Waldbrandfrüherkennung. Dirk Schneider

Waldbrandfrüherkennung - Dirk Schneider


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in weiten Teilen der Bevölkerung und verantwortlichen Stellen tatsächlich der Fall ist.

      Betrachtet man nun den forstwissenschaftlich erbrachten Nachweis, dass ein Waldgebiet, welches durch einen Vollbrand vernichtet wurde, ca. 60 bis 70 Jahre Zeit benötigt (König, 2007) (etwa die Dauer eines durchschnittlichen Menschenlebens oder die Dauer zweier Generationen!), um sich wieder zu regenerieren oder sich zumindest in Teilen zu erholen, muss klar sein, dass die Wälder vor Brandeinwirkung und anderen Schadenseinflüssen zu schützen sind. Diese Aussage muss aber insofern eingeschränkt werden, da einige Ökosysteme durch Einwirkung von Feuer auch Nutzen ziehen oder für die weitere Entwicklung sogar darauf angewiesen sind. Der WWF Deutschland schätzt, dass ca. 46 % der weltweiten Ökoregionen von Feuer abhängig sind oder dadurch positiv beeinflusst werden. Innerhalb dieser Regionen sind Feuer ähnlich wichtig wie z. B. Regen oder Sonneneinwirkung (Hirschberger, 2012). Dieser Schätzung folgend verbleiben 54 % an weltweiten Ökosystemen, in denen ein Feuer keinen natürlichen Nutzeffekt aufweist und somit in vielerlei Hinsicht nur eine in unterschiedlichen Ausprägungen schädigende Wirkung eintritt.

      Betrachtet man nun noch die Erfahrungswerte von Feuerwehren und Forstdienststellen, die belegen, dass die Brandbekämpfung in Waldgebieten nicht nur körperliche Schwerstarbeit ist, sondern die Gefahrenabwehr auch vor große strategische und logistische Probleme stellt, liegt nahe, dass ein Brand in einem feuerunabhängigen Ökosystem schon so früh wie möglich entdeckt, zuverlässig eingeschätzt, gemeldet und mit Einsatzkräften beschickt werden muss.

      Waldbrände stellen eine konstante Gefahr für feuerunabhängige ökologische Systeme, Infrastruktur und alle Lebensformen dar. Betrachtet man die Prognosen für die zukünftigen Waldbestände, ist festzustellen, dass Waldbrände und die Rodung des Regenwaldes die Hauptursachen dafür sind, dass sich die Waldbestände mit Stand des Jahres 2000 bis zum Jahr 2030 weltweit halbiert haben werden (Stipaničev et al., o. A. und Kührt et al., 2000).

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      Bild 1: Momentaufnahme der Entstehung des Waldbrandes am Thumsee, Stadt Bad Reichenhall, Landkreis Berchtesgadener Land, am 13.04.2007. Dieser Entstehungsbrand entwickelte sich über einen Zeitraum von drei Tagen zu einer der größten Waldbrandkatastrophen im Freistaat Bayern (Quelle: Florian Weiß).

      Jedes Jahr zerstören Brände mehrere Millionen km2 Pflanzenbewuchs in der Savanne und – zusätzlich zu dessen Rodung – ca. 100.000 km2 tropischen Regenwald (Kührt, o. A.). In Europa werden jedes Jahr ca. 10.000 km2 Wald durch Brände vernichtet (Bild 1). In den Regionen Nord Amerikas und Russland fallen jedes Jahr ca. 100.000 km2 Wald, den meist von Menschen verursachten Bränden, zum Opfer. Rund 20 % der das Weltklima beeinflussenden CO2-Emmissionen werden durch Waldbrände verursacht (Stipaničev et al., o. A.).

