Der Selbst-Entwickler. Jens Corssen

Der Selbst-Entwickler - Jens Corssen


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eigene hervorragende Leistung ist kein Garant mehr für das Erreichen von Zielen.

      In der heutigen Zeit müssen Mitarbeiter, besonders jene in den großen Unternehmen, lernen, dass Leistungsfähigkeit und Erfolg oft nicht mehr direkt miteinander verbunden sind. Es gibt keine Garantie für Erfolg mehr: »Ich kann mich noch so leidenschaftlich und konsequent in eine Aufgabe verbeißen, trotzdem weiß ich nicht, ob diese Anstrengung sinnvoll ist. Das Unternehmen fusioniert vielleicht, und alles ändert sich. Mag sein, dass die Produkte, an deren Entwicklung ich mitarbeite, nie zur Marktreife gelangen und die Abteilung aufgelöst wird. Ich habe wegen der Arbeit meine Kinder vernachlässigt, ich habe meine Ehe aufs Spiel gesetzt – und alles war umsonst!«

      Derlei resignierte Aussagen höre ich immer wieder. Nicht wenige Mitarbeiter kündigen in solchen Situationen innerlich oder verfallen in Sarkasmus – eine gefährliche Situation für jedes Unternehmen. Selbst die »Verantwortlichen« sind nicht vor Depressionen gefeit, wenn Sie mit Misserfolgen konfrontiert werden. »Sie haben es nicht geschafft – das sind die Fakten«, heißt es dann. Letztlich sind es jedoch nicht die Fakten, die eine innere Kündigung oder eine Depression auslösen, sondern das, was die Betroffenen der Situation ganz persönlich an negativer Beurteilung hinzufügen – und sich damit zum Opfer machen.

      Wer hingegen diese Opferhaltung aufgibt, Eigenmacht aufbaut und seinen persönlichen Lernprozess fortsetzt, macht damit automatisch geistig-seelischen Umsatz, der Freude und materiellen Gewinn mit sich bringt, und kann trotz allem eine positive Bilanz ziehen: »Oft haben wir uns gefreut, wenn wir ein Problem gelöst hatten. Wir haben Erfolge gefeiert. Und dann lief es nicht mehr so, wie wir es erwartet hatten. Aber ich habe stets mein Bestes gegeben, ich habe mich überwunden.«

      Hat man diesen Zusammenhang begriffen und verinnerlicht, kann man unverdrossen weitermachen, ohne Schaden an Seele, Geist und Körper zu nehmen.

      Erfolg muss heute neu definiert werden.

      Wer heute auf Dauer als Erfolgsmensch eingeschätzt werden und sich auch selbst so fühlen möchte, kommt nicht umhin, Erfolg neu zu definieren. Erfolg ist nicht mehr nur beruflicher Erfolg, Karriere, Verdienst, Anerkennung, Macht. Erfolgreich ist auch, wer eine stabile Gesundheit hat, wer zufrieden stellende Beziehungen zu anderen Menschen unterhält, wer Kinder zu glücklichen und selbstbewussten Persönlichkeiten erzieht, wer trotz Verantwortung in Beruf und Familie seine eigene Entwicklung nicht vernachlässigt.

      Man fasst die Voraussetzungen, die hierfür notwendig sind, unter dem Schlagwort »emotionale Intelligenz« zusammen: Selbst-Reflexion, Selbst-Kontrolle, Motivation, Empathie und soziale Kompetenz sind heute die wichtigsten Erfolgsfaktoren, im Privatleben wie im Beruf.

      Diese Neudefinition von Erfolg kommt einem Paradigmenwechsel gleich, der das Selbstwertgefühl nicht bedroht und das seelische Überleben garantiert. Überschaubare Bereiche, in denen der Einzelne selbstbestimmt und gestalterisch tätig sein kann, gewinnen damit an Bedeutung. Hier erschafft der SELBST-ENTWICKLER den Raum für Neues und hat die Gelegenheit, das eigene Leben und Erleben wieder selbst zu steuern. Und das erzeugt das notwendige Selbstvertrauen.

