Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman. Helga Torsten

Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman - Helga Torsten


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starrte geradeaus.

      Ihr fiel wieder Harald Brockdorff ein, der sich von ihr abgewandt und ausschließlich mit Professor Ringlings Tochter getanzt hatte.

      »Vielleicht war es so ganz gut!« Jasmine senkte den Kopf.

      »Sie denken an Brockdorff!« sagte der Mann am Lenkrad plötzlich laut, nachdrücklich und scharf.

      »Ich weiß es nicht!« Jasmine würgte.

      Irgend etwas saß ihr in der Kehle.

      Weshalb nur wußte sie über sich selbst nicht Bescheid?

      Ein kluges Mädchen! sagten früher ihre Kommilitonen.

      Ach, was bedeutete Klugheit.

      »Kann ich Ihnen helfen?« Michail hielt jetzt den Wagen an. Sie standen vor einem großen Schaufenster, in das man aus Kinderspielzeug einen Märchenwald gebaut hatte.

      Da schluchzte Jasmine laut auf.

      »Ich bin so müde!« entschuldigte sie sich.

      »Ich kann mir nicht denken, daß ein Mann, der Sie wirklich von Herzen liebt, einer Charlotte Ringling nachschaut!« Michail von Bassarow starrte geradeaus.

      Er wollte jetzt nicht in die feuchten Augen Jasmines sehen, weil er sie, die tapfer und klug von Natur aus war, nicht beschämen wollte. Es gab eben Dinge im Leben, die man übersehen mußte.

      »Charlotte Ringling ist aber sehr schön«, sagte Jasmine und starrte gerade in das riesige Eckschaufenster mit dem Märchenwald.

      »Und sie ist« – nun schluckte Jasmine – »nun, sie hat einen Vater, der Professor ist und eine Klinik besitzt. Und Harald…«

      Der neben ihr Sitzende sagte nichts.

      Er dachte nicht mehr, daß dieses Mädchen neben ihm töricht sei. Sie schien die Menschen ganz gut zu durchschauen.

      »Nun, ich werde sehen. Ich kenne Professor Ringling sehr gut. Übrigens, glaube ich, daß auch Sie ihm gut gefallen.«

      »Ich? Wieso denn ich?«

      »Sie sollten sich einmal mehr um sich selbst kümmern!« sagte Michail nur kurz. »Und nun kommen Sie. Ein bißchen Fest wollen wir nachholen. Ich werde uns noch einen Drink mixen. Vielleicht gibt es ein paar späte Gäste. Und Sie schnuppern trotz der Müdigkeit noch ein wenig Ballseligkeit.«

      Da wandte Jasmine den Kopf zu ihrem Begleiter.

      Sie fuhr sich energisch mit der kleinen Hand über die noch immer mit Tränen gefüllten Augen.

      »Herr von Bassarow«, sagte sie sehr nachdenklich – ihre Augen wanderten beinahe prüfend über des Mannes Antlitz – »Sie haben doch das Zeug zu einem guten Vater. Wirklich! Weshalb lassen Sie Stoffel und Vronli so allein aufwachsen?«

      »Das Zeug zu einem guten Vater?«

      Michail von Bassarow schien betroffen.

      Einen Vater sah sie also in ihm, diese kleine Schneekönigin.

      Bin ich schon so alt? Der Mann hob das Gesicht und blickte in den Rückspiegel.

      Tatsächlich, er hatte graue Schläfen. Aber das hatten dunkelhaarige Menschen meist sehr früh. War er am Leben, am wirklichen Leben vorübergegangen?

      Entzog sich ihm jetzt das Leben, weil er selbst nicht mitgelebt hatte?

      Waren diese Worte des Mädchens neben ihm, das zum ersten Male ein Gefühl der tiefen Liebe in ihm geweckt hatte, die Quittung für all das, was er trotz seines berühmten Namens, trotz der großen Anerkennung auf seinem Fachgebiet versäumt hatte?

      »Sie meinen wohl, ich könnte auch Ihnen als guter Vater helfen, wie?«

      Er sprach es so barsch, daß Jasmine ganz verschüchtert in sich hineinkroch.

