Hausgemeinschaft mit dem Tod. Franziska Steinhauer

Hausgemeinschaft mit dem Tod - Franziska Steinhauer


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was in dieser Zeitspanne mit Simones Körper geschehen würde.

      »Man wird sie ...?«, die Mutter rang ebenfalls um eine Verschleierung des Unvorstellbaren, »… untersuchen?«

      Lundquist nickte.

      »Es ist notwendig. Wir müssen wissen, woran genau Simone gestorben ist«, sagte Lars Knyst unnötig scharf.

      »Ich will meine Tochter sehen!«

      »Natürlich. Wir müssen dich auch bitten, sie zu identifizieren«, erklärte Sven fast unhörbar. Seine Augen suchten die des Freundes, der auf der Tastatur seines Handys eine Nummer tippte.

      »Nichts«, seufzte Lars enttäuscht. »Der Teilnehmer ist nicht erreichbar.«

      »Bei mir geht er auch nicht ran!«, knurrte Agneta. »Er hat unsere Tochter umgebracht und nun setzt er sich ab! Mit seinem neuen demütigen Liebchen und jeder Menge Kohle. Die fangen in der Sonne ein neues Leben an und mich lassen sie einsam in der Kälte verrotten! Feiner Plan, Gottwald!«, schluchzte sie und warf sich auf die Couch.

      »Wir sind dran. Er kann nicht so einfach verschwinden.« Sven war sich nicht sicher, ob sie seine Worte überhaupt gehört hatte.

      »Hatte Simone enge Freundinnen?«, erkundigte sich Lars vorsichtig.

      Agneta atmete schwer.

      Sie richtete sich wieder auf und wischte sich mit einem Kissen über ihr Gesicht.

      »Wenige. Simone hatte nicht genug Geld, um mit ihren Klassenkameradinnen mitzuhalten. Die wollen mit armen Würstchen nichts zu tun haben. Aber so zwei, drei Namen kann ich euch aufschreiben. Eine Mutter weiß nur, was man sie wissen lässt – sollte es noch andere Freunde gegeben haben, werden euch eher die Mädchen weiterhelfen können als ich.«

      »Wir würden uns gern in Simones Zimmer umsehen.«

      »Den Flur entlang, die letzte Tür links«, presste die Mutter mühsam hervor.

      Lundquist öffnete die Tür und blieb überwältigt stehen.

      »Sieht aus wie in einer teuren Boutique!«

      »Erstaunlich, wo wir doch gerade gehört haben, sie habe mit den anderen finanziell nicht mithalten können«, murrte Lars, der das Gefühl hatte, belogen worden zu sein.

      »Vom Vater erpresst, könnte ich mir vorstellen. Schuldgefühle. Manche versuchen sich davon freizukaufen.«

      »Hm.« Knyst war nicht überzeugt.

      Auf Metallständern hingen unzählige bunte Oberteile, einige Kleider und Jacken, in einem Billy-Regal hatten Hosen und Pullover sowie T-Shirts Platz gefunden.

      »Offensichtlich war Pink ihr bevorzugter Farbton«, grunzte Lars. »Bei Jungs zum Glück nicht so angesagt.« Er trat ein, fühlte sich in der Mädchenatmosphäre deutlich unwohl. »Ein paar Hefte auf dem Schreibtisch, ein Laptop, ein paar Bücher, ein CD-Player. Kein Spielzeug – bis auf den Bären im Wohnzimmer.«

      »Mit ihrer Kindheit hatte sie offensichtlich abgeschlossen.« Sven zog die oberste der Schreibtischschubladen auf. Lippenstifte und Lidschattendöschen, Kajalstifte und Mascaras rollten durcheinander. In der darunter fanden sich Hefte und ein paar Fotos. »Sieht nicht so aus, als habe sie hier ein Tagebuch rumliegen.«

      »Das hat man heute nicht mehr. Weißt du, ich glaube, wir werden eher auf ihrem Laptop etwas in der Art finden. Eine Datei »Tagebuch«, oder vielleicht hatte sie einen Blog.«

      Lars wies auf das ebenfalls pinkfarbene Notebook auf dem Nachttisch.

      »Theoretisch wäre das sogar sicherer als ein Buch. Wenn der Computer passwortgeschützt ist, kann die Mutter nicht zugreifen. Wir nehmen das Gerät mit«, entschied Lundquist. »Die Kollegen finden vielleicht etwas, das uns weiterhilft.«

      Die beiden Männer hatten gar nicht bemerkt, dass Agneta ihnen gefolgt war.

