Slumlords. Alexander Broicher

Slumlords - Alexander Broicher


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ich den Gedanken, legte sie wieder zurück und schlug die Klappe zu.

      Frauen wie Julia fühlten sich im Umfeld von Geld und Erfolg am wohlsten, also hatte ich ein Restaurant ausgesucht, in dem es vor erfolgreichen Wichsern und ihren Tussies nur so wimmelte. Um äußerlich mithalten zu können, hatte ich meinen besten Anzug an. Dunkelgrau, eng geschnittenen. Prada. 1300 Euro. Dazu ein Hemd von Boss. Unterhosen von Calvin Klein mit fettem Schriftzug am Bund. Parfüm von Chanel. Socken von Fila. Schwarze Schuhe von einem englischen Label. Und ich würde für uns den teuersten Wein der Karte bringen lassen. Das musste Julia beeindrucken.

      Ich holte sie mit meinem SUV ab und kutschierte mein sexy Date zum »Mondo«. Ich wusste, dass sie schon immer mal hinwollte, es war der angesagteste High-End-Italiener der Stadt. Hier saßen sie alle rum: Die Fondsmanager, Venture Capitalists, Etat-Direktoren, Chief Executives, CFOs, Consultants, Kontakter, Headhunter, Business Angel, Sales Manager, Supervisor, General Manager, Vice Presidents, Heads of Strategy, Chairmen und Broker. Frauen waren meist nur als Dekoration mit am Tisch. Nicht so bei mir. Meine künstliche Blondine hatte eine eigene Karriere. Sie trug ein recht auffälliges Mintgrün als Abendkleid, das ihr einladend eng am Körper klebte. Ich stand gar nicht so auf Kurzhaarige, aber zu Julia passte es exorbitant. Allerdings hatte sie für eine Lady ganz schön kräftige Hände. Der Nagellack war farblich auf ihre Garderobe abgestimmt. Der Lippenstift hingegen war knallrot. Hoffentlich war er kussecht. Ich hatte keine Lust auf Schmierspuren an meiner Vorhaut.

      Julia blickte sich dauernd möglichst unauffällig um, ob sie hier einen Prominenten oder zumindest eine Lokalgröße entdeckte. Gleichzeitig bemühte sie sich mir den Eindruck zu vermitteln, mit ihrer Aufmerksamkeit bei meinen Gesprächsthemen zu sein: den sechs Staffeln »Breaking Bad« auf DVD, dem Frankfurter Nachtleben, dem Komfort meines amerikanischen Geländewagens und ihrem atemberaubenden Kleid. Sie bedankte sich für das Kompliment mit einem Top-Lächeln ihrer gebleachten Zähne.

      »Ich stamme aus Thüringen«, erzählte sie mir. Wir stießen an.

      »Weißt du, wie man Mädchen aus der Region nennt?«, stellte sie mir nach dem Schluck Sancerre eine Quizfrage. »Puffbohnen!«, kicherte sie.

      Ich lächelte die Zugereiste aus dem Nachbarland höflich an. »Und was verschlägt eine Puffbohne nach Frankfurt?«

      »Die Männer! Bei uns laufen doch nur Arbeitslose rum.«

      Okay, das konnte man ihr nicht verübeln. Frauen hatten nun mal keinen Bock, ihre Kerle dauerhaft finanziell durchzufüttern. Aber mir gefiel an Julia auch, dass sie ihr eigenes Geld verdiente.

      »Ich mag Frauen wie dich«, erklärte ich ihr. »Du bist nicht so verklemmt wie diese ganzen Schickimicki-Schicksen.«

      »Ich bumse eben gern«, flüsterte sie mir zum Beweis zu. Und schon war ich richtig verliebt.

      Julia hatte eine komplett rasierte Pussy. Ich hob ihre trainierten Schenkel beiseite und leckte sie oberflächlich. Eigentlich wollte ich ihn ihr zeitnah reinstecken, aber Julia hatte was dagegen.

      »Reib mich mit deinem besten Koka ein«, verlangte sie von mir. Kein außergewöhnlicher Wunsch, aber offenkundig wusste sie, wovon ich das Bett bezahlt hatte, in dem wir nahezu übereinander lagen.

      »Wie kommst du darauf, dass ich was da habe?«

      »Du bist mir empfohlen worden.« Da war sie wieder, diese sachliche Controllerin-Art. Zudem schien es für sie nicht verhandelbar. Ihr Blick war entschlossen. Kein Kokain auf der Pussy, kein Sex. Ernüchtert ging ich in die Küche und trug meine Latte vor mich her, die allmählich an Kraft verlor. Ich öffnete die Schublade mit dem Besteck, bei dem sich ein silberner Dreizack befand, mit dem man heiße Pellkartoffeln aufspießte. Ich schraubte den hohlen Griff auf, in dem drei G für den Hausgebrauch gebunkert waren. Im Schlafzimmer hatte Julia bereits alle Vorbereitungen getroffen.

      Sie hielt einen kleinen Schminkspiegel und eine alte Kreditkarte in der Hand. Mein Pulver sollte also nicht nur ihre Schamlippen narkotisieren, sondern auch ihre Nasenschleimhäute stimulieren. Ich reichte Julia das Gummitütchen. Sie machte sich gierig darüber her. Hinterher griente sie solange dreckig, bis sie meinen schlaffen Schwanz sah. Doch dann nahm sie ihn komplett in den Mund und saugte sich an mir fest.