      Ich habe Teilnehmer in meinen Seminaren gefragt: »Was, glauben Sie, zeichnet einen erfolgreichen Menschen aus?« Die folgenden Eigenschaften wurden immer wieder genannt:

      • Offenheit

      • Unvoreingenommenheit

      • Zuversicht

      • Lernbereitschaft

      • Flexibilität

      • Aufnahmefähigkeit

      • Distanziertheit

      • Disziplin

      • Achtsamkeit

      • Humor

      • Religiosität

      • Selbstvertrauen

      • Toleranz

      • Gelassenheit

      • Dankbarkeit

      • Freude

      • Beseeltheit

      • Stärke

      • Mut

      • Selbstbesinnung

      • Neugier

      • Kreativität

      • Qualitätsbewusstsein

      • soziale Kompetenz

      Und auf die Frage, über welche Fähigkeiten ein erfolgreicher Mensch verfügt, antworteten die Teilnehmer mit folgenden Statements:

      • Er kann zuhören.

      • Er lebt bewusst.

      • Er hat Freude an der Arbeit.

      • Er kann aus Fehlern lernen.

      • Er kann entspannen.

      • Er kann sich spüren.

      • Er kann konfrontieren.

      • Er kann mitfühlen.

      • Er kann Emotionen zeigen.

      • Er kann Chancen wahrnehmen.

      • Er ist kreativ.

      • Er sieht Lösungen und nicht nur Probleme.

      • Er kann Niederlagen wegstecken.

      • Er blickt nach vorn.

      • Er hat den Sinn des Ganzen begriffen.

      • Er kann sich überwinden.

      • Er bietet Halt.

      • Er ist Vorbild und hat ein Vorbild.

      • Er hat Spaß.

      • Er ist selbstkritisch.

      • Er kann Dinge in Frage stellen.

      • Er denkt positiv.

      • Er kann Nein sagen.

      • Er kann loslassen.

      • Er kann glücklich und zufrieden sein.

      • Er ist motiviert und kann motivieren.

      • Er ist selbstbestimmt.

      Diese Aufzählung könnte entmutigen. Das alles sollen wir mitbringen, um aufgestellt und erfolgreich zu sein!? Zu fast jedem dieser Themen könnte ich ein Seminar anbieten: Flexibilität, Kreativität, Toleranz, Überwindung, Gelassenheit, Glück ... Schon die Religionen haben es nicht geschafft, Gut-Menschen aus uns zu machen. Und jetzt verpflichten die Unternehmen Management-Trainer, die ihre Mitarbeiter glücklich und erfolgreich machen sollen. Was für ein Anspruch!

      Die meisten Menschen sammeln nur Informationen, um ihre eigene Wahrheit zu bestätigen.

      Meiner Überzeugung nach entwickeln sich jene Tugenden, die den geistig-seelischen Umsatz fördern, als Nebenprodukte eines intensiven Lebens im (bewusst gelebten) Kontext des SELBST-ENTWICKLERS: Wer stets bereit ist, sein Denken und Handeln zu reflektieren, wer mit feuchten Händen die »Komfortzone« verlässt, wer zu seinen Gefühlen steht und sie auch zeigt, wer im Auf und Ab des Lebens sein Bestes gibt und nicht andere, sondern sich selbst entwickeln will – dem wird vieles von selbst zufallen!

      Aber wer hat schon Lust, sich wirklich zu ändern? Wir neigen dazu, unser Glaubenssystem immer mit den Informationen zu verstärken, die in unsere Denkmuster passen. Das, wovon wir schon eine Idee haben, begreifen wir leichter. Deshalb ist es schwierig, etwas wirklich Neues anzunehmen, die eigenen Einstellungen für ein besseres Lebensgefühl und das Erreichen eines Zieles zu verändern. In einer Testreihe hat man ermittelt, wie sehr Menschen versucht sind, ihre eigene Meinung und ihre Glaubenssätze zu verteidigen: Personen, die sich für die Todesstrafe ausgesprochen hatten, legte man viele kluge Argumente gegen die Todesstrafe und einige wenige Argumente für die Todesstrafe vor. Das Ergebnis zeigte, dass sich das Urteil dieser Personen verfestigte; sie waren noch leidenschaftlicher


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