      So schraken beide zusammen, als sie plötzlich höhnisch sagte: »Klar, nur zu! Wahrscheinlich findet ihr den Mörder zwischen den Mails! Er wird ihr wohl kaum eine Einladung zum eigenen Tod geschickt haben!«

      Sie putze sich die Nase und verkündete dann laut: »Am besten fahren wir jetzt gleich zu Simone!«

      »Simone wurde eindeutig von ihrer Mutter identifiziert«, stellte Lundquist fest. »Agneta Paulsson bleibt bei ihrer Behauptung, der Kindsvater, Gottwald, sei der Mörder ihrer Tochter.«

      Er legte ein paar Tatortfotos auf den Tisch des Besprechungsraumes.

      »Die Detailaufnahmen kommen nach.«

      Stumm starrten alle auf die Bilder.

      Die Grausamkeit war trotz der umfassenden Perspektive erkennbar.

      »Der eigene Vater hat sie dort abgelegt?«, flüsterte Britta.

      »Behauptet die Mutter.« Auch Svens Stimme war gedämpft.

      Ein polyphoner Klingelton ließ alle zusammenfahren.

      »Die Kollegen von der Bereitschaft sind noch einmal zu Gottwalds Adresse gefahren. Dort ist offensichtlich alles dunkel, niemand öffnet.« Knyst schob das Mobiltelefon wieder in die Jackentasche zurück.

      »Was für einen Wagen fährt Paulsson eigentlich?«, erkundigte sich Ole.

      »Einen weißen Porsche Cayenne. Alle Einsatzwagen sind informiert, wenn er irgendwo abgestellt wurde, werden sie ihn finden.«

      »Parkhäuser?«, fragte Sven knapp. So geizig war Gottwald dann wohl doch nicht, schoss ihm durch den Kopf. Wie teuer mochte solch ein Wagen sein? 650.000 SEK? 1.300.000 SEK, nach oben offen?

      »Werden gründlich gecheckt.«

      Drei Stunden nach der Entdeckung von Simones Leiche behauptete Gottwalds Handy noch immer, er sei nicht erreichbar.

      »Glaubst du, er ist untergetaucht?«

      »Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, knurrte Sven zurück. »Stell dir vor, Gottwald war, nachdem er Simone nach Hause gebracht hatte, im Kino. Das Telefon stellt er aus, er will nicht gestört werden. Auf dem Rückweg vergisst er, es wieder einzuschalten. Und wir verdächtigen ihn deshalb des Mordes an seiner Tochter?«

      Ole runzelte die Stirn. »Vielleicht hatte er ja wirklich einen Unfall. Nicht schlimm genug, um ins Krankenhaus gebracht zu werden, aber so, dass er sich ausruhen möchte. Kopfschmerzen?«

      »Klar!«, fauchte Britta. »Die Mutter erzählt uns von ihrer Angst, Gottwald könne sich an der Tochter vergreifen und die Männer hier am Tisch glauben an einen Unfall! Zögern, ihn als potenziellen Täter in Betracht zu ziehen!«

      »Wenn sie wirklich angenommen hätte, das Mädchen sei in akuter Gefahr, hätte sie es nicht mit ihm gehen lassen«, warf Lars ein.

      »Es gibt Männer, gegen deren Willen kannst du dich als Frau nicht so ohne weiteres auflehnen – und wie eine starke Frau kommt Agneta mir nach eurem Bericht nicht vor.«

      »Britta! Wir wissen nichts, gar nichts bisher. Und schon gleich überhaupt nichts, was den Verdacht nahe legen könnte, Gottwald sei pervers. Das muss alles erst gegengecheckt werden«, stellte Sven klar.

      »Er ist eine schillernde Persönlichkeit, provoziert gern mit seinen Äußerungen, ist in der Boulevardpresse stets präsent. Sein Unternehmen bietet maßgeschneiderte Softwarelösungen und Support für kleine und mittelständische Firmen an. Im letzten Jahr ist allerdings ein Einbruch zu verzeichnen – wohl als Auswirkung der Finanzkrise. Immerhin beschäftigt er 75 Mitarbeiter und hat bisher, trotz des Rückgangs der Aufträge, niemanden entlassen«, fasste Ole seine Rechercheergebnisse zusammen.

      »Die bunten Gazetten berichteten von seiner Scheidung vor vier Jahren und sind nun voll von Artikeln über seine neue Liebe. Angeblich wollen er und Ingelore noch in diesem Sommer heiraten.«

      Bernt stürmte ins Büro und schob sich mit einem verdutzten Gesichtsausdruck hinter den Tisch. »Oh, ich habe mich in der Zeit geirrt«, murmelte er kurzatmig.

      »Nein,


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