Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola Larsen
werden sehr angetan sein von der neuen Ausstattung und den kleinen Veränderungen, die ich vornehmen ließ.«
»Ja, natürlich«, murmelte der junge Mann. Der Baron machte einen ausgezeichneten Eindruck auf ihn, und es fiel ihm schwer, diesem Mann übelzunehmen, dass er jetzt Schloss Erlau besaß.
»Der Tod Ihres Herrn Vaters hat mich natürlich sehr getroffen«, fuhr der Baron fort, »ich war oft in Tihany wegen der Verkaufsverhandlungen. Ich habe Ihrer Frau Stiefmutter einen Besuch abgestattet, da ich leider wegen einer Auslandsreise nicht an der Trauerfeier teilnehmen konnte. Dort hätten wir uns sicher schon kennengelernt.«
»Wahrscheinlich«, sagte Sandor ein wenig hilflos. Dann nahm er allen Mut zusammen und trug sein Anliegen vor.
Man merkte ihm an, wie schwer es ihm fiel, den Bittenden zu spielen. Der Baron hatte Mitleid mit ihm, aber er konnte ihm unmöglich sagen, dass er schon alles wusste.
»Ich habe alle Unterlagen mitgebracht, nachdem ich auch mit meinem Gutsverwalter gesprochen habe«, erklärte Graf Sandor, »daraus können Sie sich ein genaues Bild meiner augenblicklichen Verhältnisse machen.«
»Das wird sich schon ermöglichen lassen, Graf. Sicherheiten können Sie meiner Bank ja ohne Weiteres bieten. Außerdem kenne ich Ihren Besitz und ich weiß, was er wert ist. Natürlich werde ich mir die Unterlagen heute noch genau ansehen, denn immerhin muss sich ein Kredit in dieser Höhe auch für Sie lohnen.«
»Das habe ich alles durchdacht. Ich überlasse jedoch Ihnen als Fachmann die Entscheidung.«
Der Baron lächelte seinen Besucher herzlich an.
»Es freut mich, dass Sie mir solches Vertrauen schenken.«
»Ich müsste Ihnen das Gleiche sagen«, erwiderte Graf Sandor. Er erhob sich. »Wann darf ich mit Ihrer Entscheidung rechnen, Baron?«
»Morgen schon, wenn es Ihnen recht ist. Ich rufe Sie an, oder noch besser, kommen Sie morgen um die gleiche Zeit wieder hier vorbei. Bis dahin habe ich alle Vorbereitungen für den Kreditantrag getroffen und wir können die Sache perfekt machen.«
»Das wäre sehr schön.« Graf Tihany atmete auf.
»Wohnen Sie bei Ihrer Frau Stiefmutter?«, fragte der Baron höflich.
»Nein! Sie weiß nicht, dass ich hier bin. Ich möchte auch nicht, dass sie es erfährt. Wir haben kein besonders gutes Verhältnis zueinander. Es bestand noch niemals. Ich habe mich nur aus diesem Grund im Ausland aufgehalten.«
»Ich füge mich vollkommen Ihren Entschlüssen, Graf. Ich kann Ihre Empfindungen durchaus verstehen. Also bis morgen. Ich freue mich, Sie kennengelernt zu haben, und sähe Sie gern und bald als Gast auf Schloss Erlau. Natürlich tut es mir leid, Ihnen diesen Besitz weggekauft zu haben. Aber Ihr Vater befand sich, wie er mir sagte, in großen Schwierigkeiten und da …«
»Ja, ich weiß«, murmelte Graf Sandor dumpf. »Ich trage Ihnen nichts mehr nach. Ich habe mich damit abgefunden, dass Erlau nicht mehr zu Tihany gehört. Ich werde von jetzt an meine ganze Aufgabe darin sehen, den Stammsitz der Familie zu erhalten.«
»Wenn Sie bei dieser Aufgabe meinen Rat brauchen, stehe ich gern zu Ihrer Verfügung.«
Nach der Verabschiedung des Grafen rief Baron Waldstein seine Tochter an.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte er, »morgen bekommt er seinen Kredit. Ich werde seine Unterlagen genau prüfen, aber die Sache wird schon klappen.«
»Oh, Papa«, rief Elga. »Ich bin außer mir vor Freude! Wie gefällt er dir?«
»Hm! Ich kann dich völlig verstehen, mein Kleines. Trotzdem verrenne dich nicht zu sehr in diese Sache, denn ihr Ausgang ist noch ungewiss.«
Aber Elga hörte nur halb auf diese Mahnung. Sie schickte dem Vater tausend Küsschen durchs Telefon und wartete nun fieberhaft auf das Zusammentreffen mit Sandor, der gegen Abend zurückkommen und sie auf der Rückfahrt von der Stadt in Erlau abholen wollte.
