Mami Staffel 13 – Familienroman. Lisa Simon

Mami Staffel 13 – Familienroman - Lisa Simon


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du ein kluges Mädchen. Unsere kleine Stephanie.«

      Lauras Herz lief über. Es war ein wunderschönes Bild. Ihre kleine Tochter neben dem alten Mann, der ein richtiger Großvater geworden war. Die Kleine krähte vergnügt, patschte mit ihren dicken Fingerchen auf das Brett, die Klötze purzelten heraus, und die Kleine wollte sich ausschütten vor Lachen.

      »Wie sehr gleicht sie dir, Laura.« Der alte Mann wischte sich die Tränen aus den Augen. »Sie ist mein Sonnenschein. Sie ist die Erfüllung meines Lebens. Wie arm war mein Leben, bevor ihr zu mir gekommen seid.«

      »Wir brauchten uns beide, Joachim. Aber jetzt muß Stephanie allein spielen«, erklärte sie energisch. »Du mußt mir helfen. Der Schreiner wird heute abend den Sekretär bringen. Ich habe ihn mir angesehen, er ist hervorragend restauriert. Das beste wäre es, wenn wir ihn gar nicht in den Laden stellen.« Sie seufzte, lachte aber dabei. »Ich weiß nämlich schon jetzt, daß ich mich nicht davon trennen mag. Du mußt mit mir den Preis überlegen. Für den Tisch mit den vier Stühlen aus der Tudorzeit haben wir einen sehr guten Preis erzielt. Heute morgen habe ich von einer alten Dame ein Silberbesteck gekauft. Es ist verschnörkelt und ein wenig altmodisch. Ich hab ihr vermutlich zu viel gezahlt, aber sie brauchte sichtlich das Geld. Sie war rührend. Als ich ihr die Sachen abnahm, strich sie noch einmal darüber.«

      »Du und dein gutes Herz, Laura«, lächelte er zärtlich. Er erhob sich mühsam und versuchte, seinen krummen Rücken zu strecken.

      Sofort streckte ihm die Kleine beide Hände entgegen und plapperte energisch, was natürlich niemand verstand.

      »Du mußt jetzt allein spielen, Steffi. Der Opa hat keine Zeit.«

      Natürlich begriff sie das Nein. Sofort verzog sich das allerliebste Gesicht zu einer kummervollen Grimasse, und schon brach sie in lautes Schluchzen aus.

      »Joachim«, Laura versuchte energisch zu sein, »die kleine Range weiß genau, wie sie dich weich kriegt. Sieh dir nur die Augen an. Sie zweifelt keine Minute daran, daß du dich wieder zu ihr setzt.«

      »Da fährt ein Wagen vor.« Er brachte die strenge Mutter rasch auf andere Gedanken. »Ich nehme die Kleine mit in die Wohnung. Es wird ja auch langsam Zeit, daß sie ihren Brei bekommt.«

      Eine Antwort wartete er nicht ab, er nahm Stephanie auf den Arm und die Kleine gluckste vor Zufriedenheit.

      Laura sah das alles nicht. Sie starrte dem Herrn entgegen, der aus dem Sportwagen stieg, den Schlüssel in die Tasche steckte, er sah über die Hausfassade in das Schaufenster hinein.

      Als er die Tür öffnete, klang ein Glockenspiel. Er horchte und nickte bewundernd. »Mozart«, stellte er fest.

      Es war ein strahlend schöner Tag, er mußte ein wenig die Augen zusammenkneifen, um sich an das Licht im Laden zu gewöhnen.

      »Guten Tag, Harro.«

      Er stutzte. Erst jetzt erkannte er sie.

      »Laura«, rief er fassungslos. Er vergaß, die Tür zu schließen, mit zwei Schritten war er bei ihr und faßte ungestüm ihre Hand. »Laura«, sagte er noch einmal. »Da muß das Schicksal die Hand im Spiel haben. So oft habe ich an dich gedacht, so oft versucht, bei deinen Eltern deine Adresse herauszukriegen. Von uns hat es niemand verstanden, daß man sie uns nicht sagte«, sprudelte er hervor und ließ kein Auge von ihr.

      »Die schöne Laura, und sie ist noch schöner geworden. Aber nun sag’ mir, was um alles in der Welt treibst du hier?«

      Sie küßte ihn leicht auf beide Wangen.

      »Kannst du das nicht raten? Du warst doch früher nicht so dumm. Der Laden gehört Hern Poppel und mir zu gleichen Teilen. Harro, wie schön, dich zu sehen.«

      »Und mich wirst du so schnell nicht wieder los. Ich will nämlich alles von dir wissen. Warum um alles in der Welt warst du wie vom Erdboden verschwunden? Warum bist du nie wieder in unser Dorf gekommen? Ist es dir dort zu eng? Hast du dich mit deinen Eltern überworfen?«

      »Viele Fragen auf einmal, Harro.«

      Er schien keinen Tag älter geworden zu sein. Sein blondes Haar war noch immer so frisiert, als brauchte es dringend einen Kamm. Sie kannte ihn nur braungebrannt. Seine blauen Augen wirkten sehr hell in seinem straffen, markanten Gesicht.

