Der König und sein Spiel. Dietrich Schulze-Marmeling

Der König und sein Spiel - Dietrich Schulze-Marmeling


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auch nicht erfolgreich: Am Aachener Tivoli regiert nun Friedhelm Funkel.

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      Hans Meyer, der deutsche Import

      Hans Meyer (Jahrgang 1942) ist eine Kultfigur im deutschen Fußball. Nicht nur wegen seiner zuweilen sarkastischen und von Selbstironie geprägten Wortmeldungen. Hans Meyer war vor allem ein ziemlich erfolgreicher Trainer – im Osten wie im Westen Deutschlands und auch in den Niederlanden.

      In der Saison 2000/01 führte Meyer Borussia Mönchengladbach zurück in die Bundesliga. In der Saison 2003/04 rettete er Hertha BSC Berlin die Erstklassigkeit. Beim 1. FC Nürnberg heuerte er an, als dieser im November 2005 das Ende der Bundesligatabelle zierte. Meyer führte die Franken zunächst zum Klassenerhalt und eine Saison später auf den sechsten Platz – die beste Platzierung für den ehemaligen Rekordmeister seit der Spielzeit 1987/88 – und zum DFB-Pokalsieg. In der Saison 2008/09 bewahrte Meyer ein weiteres Mal die Gladbacher vor dem Abstieg. Seit dem Sommer 2011 ist Hans Meyer viertes Präsidiumsmitglied von Borussia Mönchengladbach. Ich treffe Hans Meyer in der Bar des Nürnberger Grand Hotels, wo einst der deutsche Fußballpionier und „Kicker“-Gründer Walther Bensemann residierte und Hof hielt.

      Den Spieler Johan Cruyff durfte Hans Meyer nur von der Auswechselbank aus betrachten. In der Saison 1969/70 begegneten sich Carl Zeiss Jena und Ajax im Viertelfinale des Messepokals. Meyer drückte die Bank, die Saison 1969/70 war seine letzte als Oberligaspieler. Bereits im Alter von nur 27 Jahren beendete Meyer, der nebenbei noch ein Studium zum Sport- und Geschichtslehrer absolvierte, seine aktive Karriere.

      Das Spiel gegen Ajax gewann seine Elf am 4. März 1970 vor 22.000 Zuschauern auf dem Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld sensationell mit 3:1. Nach nur einer guten halben Stunde führten die Gastgeber durch Tore von Roland und Peter Ducke sowie Helmut Stein mit 3:0. Dann flog auf, dass sich das Team von Trainer Georg Buschner auf dem glatten gefrorenen Boden einen kleinen Vorteil verschafft hatte. Während die Jenenser Standfestigkeit bewiesen, rutschten die Niederländer nur hilflos herum. Einige Spieler hatten ihre Stollen angespitzt. Als Johan Cruyff ein Stutzen aufgeschlitzt wurde, sah sich der Schiedsrichter zum Einschreiten genötigt, und einige Spieler mussten das Schuhwerk wechseln. Trotzdem kamen die prominenten Gäste erst in der 90. Minute durch Valibor Vasovic zum Anschlusstreffer. Rinus Michels war erleichtert: „Dieses Tor war äußerst wichtig. Es hält für das Rückspiel alles offen.“

      Auf dem Ernst-Abbe-Sportfeld hatte Ajax mit neun Spielern begonnen, die knapp 15 Monate später auch im Londoner Wembleystadion auf dem Rasen standen, als das 16. Finale des Europapokals der Landesmeister abgepfiffen wurde: Valibor Vasovic, Barry Hulshoff, Nico Rijnders, Sjaak Swart, Dick van Dijk, Piet Keizer, Wim Suurbier, Gerrie Mühren und Johan Cruyff. Aus der Anfangsformation des späteren Europapokalsiegers (Ajax schlug Panathinaikos Athen mit 1:0) waren nur Keeper Heinz Stuy und Johan Neeskens in Jena nicht dabei, dafür aber Ruud Krol, der in London wegen einer Verletzung ausfiel.

      Im Rückspiel erwarteten Carl Zeiss Jena im Amsterdamer Olympiastadion ein wütendes Ajax und 60.000 Zuschauer. Nichtsdestotrotz ging Jena zunächst in der 17. Minute durch Peter Ducke in Führung. Doch anschließend rollte nur noch der Ajax-Express. Der erneut nur auf der Bank hockende Hans Meyer hoffte innigst, „dass Buschner nicht auf die idiotische Idee kam, mich einzuwechseln“. Vasovic, Swart und Keizer schossen bis zur Pause eine 3:1-Führung heraus und damit den Gleichstand. Nach dem Wiederanpfiff trafen abermals Swart sowie Cruyff, und Ajax gewann mit 5:1. Meyer: „Ajax hat nicht einfach nur gewonnen, sondern Fußball zelebriert. Man dachte ständig, die haben zwei, drei Spieler mehr auf dem Feld – wegen ihres fantastischen Positionsspiels und ihrer fußballerischen Klasse.“

      Intensivere Erfahrungen mit dem niederländischen Fußball machte Hans Meyer während seiner Trainerlaufbahn. Die begann er am 1. Juli 1971 zunächst als Trainer der 1. Mannschaft von Carl Zeiss Jena. Mit 28 Jahren ist er der jüngste Trainer in der DDR-Oberliga. 1972, 1974 und 1980 gewinnt er mit den Jenensern den DDR-Pokal (FDGB-Pokal), 1980/81 erreicht er mit seinem Team das Finale des Europapokals der Pokalsieger, wo Carl Zeiss vor nur 9.000 Zuschauern Dinamo Tiflis im Düsseldorfer Rheinstadion knapp mit 1:2 unterliegt. Der Siegtreffer fällt erst in der 87. Minute.

