieber: Auf Tassen, Handtücher und anderen Souvenirs prangten seitdem die Konterfeis des Brautpaares.
Umfragen bescheinigten dem Königshaus zu dieser Zeit die höchste Popularität seit Langem. Seit den neunziger Jahren stand es zunehmend in der Kritik. Unter anderem warf man ihm falschen Umgang bei der Bewältigung des Todes von Prinzessin Diana vor. Bereits zuvor waren die Wellen hochgekocht wegen der dramatischen Ehe Dianas mit Prinz Charles, die schließlich in der Scheidung mündete. Und auch Charles’ zweite Hochzeit mit Camilla Parker Bowles am 9. April 2005 sorgte eher für Wirbel als für ein positives Image. Weil es die zweite Ehe des geschiedenen Charles war, durfte es keine offizielle königliche Trauung in Windsor Castle geben. Deswegen heiratete das Paar standesamtlich im Rathaus von Windsor. Auch zahlreiche Staatsgäste sagten unter Verweis auf den fehlenden offiziellen Charakter ab. Prinz William ist neben Prinz Harry einer der beiden Söhne von Charles und Diana. Er ist als ältester zugleich Thronfolger nach seinem Vater.
Doch Tanja ist nicht mehr das, was man eine Freundin nennt. Die beiden haben sich getrennt. Tanja ist seit einer Woche in Spanien auf Reisen – mit ihrem neuen Freund Kevin. Kevin. Allein dieser Name! Peter könnte immer noch um sich schlagen vor Wut. Aus Trotz hat er an seinen Reiseplänen festgehalten. England, allein. Endlich machen, was er will und wann er will. Super fand er damals spontan aus ganzer Überzeugung. Inzwischen relativiert er seine Ansicht: drei Wochen allein in einem ihm unbekannten Land? Wenn das mal gut geht ...
Was hat Peter falsch gemacht?
Er hätte sich vorher über das Kleingedruckte informieren sollen: London ist die Stadt der Flughäfen – ganze fünf liegen im direkten Einzugsbereich der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole: Heathrow, Gatwick, City, Stansted und Luton. Sie alle führen das Wort »London« in ihrem Namen. Doch wirklich zentral – sofern man das bei einem Flughafen überhaupt voraussetzen kann – liegen im Grunde nur London-Heathrow (gut 30 Kilometer von Stadtzentrum entfernt) und London-City (zwölf Kilometer). Hinzu kommen noch zwei weitere kleinere Airports, die inzwischen ebenfalls den Namen »London« führen, jedoch noch weiter entfernt sind: London-Oxford liegt knapp 100 Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt entfernt nördlich von Oxford. Und auch der Flughafen London-Southend hat mit der Hauptstadt nicht viel zu tun: Er liegt knapp 70 Kilometer östlich an der Themse-Mündung.
London-Heathrow (IATA-Code: LHR) ist mit jährlich rund 78 Millionen Flugreisenden der größte Flughafen Europas und der sechstgrößte der Welt. Er entstand in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts und besteht heute aus insgesamt fünf Terminals, wobei eines davon abgerissen und neu gebaut wird. Da es trotz der großen Kapazitäten nur zwei Start-Lande-Bahnen gibt, kommt es vergleichsweise häufig zu Verspätungen. Das britische Parlament hat den Bau einer dritten Bahn zwar beschlossen, es gibt jedoch massive Proteste der Anwohner. Heathrow ist seit 1977 über die Piccadilly-Linie der U-Bahn perfekt an das Londoner Nahverkehrsnetz angeschlossen. Zudem gibt es mit dem Heathrow Express eine Non-Stop-Zugverbindung zum Bahnhof Paddington. Alle 15 Minuten startet ein Zug, der nach 15 Minuten am Endbahnhof eintrifft. Heathrow ist das größte Drehkreuz der Fluggesellschaft British Airways und Ziel vieler großer Linienfluggesellschaften.
Der City Airport (IATA-Code LCY) wurde 1987 auf dem Gelände des früheren King-George-V-Docks in den Londoner Docklands eröffnet. Er verfügt lediglich über eine Startbahn, die zudem nur für kleine Maschinen zugelassen ist. Die größte Maschine, die dort landen darf, ist der Airbus A318. Dementsprechend kann man von den Docklands aus lediglich britische und europäische Flughäfen anfliegen, einzige Ausnahme ist ein sehr exklusiver Business-Class-Flug nach New York. Mit 4,3 Millionen Passagieren jährlich ist der City Airport der kleinste der Londoner Flughäfen. Durch seine Nähe zum Geschäftsviertel Canary Wharf ist er vor allem bei Geschäftsreisenden beliebt. Er ist über die Hochbahn Docklands Light Railway an das Londoner Nahverkehrsnetz angeschlossen.