      »Die du mir alle beantworten mußt«, erklärte er bestimmt. Sein Blick wurde weich, er nahm Lauras Hände und zog sie an seine Lippen.

      »Einen Ring trägst du nicht, so bist du also nicht verheiratet. Ich auch nicht. Ich konnte eine gewisse untreue Person einfach nicht aus meinem Kopf bekommen.«

      »Ja, ich erzähle dir alles, nur befürchte ich, daß es Stunden dauern wird.«

      »Für dich habe ich Zeit, alle Zeit der Welt. Laura, du kannst doch unsere Jugend nicht vergessen haben. Wie sich das anhört, als wären wir schon Tattergreise. Denkst du noch daran, wie wir das Segelboot von unserem Verwalter geklaut haben und kläglich damit kenterten?«

      Sie lachte glockenhell. Erst jetzt wurde ihm klar, wie sehr er das Lachen vermißt hatte. Ach was, nicht nur das Lachen. Die ganze bezaubernde Person.

      »Dich hat er übers Knie gelegt und dich furchtbar verhauen.«

      »Und dir hat er mit der Faust gedroht und gerufen: »Warte nur, du bekommst auch noch dein Fett ab.« Den letzten Satz riefen sie wie aus einem Mund und lachten dabei.

      »Aber natürlich hat er dir kein Haar gekrümmt.«

      »Aber wenn ich zum Lindenhof kam, hat er mich immer gemustert, als habe er Angst, daß ich die Scheune in Brand stecken könnte. Ich habe immer einen großen Bogen um ihn gemacht.«

      »Um so eifriger hat mein Vater deine Gesellschaft gesucht. Laura, kannst du den Laden nicht einfach zusperren? Wir könnten uns irgendwo behaglich hinsetzen. Ich kenne mich in dieser Stadt nicht aus. Ich bin auf der Durchreise.

      Mein Gott, wie sagten wir früher? Das hältst du ja im Kopf nicht aus. Ich fahre über diese Straße. Sehe das Schild. Halte, weil mir einfällt, daß Mutter bald Geburtstag hat und hoffe, ein hübsches Geschenk zu finden.

      Und was finde ich? Dich.«

      Sie löste die Hand aus seiner Umklammerung und rief lebhaft: »Da haben wir etwas ganz Wunderschönes. Du wirst sehen, es wird deiner Mutter gefallen.«

      Der weite weiße Rock schwang um ihre Beine, als sie sich rasch der Vitrine zuwandte, sie bückte sich. Sie trug das braune Haar geöffnet, in weichen Wellen fiel es bis auf ihre Schultern.

      Sie war noch schöner geworden, wenn das überhaupt möglich war. Von einer feinen, fraulichen Schönheit. Er suchte das passende Wort dafür, aber es fiel ihm nicht ein.

      »Hier.« Strahlend reichte sie ihm eine Schachtel. Er wollte viel lieber Laura betrachten, aber gehorsam sah er auf die kunstvolle Einlegearbeit. Sie blies den Staub ab, spitzte dabei den Mund, daß ihm der Kragen eng wurde. Hatte er diese Lippen schon einmal geküßt? Aber er würde sie küssen. Von jetzt an ließ er sie nicht wieder aus den Augen. Wie sehr er sie vermißt hatte, wurde ihm erst jetzt bewußt.

      Sie klappte den Deckel auf.

      Verstaubte Töne perlten durch den Raum.

      »In einem Bächlein helle«, sang sie leise mit. Er nahm behutsam die Spieldose aus ihrer Hand, aber er sah nur sie. Ihre braunen Augen waren voll Licht, feine goldene Pünktchen tanzten darin.

      »Du sollst die Spieldose betrachten und nicht mich. Sie ist frühes 17. Jahrhundert. Ein Meisterwerk. Aus alter Freundschaft mache ich dir natürlich einen Sonderpreis.«

      »Das brauchst du nicht. Meine Mutter schlägt Purzelbäume vor Freude.«

      »Das glaube ich allerdings weniger. Das paßte wohl nicht zu ihr. Aber freuen wird sie sich. Ich habe früher schon ihr Kunstverständnis bewundert. Bei jedem Bild wußte sie sofort, wer es gemalt hatte, und von euren Möbeln wußte sie immer eine Geschichte zu erzählen.«

      Harro wußte, daß Laura und seine Mutter sich aus dem


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