      Als ich vormittags aufwachte war Julia verschwunden. Dafür lag ihre Visitenkarte neben meinem Handy. Ich brauchte lange, bis ich aufstehen konnte. Nicht, weil ich kaputt war vom Sex. Nein, ich war schwermütig. Weil es statt einer Liebesbeziehung wieder auf die übliche Geschäftsbeziehung hinauslief. Ich bekam 60 Kilo strammes Fleisch geboten und musste als Gegenleistung ein paar Gramm Kokain auf den Tisch legen. Das war der Deal.

      Meine letzte Beziehung war bereits über dreieinhalb Jahre her. Das konnte auch mit Frankfurt zu tun haben. Hier spielte die berufliche Karriere die entscheidende Rolle, und das zog eine bestimmte Art von Frauen an, für die Geld alles war. Finanziell konnte ich mir solche Frauen durchaus leisten, aber ich wollte eine, die mich nicht nach dem Shopping, dem Luxus, dem Lifestyle oder dem Kokain beurteilte. Ich suchte in Wirklichkeit eine, der egal war, ob ich gut verdiente oder von der Hand in den Mund lebte.

      Und auch die meisten Partnerschaften, die ich um mich herum sah, wirkten nicht wie Liebeshochzeiten, sondern eher wie strategische Allianzen. Als würden zwei Firmen fusionieren, um auf dem Markt gemeinsam bessere Umsätze erzielen zu können. Dies war nie meine Vorstellung von Liebe, sondern von der Hölle. Bis ich ausgerechnet bei Apartment-Nutten etwas entdeckte, das mir in dieser Stadt verlorengegangen war: Aufrichtigkeit. Klar, sich eine Frau für eine Stunde zu kaufen, das war schmucklos, aber auch eine ehrliche Angelegenheit: Die Ladies verkauften dir keine Illusionen oder Gefühle, sondern Sex. Sie hielten ihre Pussy hin und dafür bezahlte man. Das war ein fairer Trade. Mit meinen letzten Affären hingegen war es verlogen, weil sie von Liebe redeten, aber eigentlich nur umsonst an meinen Stoff wollten und dafür ihre Pussy hinhielten. Und das machte mich traurig. Dass ich nur noch Frauen kennenlernte, die ich ficken durfte, weil sie sich möglichst preisgünstig ihre Nasen pudern wollten. Es war so bitter wie der Nachgeschmack meines Kokains. Auch Julia hatte sich das schwarze Gummitütchen eingesteckt, das bestimmt noch halb voll mit Pulver war. Mit dem Rest würde sie sich am Wochenende amüsieren, und ich würde frühestens in sechs oder sieben Tagen wieder von ihr hören. Wenn sie Nachschub brauchte. Für die Nase.

      7

      Seit dem Crash 2008 waren die Banken verpflichtet, sich für ihre gegenseitigen Geldleihgeschäfte Sicherheiten zu stellen. Deshalb waren Papiere so begehrt, die von den Rating-Agenturen mit der Höchstnote Triple A bewertet wurden. Entsprechend rar waren diese Aktien mittlerweile auf dem Markt. Und genauso ging es meinem Liebesleben. Die Triple A-Pussies waren vergriffen, die kursierten unter den Global Playern wie Harro Strahlenberg, die eine Villa im Westend, einen guten Namen und haufenweise altes Geld zu bieten hatten. Zudem war er der Head of Strategy eines weltweit agierenden Hedge Fonds. Damit konnte ich nie im Leben mithalten. Ich stammte leider aus einer Dynastie von Losern, die mehrheitlich menschlich schwer in Ordnung waren, es aber nie auch nur zum mickrigsten Wohlstand gebracht hatten. Deshalb war ich auf Schulen, an denen die Mathematiklehrer einem erklärten, dass die Grundrechenarten genügten, um den Alltag zu bewältigen. Ausgerechnet ich landete bei einer Bachelorabsolventin wie Julia, die in einer Welt aus Zahlen und Effektivitätsdiagrammen lebte und mir für eine Line ihren geilen Körper als Sicherheit anbot.

      Ein Stammkunde wartete auf mich vor dem »Wilden Mann« am Gerechtigkeitsbrunnen. Wie bei einer Zufallsbegegnung fragte er mich inmitten der Leute nach Feuer, weil er sich eine Zigarette anzünden wollte. Ich drückte ihm eine Packung Streichhölzer in die Hand. Er bedankte sich und gab mir seine Schachtel Kippen. Wir lächelten uns freundlich an, und dann war der Deal schon vorbei. Er konnte zurück ins Büro. Ich ging an Justitia vorbei zum Auto, wo ich kontrollierte, ob sich in der Box ordnungsgemäß 140 Euro befanden, die ihn die zwei Gramm Kokain in der Streichholzpackung kosteten. Es war alles glatt gelaufen, so dass ich weiter zu einem Café fuhr, das den Investmentbankern zu unhip oder unstylish war. Exakt deswegen nutzte es ein Banker als Treffpunkt mit mir, weil er dort garantiert keine Kollegen traf. Wir hatten ein Business-Date in einer Kabine auf der Herrentoilette.

      »Weißt du, wo die meisten


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