Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC. Mark Evans

Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC - Mark  Evans


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Freunde wurden alle wegen Körperverletzung vor Gericht gebracht – Chris, der Hund, kam davon. Auf den Rat eines gut betuchten Freundes hin engagierten wir Sir Frank Galbally, den besten Strafverteidiger der damaligen Zeit. Die vier wurden schuldig gesprochen, bekamen eine happige Geldstrafe aufgebrummt und zwei Jahre auf Bewährung. Die Verteidigung war noch dazu enorm teuer, aber glücklicherweise übernahm besagter Freund, der uns den Anwalt vermittelt hatte, die Kosten und zahlte auch die Strafe.

      In dieser Zeit zogen wir um, ein paar Stadtteile weiter in den Norden. Unsere nagelneue Dreizimmerwohnung lag im vierten Stock eines Hauses ohne Fahrstuhl in South Yarra. Es gab aber nun endlich warmes Wasser und eine Heizung, und Dad besorgte Teppiche und neue Möbel, was uns das Gefühl gab, eine Sprosse auf der Gesellschaftsleiter emporgeklettert zu sein. Zum richtigen sozialen Aufstieg fehlte uns nur noch ein Telefon, aber zu einer solchen Anschaffung ließ Dad sich dann doch nicht bewegen. „Wer was von uns will, kann vorbeikommen und klopfen“, pflegte er zu sagen.

      Außerdem lautete unsere Adresse nun South Yarra und nicht Prahran, und das war eine ziemlich große Sache. South Yarra war (und ist) eine ziemlich noble Gegend von Melbourne, aber unser neues Zuhause, der Horace Petty Estate, lag in ihrer äußersten und dreckigsten Ecke. Wenn man gefragt wurde, wo man wohnte, und dann South Yarra sagte, dann hielten einen die Leute zunächst mal für einen feinen Pinkel. Wenn sie dann allerdings kapierten, dass man in den Wohnsilos im Süden zu Hause war, wurde man doch schnell wieder als Ghettokind abgestempelt.

      Ganz in der Nähe unserer neuen Wohnung lag ein Schwimmbad, das nach dem damaligen australischen Premierminister Harold Holt benannt war – auch eine etwas unglückliche Bezeichnung, wenn man bedenkt, dass Holt 1967 im Meer baden ging und nie wieder an Land kam.

      Als wir umzogen, beschloss ich, trotzdem auf meiner alten Schule zu bleiben, der Murrumbeena State School. Meine Eltern ließen mich gewähren; wenn ich bereit sei, jeden Morgen den langen Weg allein zurückzulegen, dann ginge das in Ordnung. Außerdem konnte ich jeden Morgen zusammen mit Dad bis zum Bahnhof gehen, und das war großartig, weil ich ihn für kurze Zeit für mich allein hatte und wir gute Gespräche führten. Leider ging das nicht allzu lange, weil es gesundheitlich mit ihm bergab ging. Er hatte zwar wieder einen Job gefunden, erst in der Nachtschicht beim Autozulieferer Repco, dann in der Möbelabteilung des Kaufhauses Foy in der Innenstadt, aber er musste die Arbeit schließlich aufgeben. Ich nahm morgens den Zug von Hawksburn Station, fuhr sechs Haltestellen weit und lief dann die Hobart Road hinunter zur Schule, die halbe fünfte und die ganze sechste Klasse lang. Die Zugfahrt hatte noch einen entscheidenden Vorteil. Ich freundete mich mit zwei hübschen Mädchen an, die etwas älter als ich waren, in Caulfield zur Schule gingen und auch in Hawksburn einstiegen. Sie bestanden immer darauf, dass ich mich zwischen sie setzte und bis Caulfield mit ihnen kuschelte, und ich leistete keinerlei Widerstand.

      An der Murrumbeena State School ging es völlig anders zu als im Horace Petty Estate. Hier wurde nicht geflucht oder gespuckt, und es kam auch niemand auf den Gedanken, einen anderen zu treten oder zu schlagen. Nie wurde jemand aus dem Unterricht geschickt oder musste nachsitzen. Wir hatten sogar ein eigenes Schwimmbecken auf dem Gelände und zwei große Fußballfelder. Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können. So führte ich ein Doppelleben: ein geordnetes, diszipliniertes an der Murrumbeena State und ein chaotisches, wildes, darwinistisches im Prahran Hilton, in dem der vierte Stock meine einzige Rückzugsmöglichkeit darstellte.

      Ich war ein durchschnittlicher Schüler, der weder durch besonders gute Leistungen auffiel noch besonders viel Ärger hatte. Football war mein großes Hobby, und ich spielte das ganze Jahr. Von der zweiten Klasse an wurden zehn Prozent der Schüler für ihre Leistungen mit einer Ehrenurkunde ausgezeichnet. In der zweiten, dritten und vierten Klasse war ich weit davon entfernt, dazuzugehören, und in der fünften und sechsten Klasse verpasste ich viele Unterrichtstage, weil ich bei der Betreuung meines Vaters half und daher oft zu Hause lernen musste. Tatsächlich verbesserten sich meine Noten dabei aber sogar, und ich bekam auch eine Ehrenurkunde. In der sechsten Klasse war ich sogar der drittbeste.

