Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie. 50 Cent

Dealer, Rapper, Millionär. Die Autobiographie - 50  Cent


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mich verlor. Es schmerzte mich zu wissen, dass sie dachte, ich wäre ein Dieb; beinahe so sehr, dass ich ihr erzählt hätte, was ich tat. Aber ich tat es nicht. Ich hatte keine Antworten für sie. Als ich sah, wie meine Kiste zur Seite gerückt worden war und der Deckel nicht ganz auf dem Schuhkarton saß, hatte ich alle Antworten, die ich brauchte. Ich wusste nun, dass Star mehr Drogen konsumierte als irgendjemand sonst im Haus. Ich wusste zwar, dass er den Punkt erreicht hatte, an dem er sich nicht mehr wohl fühlte, wenn er am Wochenende nicht high werden konnte. Aber ich hatte keine Ahnung davon, dass er bereits so abhängig war, dass er zuhause stahl. Ich ging ins Wohnzimmer, wo Star fernsah. Ich fragte ihn, was er in meinem Zimmer getan hatte. Er sagte: „Ich habe nach einem Stift gesucht. Ich musste etwas aufschreiben.“ Ich dachte: Was? Ich hatte dieses Arschloch noch nie in meinem Leben etwas schreiben sehen. Ich trat zwischen ihn und den Fernseher. „Was musstest du denn aufschreiben? Ich sehe dich gar nichts schreiben.“ Ich wollte hören, wie er es sagte. Ich wollte, dass er den Diebstahl gestand. Selbst wenn niemand da war, der es hören konnte, selbst wenn es nichts mehr daran änderte, dass meine Großmutter mich auf Distanz gehal­ten hatte, so musste ich doch wenigstens hören, wie er es sagte.

      Er stand auf und schob mich durchs Zimmer. Eh ich mich’s versah, lag ich auf dem Fußboden, links und rechts von mir zerbrochenes Porzellan. Ich beschloss, dass ich nicht unbedingt hören musste, was er zu sagen hatte. Ich wollte ihn nur noch umbringen. Ich sprang auf, schnappte mir die große Holzgabel, die an der Wand hing, und begann damit auf ihn einzuschlagen.

      Zack! Ich versuchte wirklich, diesen Nigger totzuschlagen. Zack! Er war schuld daran, dass jeder im Haus mich nun wie einen Dieb ansah. Zack! Die Wichser auf der Straße hätten mich umlegen können. Zack! Er brauchte nicht zu gestehen. Zack! Es würde mir vollkommen genügen, ihn umzubringen. Zack! Er war so im Arsch, dass er sich nicht einmal wehren konnte. Beim letzten Schlag zersplitterte die Gabel in der Mitte. Krack!

      Cynthia kam ins Zimmer gerannt, um den Kampf zu beenden. Ich rannte hinauf, schnappte meinen Schuhkarton und verließ das Haus. Als ich bei Brian zuhause alles noch einmal nachwog, sah ich, dass das Crack diesem Nigger Star offenbar schon ein Loch in sein Scheißgehirn gefressen hatte. Er hatte jedes einzelne Päckchen geöffnet, ein wenig herausgenommen und es dann wieder verschlossen. So musste er von meinem Kilo etwa einhundert Gramm Kokain geklaut haben. Außerdem fehlte ein ganzes Viertelunzenpäckchen. Eigentlich hätte ich mich aufregen müssen, aber ich hatte genug damit zu tun, mir vor Angst in die Hosen zu machen. Ich war in etwas hineingeraten, von dem ich nicht wusste, ob ich je wieder herauskommen würde. Wenn die Typen, denen ich die zu leichten Päckchen verkauft hatte, dachten, dass ich sie mit Absicht betrog, dann würden sie mich umbringen. Daran, was passieren könnte, wenn Carlos dachte, dass ich mit seinem Geld spielte, wollte ich noch nicht einmal denken. Alles in allem hatte ich kaum mehr ein Achtel von dem Kilo in meinem Besitz, und das reichte nicht einmal dazu aus, um meine Schulden bei Carlos zu begleichen. Selbst wenn ich alles verkaufte, hätte ich immer noch fast tausend Dollar zu wenig, um ihn für seine Kommissionsware zu bezahlen. Dass ich all mein Geld für Turnschuhe und Jogginganzüge ausgegeben hatte, half mir nicht weiter.