      Im Jahr 2009 fanden sich Spezialisten verschiedener Dienststellen der Vereinigten Staaten von Amerika zusammen, um u. a. die von Bränden in der Vegetation ausgehenden Risiken und Gefahren zu bewerten, aber auch die Wirksamkeit der Strategien von Brandschutzprogrammen der Vergangenheit und Gegenwart zu untersuchen und daraus eine Prognose für künftige Anforderungen an das »Fire Management« zu erstellen (National Association Of State Foresters, 2009). Beteiligte Dienststellen waren u. a. das

      image U.S. Department of the Interior, Bureau Of Indian Affairs,

      image U.S. Department of the Interior, Bureau of Land Management,

      image U.S. Department of the Interior, U.S. Fish & Wildlife Service und

      image U.S. Department of Agriculture, Forest Service

      sowie der National Park Service, die National Association of State Foresters und Dienststellen einzelner Bundesstaaten der USA, darunter Feuerwehren, Universitäten und Spezialisten von Nicht-Regierungsorganisationen (National Association Of State Foresters, 2009).

      Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden im »Quadrennial Fire Review 2009« zusammengefasst, der für die kommenden vier Jahre – daher der Name des Berichtes – und darüber hinaus die Rahmenbedingungen aller Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Wald- und Vegetationsgebieten prognostiziert. Ergebnisse dieser Untersuchungen waren unter anderem (MV Group Ltd., 2009 und National Association Of State Foresters, 2009):

      Die Auswirkungen des Klimawandels führen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer Verlängerung der Waldbrandsaison mit größeren und intensiveren Brandverläufen. Ferner werden Brände in mehreren Gebieten (der USA) ausbrechen, als dies früher üblich war.

      (…)

      Zunehmende Dürreperioden führen zu einer vermehrten Anhäufung von Brennstoffen, einer schnelleren Austrocknung der Vegetation und einer leichteren Entzündbarkeit der Brennstoffe.

      (…)

      Trotz eines größeren Bewusstseins der Öffentlichkeit besteht ein kontinuierliches Risiko für die Entstehung von Bränden in Wäldern und Vegetationsgebieten.

      (…)

      Der Finanzmittelhaushalt von Gefahrenabwehrdienststellen wird durch steigende Anforderungen und Kosten in der Zeit, in der eine Regierung nur geringe Einnahmen verzeichnet, überlastet.

      (…)

      Neue Denkansätze und Modelle, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und neu entstehendes Wissen über Zuverlässigkeit, Sicherheit und Risikomanagement müssen gefördert werden und in allen Ebenen des »Fire Managements« integriert werden.

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      Bild 2: Erderwärmung seit dem Jahre 1850. Deutlich erkennbar ist der Anstieg der Temperatur oberhalb des globalen Temperaturdurchschnittes (Nulllinie) (Quelle: Umweltbundesamt).

      Die Ergebnisse dieses Berichtes, aber auch die vielfältigen Schäden betrachtend, die jährlich durch Brände in Wald- und anderen Vegetationsgebieten entstehen, lassen daher nur eine logische Schlussfolgerung zu: Wald- und Vegetationsgebiete müssen einer steten Überwachung zugeführt werden, um die sich durch Brände ergebenden negativen Folgen für das Ökosystem im Allgemeinen und den Menschen im Besonderen deutlich zu reduzieren.

      Alle Methoden der Waldbrandfrüherkennung haben dabei gemeinsam, dass diese die Anzahl der Waldbrände nicht reduzieren können, wohl aber deren Auswirkungen. Je früher und sicherer das Brandereignis dabei detektiert und gemeldet werden kann, desto

      image mehr Waldflächen können geschützt werden,

      image mehr Finanzmittel können eingespart werden,

      image früher und effizienter kann die Brandbekämpfung aufgenommen werden,

      image weniger Löschmittel und kostenintensive Löschmittelzusätze müssen eingesetzt werden,

      image mehr Lebensformen von Fauna und Flora können geschützt werden und

      image größer sind die globalen Erfolge des Umweltschutzes.

      All dies sind Gründe, der Waldbrandfrüherkennung in vorliegendem Buch besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

      Ziel des Buches ist der Erhalt einer Übersicht über systemtechnisch völlig unterschiedlich


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