Sie hielt sich vom späten Nachmittag an im Park von Erlau auf, um das Geräusch seines Wagens nicht zu verpassen.
Als sie es endlich vernahm, rannte sie zum Torbogen und kam atemlos auf der Brücke an, genau in demselben Moment, in dem er hielt und ausstieg.
Sie flog ihm um den Hals. Niemand war weit und breit zu sehen.
»Hattest du Erfolg?«, fragte sie, und es gelang ihr wirklich gut, die Ahnungslose zu spielen.
»Ja«, sagte er aufatmend und presste sie an sich. »Ich danke dir für diesen guten Rat, Elga. Es war wirklich das Vernünftigste, was ich tun konnte. Ich wäre bestimmt nicht darauf gekommen.«
»Weil du zu stolz warst«, flüsterte sie und schmiegte sich an ihn.
»Ja, das spielte natürlich mit. Ich bekomme den Kredit. Morgen schon. Der Baron ist ein ungewöhnlich sympathischer Mann. Ich muss ihm Abbitte leisten. Er war gleich sehr nett zu mir und überbrückte meine Verlegenheit. Ich wurde sogar nach Erlau eingeladen. Hoffentlich hat er dabei keine Hintergedanken.«
»Weshalb? Etwa wegen seiner Tochter?«
»Möglich wäre es schon. Allerdings traue ich diesem Mann so etwas nicht zu. Und für seine Tochter wird er bestimmt einen ebenso reichen Mann aussuchen.«
Sie küsste ihn. »Mach dir darüber jetzt keine Gedanken, Sandor. Nimm das Geld und lege es in deinem Besitz so gut an, dass ein Gewinn dabei herausspringt.«
»Was bist du für ein kluges Mädchen«, murmelte er zärtlich. »Ach weißt du, ich fühle mich wie von einem Alb befreit. Ich werde gleich alles mit Lindemann besprechen. Es gibt in den nächsten Wochen sehr viel zu tun.«
Er legte den Arm um sie, und sie gingen auf dem breiten Waldweg spazieren. Graf Sandor unterbreitete Elga seine Pläne, und sie warf ab und zu einen Ratschlag hin, den er sofort akzeptierte. Dann fuhr er nach Tihany zurück.
Elga blieb in Erlau, denn er wollte den ganzen Abend mit Lindemann über die neuen Maßnahmen sprechen.
Am nächsten Tag bekam er seinen Kredit von der Bank. Baron Waldstein empfing ihn wieder persönlich, und die beiden Herren unterhielten sich eine ganze Weile über verschiedene Themen, in denen sie einer Meinung waren. Beide fanden sie sich noch sympathischer als am Tag zuvor.
*
Zwei Tage später zog Baron Waldstein mit der Hausdame, Fräulein Achenbach, und seinem Sohn Albert in Erlau ein.
Alles war festlich für den Empfang vorbereitet. Auch Elga war anwesend. Sie hatte sich etwas ausdenken müssen, damit Sandor ihr heutiges Fernbleiben nicht falsch deutete.
Ihr völlig verändertes Wesen fiel ihrem Bruder und Fräulein Achenbach auf, und der Baron sah sich genötigt, natürlich mit dem Einverständnis Elgas, den beiden reinen Wein einzuschenken über das Abenteuer, in das sich Elga eingelassen hatte.
Fräulein Achenbach meinte zuversichtlich, es würde wohl doch alles zu einem glücklichen Ende führen. Der Baron konnte nicht ganz zustimmen. Auch Albert, der seine Schwester zunächst wie ein Weltwunder betrachtete, hatte Bedenken, dass der Graf alles in den falschen Hals bekommen werde, wie er sich drastisch ausdrückte.
Trotzdem stießen alle mit Elga an und wünschten ihr ein gutes Ende ihrer Romanze mit dem Grafen.
Graf Sandor saß an diesem Tag über den Haushaltsplänen, die er zusammen mit Herrn Lindemann ausarbeitete. Ab und zu sah er verträumt zum Fenster hinaus. Er dachte an Elga, und die Tatsache, dass er sie heute nicht sehen würde, weckte eine verzehrende Sehnsucht in ihm. Aber er verstand natürlich, dass sie sich an einem Tag ihren Verwandten widmen musste, die sicher ohnehin schon schiefe Gesichter gemacht hatten.
»Übrigens ist meine Tochter gestern gekommen«, erzählte Herr Lindemann in einer Verschnaufpause, »sie würde sich sehr freuen, Sie wiederzusehen, Herr Graf. Meine Frau erlaubt sich daher, Sie zum Abendessen einzuladen. Würde es heute gehen?«
»Ja, das geht. Natürlich! Auch ich freue mich auf Fräulein