      Ich beschloss, das meiste von dem Pulver zu verkaufen, um wenigs­tens meinen guten Namen zu retten. Wenn ich mit den Leuten, mit denen ich arbeitete, nicht wieder ins Reine kam, würde ich nicht nur kein Geld mehr verdienen, dann wäre auch mein Leben auf dem Strip keinen Pfifferling mehr wert gewesen. Zuerst wollte ich die Päckchen überfüllen, aber Brian sagte, dass dies einem Schuldeingeständnis gleichkäme und dass ein Fehler ein Zeichen für Schwäche sei. „Wenn du das machst, kannst du das Zeug auch gleich verschenken“, sagte er. „Weil die Nigger kommen und dich einmachen, sobald du Schwäche zeigst.“ Also verkaufte ich das Rohkoks in normalen Gewichtseinheiten und behielt dreieinhalb Gramm für mich selbst. Ich kochte die dreieinhalb Gramm, füllte den Stoff in Kapseln und verkaufte sie unter der Hand. Als ich damit fertig war, reinvestierte ich das Geld und kaufte sieben Gramm von Brian. Ich kochte und verkaufte das Zeug innerhalb von zwei Tagen. Dann kaufte ich eine halbe Unze, die ich dann innerhalb von sechs weiteren Tagen in hundertfünfundzwanzig Gramm verwandelte. Ich war die ganze Zeit auf dem Strip. Nachhause ging ich gar nicht mehr.

      Brian sagte meiner Großmutter, dass er nach dem Kampf mit Star nun auf mich aufpasse, und sie ließ es dabei bewenden. Es war Sommer, und wenn ich müde wurde, machte ich auf einer Bank oder auf einem Rasen­stück ein Nickerchen. Ich verließ den Strip nur, wenn ich zu Brian ging, um einzukaufen und zu kochen. Ich ließ die Crackkekse nicht einmal mehr trocknen. Ich schnitt sie in Stücke, während sie noch weich wie nasse Seife waren. Ich war verzweifelt. Meine Haut war mit einer Schicht aus Schweiß und Schmutz bedeckt, in der ich mich schließlich wie gefangen fühlte. Ich stank derart, dass ich mir jedes Mal fast die Nase verbrannte, wenn ich an mir roch. Ich war zu konzentriert, um zu bemerken, dass ich aus dem Gleichgewicht geriet. Ich suchte so verzweifelt nach einem Ausweg, dass ich gar nicht sah, dass zwischen mir und den Süchtigen, die ich bediente, für eine kurze Zeit kaum noch ein Unterschied bestand. Innerhalb zweier Wochen hatte ich jedoch das ganze Geld zusammen, das ich Carlos schuldete, und sogar noch etwas mehr. Der einzige Gedanke, der mich zu derart harter Arbeit antrieb, war, dass mir nichts anderes übrig blieb, als dieses Geld zu beschaffen.

      Das war eine wichtige Lektion für mich. Ich lernte daraus, dass man im Drogengeschäft niemandem trauen kann, nicht einmal der eigenen Familie. Bis zum heutigen Tag sprechen Star und ich kaum miteinander, weil er damals meinen Vorrat angezapft hat. Es mag ihm damals nicht klar gewesen sein, aber er hatte mich praktisch zum Abschuss freigegeben. Wie verzeiht man so etwas? Was soll man sagen? Wegen dir wäre ich beinahe umgebracht worden, aber das ist vorbei? Ich verstehe, wie das damals war, und ich vergebe dir?

      Nö! So einfach kann man das nicht vergessen.

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