      »Sie sagten doch so etwas… und Harald…«

      Des Mannes Stimme wurde nicht freundlicher.

      »Zwingen kann man keinen zur Liebe. Aber immerhin – ich versprach Ihnen ja schon, mit Professor Ringling zu sprechen. Er könnte die zur Zeit offenstehende Stelle an Dr. Brockdorff vergeben, weil er tüchtig ist. Und weil diese Stelle eine gesunde wirtschaftliche Basis für… für eine Ehe wäre! Ich glaube ohnehin nicht, daß Professor Ringling einen fremden Arzt vorzöge.«

      »Meinen Sie?«

      Jasmine fragte das ein wenig ungläubig.

      »Ja!« Michail Bassarows Stimme war jetzt grimmig, wie die alter Kutscher aus dem vorigen Jahrhundert.

      »Und jetzt nennen Sie Ihre Straße und die Hausnummer!«

      »Sie sagten doch…«

      Als der Mann wieder hart die Stimme erheben wollte, legte ihm Jasmine die Hand auf den Arm.

      »Ich muß noch einmal zu Ihnen. Nicht wegen des Drinks.« Nun schlug Jasmine die Augen zu dem Mann auf, ganz groß und leuchtend.

      Der Glanz einer unendlichen Liebe zu seinen Kindern lag in ihnen. »Ich habe Vronli versprochen, ihr das Harlekinchen morgen mitzubringen. Es ist doch bei Ihnen im Kinderzimmer zurückgeblieben.«

      »Also!« Der Mann senkte beinahe ergeben den Kopf.

      Diesem Mädchen konnte man einfach nicht widerstehen.

      Michail war unzufrieden mit sich selbst, während er die kleine Jasmine seiner großen Villa zufuhr.

      *

      Es war so spät, daß keiner der Gäste zurückgeblieben war. Nur in den Personalräumen war noch Betrieb.

      »Man suchte Sie, Fürst!« erklärte die völlig übermüdete Hausdame Frau Franzen.

      »Kann ich etwas dafür, wenn meine Kinder plötzlich Masern bekommen? Ich denke, es ist alles in meiner Abwesenheit gut verlaufen?«

      Frau Franzen nickte.

      Michail von Bassarow wußte, daß er sich in allem auf sie verlassen konnte.

      »Also dann, gute Nacht!« Er nickte der Frau zu, die seit Jahren seinem großen Hauswesen vorstand.

      »Soll ich nicht noch… ich meine…«

      Frau Franzens Augen deuteten auf Jasmine.

      »Ach so! Nein! Fräulein Rasmussen will nur noch Vronlis Puppe holen, um sie ihr morgen mit ins Krankenhaus zu nehmen. Ich bringe Fräulein Rasmussen selber nach Hause.«

      »Sehr wohl!« Frau Franzen nickte. Sie sagte dann nur noch: »Marie wird das Harlekinchen herunterbringen.«

      Wenige Minuten später gab das Mädchen Jasmine die Puppe in die Hand.

      Michail von Bassarow hatte Jasmine in das Arbeitszimmer geführt, an dessen Wand das Bild hing, das ihm unverkäuflich war.

      Er schaltete das Licht hell ein.

      »Einen Drink?« fragte er und schob der müden und frierenden Jasmine schon ein Glas hin.

      Dann fühlte sie plötzlich des Mannes Hände auf ihren Schultern.

      Noch ehe sie abwehren konnte, hatte er sie herumgedreht, so daß sie sich selber und auch das Gemälde der Madonna von unbekannter Künstlerhand nebeneinander im Spiegel sah.

      Die Ähnlichkeit war so überwältigend, daß Jasmine erschrocken zurückzuckte.

      »Sie müssen schon einmal durch ein früheres Jahrhundert gegangen sein, kleine Jasmine! Dem Maler dieses Bildes sind Sie auf jeden Fall begegnet. Die Ähnlichkeit ist überraschend.«

      Jasmine starrte noch immer in den Spiegel.

      Ich bin verhext, einfach verhext! dachte sie.

      Jasmine war so blaß, daß sie vor sich selbst erschrak.

      Was hatte dieser Abend gebracht?

      Da war Harald Brockdorff,


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