London-Gatwick (IATA-Code LGW) liegt südlich des Autobahnringes M25, etwa 40 Kilometer von der Londoner Innenstadt entfernt. Der Flughafen ist mit jährlich 43 Millionen Passagieren die Nummer zwei unter Londons Flughäfen, im europäischen Vergleich steht er an Position acht. Und das bei nur einer einzigen Start- und Landebahn. Gatwick verfügt über zwei Terminals und wird von zahlreichen Fluggesellschaften – Linie, Charter und Billigfliegern – angesteuert. Eine U-Bahn-Anbindung wie in Heathrow gibt es nicht, dafür den Zug Gatwick Express, der den Flughafen alle 15 Minuten mit dem Bahnhof Victoria verbindet. Die Fahrtzeit beträgt rund 30 Minuten.
London-Stansted (IATA-Code STN) liegt genau genommen fern des Londoner Stadtgebietes in der Grafschaft Essex. Bis zum Stadtzentrum sind es rund 55 Kilometer. Eröffnet wurde der Airport 1942 als Militärflughafen, später zum Anti-Terror-Standort ausgebaut. Seine heutige Rolle als Passagierflughafen entwickelte Stansted erst in den neunziger Jahren, nachdem das neue, vom britischen Stararchitekten Sir Norman Forster entworfene Terminalgebäude eröffnet wurde. Inzwischen ist es vor allem Ziel zahlreicher Billigfluggesellschaften wie Ryanair und easyJet und zählt jährlich gut 24 Millionen Passagiere. Der Stansted Express verbindet den Flughafen in 46 Minuten mit dem Bahnhof Liverpool Street. Zudem gibt es Busverbindungen nach London, die rund die doppelte Zeit benötigen.
Auch der Flughafen London-Luton (IATA-Code LTN) wurde während des Zweiten Weltkrieges in Betrieb genommen. Er liegt etwa 55 Kilometer nordwestlich von London. Angeflogen wird Luton vor allem von Charter- und Billigfluggesellschaften. Jährlich fertigt der Airport gut 15 Millionen Passagiere ab. Er verfügt über die schlechteste Verkehrsanbindung an die Hauptstadt: Passagiere müssen erst mit einem Pendelbus zur Haltestelle Luton Airport Parkway, um von dort per Zug in gut 30 Minuten zum Londoner Bahnhof St. Pancras zu gelangen.
Billigfluggesellschaften werben oft mit überaus günstigen Preisen in die britische Hauptstadt – und erwähnen nur beiläufig, dass man fern der Innenstadt landet. Wenn dann für ein Ticket beispielsweise im Stansted Express noch knapp 30 Pfund (für eine Hin- und Rückfahrt) zu zahlen sind, relativiert sich das Flugschnäppchen oftmals. Hinzu kommt der Zeitfaktor: Der Stansted Express benötigt 46 Minuten nach London. Wer Geld sparen will und einen Bus vom Flughafen in die Stadt nimmt (17 Pfund hinund-zurück) benötigt rund doppelt so lang. Bei einem Wochenendtrip ist das wertvolle Zeit, die man lieber mit Sightseeing verbringen könnte. Wer wirklich in die Innenstadt Londons möchte, sollte versuchen, entweder in Heathrow oder noch besser am City Airport zu landen. Mehrere Linienfluggesellschaften fliegen diese Ziele an.
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PETER IM HOTEL
LONDON, 28. JULI, 15.29 UHR
London im Sommer kann erdrückend sein. Ein Hitzekessel liegt über der Acht-Millionen-Einwohner-Stadt. Die Luft ist heiß und drückend, wie in einem unbelüfteten Raum, auf den den ganzen Tag die Sonne brennt. Peter ist durchgeschwitzt. Er ist zu Fuß unterwegs vom Bahnhof Liverpool Street zu seinem Hotel, den Rollkoffer hinter sich herziehend, den Rucksack auf dem Rücken klebend. Den Nächsten, der ihm vom angeblich ständig schlechten Wetter in Großbritannien erzählt, werde er persönlich zusammenstauchen, hat er sich irgendwo zwischen der Fenchurch Street und dem