      Der Trainer Meyer bildet sich auch in den Niederlanden fort. 1975 durfte Meyer acht Wochen in den Niederlanden hospitieren – drei Wochen in der KNVB-Trainer-Kaderschmiede Zeist bei Utrecht, vier Wochen bei Feyenoord Rotterdam, das damals von dem Polen Antoni Brzezanczyk trainiert wurde, und eine Woche in Amsterdam bei Rinus Michels, der im Sommer vom FC Barcelona zu Ajax zurückgekehrt war. Der DDR-Leistungsfußball konnte dank einer extremen Unterstützung durch die Sportwissenschaften auf fundierte Resultate zurückgreifen. Als man in der Bundesrepublik noch über Sportpsychologen bestenfalls Witze machte, stand ein solcher Meyer in Jena bereits zur Seite – Dirk Enke, der Vater des im November 2009 freiwillig aus dem Leben geschiedenen Bundesliga- und Nationaltorhüters Robert Enke.

      Als Hans Meyer im Januar 1996 in den Westen ging, übersprang er zunächst gewissermaßen die alte Bundesrepublik und wurde Trainer bei Twente Enschede. Meyer gelang der Aufbau eines schlagkräftigen Teams und bewirkte in der Grenzstadt einen Boom. Die Saison 1995/96 beendete Twente in der Eredivisie auf Platz zehn Eine Spielzeit später wurde der Klub sensationell Dritter – hinter Meister PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam und vor Ajax Amsterdam. Aber Twente hatte nicht nur sportlich enorm zugelegt. Immer mehr Zuschauer kamen ins alte Diekman-Stadion. Im Mai 1998 konnte Twente eine neue Arena (Arke-Stadion) beziehen, die heute den Namen „De Grolsch Veste“ trägt.

      Als Twente, „wie auch schon damals üblich für Subtop-Mannschaften“ (Meyer), in den folgenden Spielzeiten Spieler en masse verkaufte (Arnold Brügging, Niels Oude-Kamphuis, Nico Jan Hoogma, Bosveld, Jan Vennegoor of Hesselink, Jan van Halst), rutschten die „Tukkers“ zurück ins Mittelfeld, und es begann das landesübliche Nörgeln einiger Journalisten am „unattraktiven Spielstil“ des Teams. In vorderster Front der Nörgler: ein Intimus von Johan Cruyff – Johan Derksen von der Zeitschrift „Voetbal International“. Meyer: „Ein anerkannter Fußballfachmann mit einer legendären Kolumne, in der er ‚das Problem’: ‚Wir haben in den Niederlanden sehr gute Trainer, wieso müssen wir Deutsche importieren’, aufgriff – nicht immer fair, aber Herbert Neumann und ich waren ja nicht verwöhnt. (Der ehemalige Fußballprofi Herbert Neumann trainierte in den Niederlanden 1992-95 und 1998/99 Vitesse Arnheim, 1997/98 NAC Breda und 2005/06 VV Venlo, Anm. des Autors.) Mittlerweile hat sich die Einstellung zum deutschen Fußball genauso verändert, wie sich die Fußballrealisten unter den Trainern in unserem Nachbarland durchgesetzt haben. Bestes Beispiel für diese These ist eigentlich Bert van Marwijk.“

      Aber in Meyers Twente-Jahren wurde bereits die geringste Abkehr von der Cruyff’sche Idee vom offensiven und attraktiven Spiel mit Argusaugen beobachtet und mitunter hart gegeißelt. Was Hans Meyer unverändert schätzt, ist die niederländische Ausbildung und deren konsequenter Charakter: „Die Niederländer haben eine klare Vorstellung davon, wie sie Fußball spielen wollen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Ausbildung, das gab es bis vor Kurzem so in keinem anderen Land.“

      Dazu gehört vor allem das 4-3-3, für Johan Cruyff das A und O der niederländischen Taktikschulung. Auf einem Blatt, dass er anschließend genauso schnell verschwinden lässt wie Lucien Favre, zeichnet Meyer die Vorteile dieses Systems als Ausbildungsmodell auf. Dabei verweist er besonders auf den Aspekt, dass alle Nachwuchsmannschaften „in der wichtigsten Trainingseinheit der Woche, dem Wettkampf, mit mehr kreativen Positionsanforderungen konfrontiert werden als bei allen anderen Systemen“.

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      Marcel Rözer, „zu Tränen gerührt“

      Der niederländische Journalist Marcel Rözer (Jahrgang 1959) gehörte zu den Mitbegründern des heute nicht mehr existierenden „alternativen“ Fußballmagazins „JOHAN“. Zudem ist er Autor von Fußballbüchern, für die er bereits zwei Literaturpreise erhielt, darunter eine vergleichende Biografie über Franz Beckenbauer und Johan Cruyff sowie den Familien der berühmten Kicker: „Beckenbauer & Cruijff. De Keizer en de Verlosser“ (Beckenbauer und Cruyff: Der Kaiser und der Erlöser). Ein Buch, das sich wie ein Roman liest. Als Rözer es im Amsterdamer


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