      Rückblickend will ich gar nicht so viel Schlechtes übers Hilton sagen, aber man musste sich schon ein bisschen dran gewöhnen. Ich war zehn, als wir dort einzogen, und wir wohnten noch nicht lange dort, da wurde ich eine Woche lang jeden Abend aufgemischt, wenn ich vom Bahnhof Hawksburn durchs Viertel nach Hause ging. Ich wurde zwar nicht schwer verletzt, aber einige Male musste ich doch ins Alfred Hospital, um meine gebrochene Nase wieder richten oder ein paar Platzwunden nähen zu lassen. Es wurde allmählich zur Gewohnheit, bis mich mein Vater eines Tages zur Seite nahm und sagte: „Wie lange willst du dir das noch bieten lassen?“ Aus Spaß war ich schon ein paar Mal gegen meinen Vater oder meinen Bruder John in den Ring gestiegen; John war ein guter Boxer, der später ins Profilager wechselte und sogar Johnny Famechon, dem Weltmeister im Federgewicht, zehn Runden lang standhielt, um dann nach Punkten zu verlieren. Aber ich war kein Kämpfer.

      Bei meinen Angreifern handelte es sich in der Regel um drei Jungen, zwei Brüder und ihren dicken Kumpel. Der war wirklich riesig und noch dazu ein paar Jahre älter, was eine große Rolle spielt, wenn man erst zehn ist und verdammt viel Angst hat. Er war an der Reihe, mir eine Abreibung zu verpassen, als wir uns das nächste Mal begegneten, aber da ich wesentlich kleiner und leichter war als er, konnte ich dem Dicken entwischen. Was für mich super war, für ihn aber nicht: Als ich mich aus dem Staub machte, drehten sich seine beiden sogenannten Freunde zu ihm um und fielen über ihn her. Es war gnadenlos. Komisch, ich konnte damit umgehen, dass ich selbst zusammengeschlagen wurde, aber dass sie ihren eigenen „Freund“ verprügelten, damit hatte ich ein Problem. Ich fuhr herum und brüllte, sie sollten das lassen, und natürlich bekam ich die klassische Antwort: „Kannst ja mal versuchen, uns daran zu hindern!“ Zögernd ging ich auf sie zu und sah, dass der Dicke schon am Boden lag. Er war komplett erledigt. Überall war Blut, er sabberte, und außerdem hatte er sich bepisst. Als ich näher kam, entdeckte ich, dass er sich auch noch in die Hosen geschissen hatte. Da lag er, völlig neben sich, heulte und wälzte sich in seiner eigenen Pisse und Kacke. Nicht gerade ein toller Tag für ihn.

      Ich hatte keinen Plan und ehrlich gesagt selbst eine Scheißangst. Aber in mir kochte heiße, reine Wut, vielleicht zum allerersten Mal in meinem ganzen Leben. Ohne nachzudenken ließ ich meine Schultasche fallen und versetzte dem älteren der beiden Brüder einen richtig harten Schlag, den ersten richtig ernst gemeinten, den ich je ausgeteilt hatte. Und auch wenn das aus meinem eigenen Mund vielleicht blöd klingt, es war ein richtig guter Schlag, der ihn genau am Kinn erwischte. Er war vermutlich ebenso verblüfft wie ich, denn er kippte um, als hätte ich ihm einen Kricketschläger übergezogen. Noch heute sehe ich es vor mir, wie der Typ geradewegs nach hinten fiel – ich sah nur noch, wie seine Augen sich verdrehten, dann war er weg. Sein Bruder lief sofort davon und schrie: „Ich hole meinen Vater!“ Ich tat es ihm gleich und rannte die Treppe zu unserer Wohnung empor.

      Dad war zu Hause; er war damals oft daheim, obwohl ich nicht genau wusste, weswegen. Mir fiel sein breites Lächeln auf, und ein Lächeln war damals bei ihm eine Seltenheit. Wahrscheinlich wusste er schon, was auf ihn zukam. Jedenfalls strubbelte mir mein Vater durchs Haar und sagte: „Guter Schlag, Kumpel.“ Ich hatte das Richtige getan, meinte er, indem ich mich für jemanden eingesetzt hatte, der in Schwierigkeiten steckte. Dad hatte mir vom Küchenfenster aus zugesehen und sich laut gewünscht, dass ich mich umdrehen und dem Dicken helfen würde. Es ist eine der intensivsten Erinnerungen, die ich an meinen Vater habe.

      Heute ist es seltsam, wenn ich in den Spiegel gucke und feststelle, wie ähnlich ich ihm sehe. Es erfüllt mich mit Wärme. Ich weiß, dass ich genauso lächele wie er; meiner Schwester Laura steigen immer noch die Tränen in die Augen, wenn sie sieht, dass sich ein Grinsen über meine Lippen zieht. Ich habe seine leicht olivfarbene Haut geerbt; wir beide bräunen schon nach kurzer Zeit in der Sonne auf genau dieselbe Weise. „Du würdest schon braun werden, wenn du beim Schlafen das Licht anlässt, mein Sohn.“ Das kann ich ihn geradezu sagen hören. Und ich weiß auch heute noch, wie schön es sich anfühlte, wenn er mich in den Arm nahm, und wie toll es war, wenn er mich damit überraschte, dass er sagte: „Komm, lass die Schule heute mal sausen. Wir gehen an den Strand, nur wir beide.“ Als die Krankheit ihn allmählich aufzehrte, merkte ich schließlich, dass seine Umarmungen zwar an Kraft verloren, aber nie an Wärme.

      Mein Vater war ein interessanter


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