Pink Floyd. Mark Blake

Pink Floyd - Mark  Blake


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Barrett und ein Junge namens Nobby Clarke spielten Gitarre, Mottlow gab den Leadsänger, während Clive Welham, der 2012 verstarb, hinterm Schlagzeug Platz nahm. „Es ist durchaus möglich, dass ich damals, als Syd und ich anfingen zusammen zu spielen, noch nicht einmal ein vernünftiges Schlagzeug besaß und stattdessen mit Messern auf ein paar Keksdosen trommelte“, verriet Clive. „Aber dann kaufte ich mir ein Schlagzeug, nahm Stunden und wurde sogar ganz gut. Ich weiß allerdings nicht einmal mehr, wer unser Bassist war.“ Welham meinte im Gegensatz zu dem, was in den meisten Büchern zu diesem Thema steht, dass es nicht Tony Sainty gewesen sei, dieser jedoch gemeinsam mit David Gilmour in Bands gespielt habe. „Ich spielte später mit Tony in Bands zusammen“, betonte Clive, „aber nicht in jener mit Syd. Es gab viele, die mal vorbeikamen. Roger Waters trieb sich immer bei Syd zuhause herum, aber das war noch bevor er selbst Musik machte.“

      Das Repertoire der Mottoes umfasste Coverversionen von Buddy Holly, Chuck Berry, den Shadows und Eddie Cochran. Jahre später sollte Barrett der Musikpresse mitteilen, dass die Band oft bei privaten Partys aufgetreten sei. Vor zahlendem Publikum spielte sie jedoch nur ein einziges Mal und zwar bei einem Benefizkonzert für die Campaign for Nuclear Disarmament (CND), welches im lokalen Friends Meeting House stattfand. Das zugehörige Konzertplakat entwarf Roger Waters. Die Verbindung war sowohl politisch als auch musikalisch. Roger teilte das Interesse seiner Mutter für linksorientierte Politik und war inzwischen Spendensammler für den Morning Star sowie Vorsitzender der Jugendorganisation des ortsansässigen CND geworden. Später beteiligte er sich auch an Märschen des CND nach Aldermaston, einem Stützpunkt der Royal Air Force. „Wenn Roger Waters da war, rissen wir uns alle am Riemen“, lacht Libby Gausden. „Es war, als ob ein Lehrer den Raum betreten würde. Da er etwas älter war, kaufte man ihm diese Rolle auch ab. Er hatte schon ein Motorrad, bevor wir anderen überhaupt den Führerschein hatten. Und außerdem besaß er noch eine Lederjacke.“ Die Band sollte sich irgendwann zwar auflösen, doch hatte Mottlow 1965 mit seiner nächsten Gruppe, den Boston Crabs, mit „Down in Mexico“, einem zukünftigen Klassiker des Northern Souls, einen kleineren Hit, während Clive Welham sich zum festen Inventar der Szene in Cambridge entwickelte.

      Als er 16 war, näherte sich Syds Zeit an der County ihrem Ende und er verkündete, zur Kunstschule gehen zu wollen. Seine Mutter arbeitete im Büro der Cambridge School of Art und um das Vorhaben ihres Sohnes zu fördern, arrangierte sie, dass er und John Gordon an einem außerplanmäßigen Kunstunterricht, der am Samstagmorgen stattfand, teilnehmen durften. Ihr Fleiß sollte sich schlussendlich auszahlen. Im Sommer 1962 schrieben sich beide Jungs an jener Schule ein, wo Syd zwei Jahre lang Kunst und Design studieren würde, wobei er sowohl bei den Lehrern als auch seinen Mitschülern einen bleibenden Eindruck hinterlassen sollte. „Syd war eine große Persönlichkeit“, erinnert sich John Watkins, der mit ihm die Schule besuchte. „Aber er hatte eine ganz schön große Klappe. Ich meine das auf eine nette Art und Weise. John Gordon glaubt, dass das wahrscheinlich mit dem Tod seines Vaters zu tun hatte. Syd forderte es stets heraus, er ließ sich nichts gefallen und ließ auch niemanden im Unklaren darüber.“

      Die Cambridge School of Art, die sich in der East Road befindet, war im 19. Jahrhundert gegründet worden. Zu den Absolventen zählten unter anderem der Karikaturist und Illustrator Ronald Searle, bekannt für seine St. Trinian’s-Buchreihe, sowie die Erfinder der Puppen von Spitting Image, Peter Fluck und Roger Law.

      „Syd erinnerte mich an einen spanischen Zigeuner“, sagt Richard Jacobs, der zusammen mit Barrett den Zeichenkurs besuchte. „Später behauptete er gerne, dass seine Großmutter eine Zigeunerin gewesen sei. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir ihm das abkauften. Zum ersten Mal sah ich ihn im Sommer 1962. Er hatte eine Akustikgitarre und trug eine Levi’s. Ich war sehr beeindruckt. Zu jener Zeit kleideten wir anderen uns noch sehr proper. Im Keller des Schulgebäudes gab es einen Aufenthaltsraum, in dem Syd während der Pausen Hof hielt. Er saß stets auf einem Fensterbrett und spielte auf seiner Gitarre. Er sang diesen alten Music-Hall-Song, ‚just because my hair is curly, just because my teeth are pearly …‘.“ (Ein Jazz-Song von 1910, der später auch von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong aufgenommen wurde.)

      Durch die Schule kam Barrett auch erneut in Kontakt mit David Gilmour. Gilmours Eltern waren für einen kurzen Besuch aus den USA heimgekehrt und er selbst studierte mittlerweile Neuphilologie am Cambridgeshire College of Arts and Technology, das sich gleich neben Barretts Schule befand. Laut John Watkins verbrachte er die meiste Zeit zwischen den einzelnen Vorlesungen in der Kunstschule. „Ein paar von uns spielten Gitarre. Ich allerdings eher schlecht als recht. Aber wir fingen an, uns zur Mittagszeit in der Kunstschule zu Sessions zu verabreden“, sagt Watkins. „David fing an, sich daran zu beteiligen, und verbrachte mehr und mehr Zeit mit uns. Vor Cambridge war ich in Ägypten und auf Zypern, weshalb ich nicht wusste, was in der englischen Musikszene so vor sich ging. Ich besaß eine Gitarre und fing an, mir Sachen von Syd abzuschauen. Er brachte mir ein paar Sachen bei und auch David bettelte ich stets um ein paar neue Akkorde an. Die Beatles standen noch ganz am Anfang und Syd hatte sich gerade Songs wie ‚Twist and Shout‘ beigebracht. David machte mich mit Bob Dylan vertraut.“ Gilmour hatte den amerikanischen Sänger und Songwriter für sich entdeckt, als seine Eltern ihm aus den USA ein Exemplar seines jüngsten Albums mitbrachten. In der ganzen Zeit, die ich ihn dort sah“, sagt Stephen Pyle, ein anderer Schüler, „sah ich ihn niemals ohne eine Gitarre. Er war schon damals sehr zielstrebig, was das anging.“

      Zwar war Gilmour in Bezug auf neue Akkorde ein verlässlicherer Lehrer, aber Syd war empfänglicher für abgefahrenere Tricks. „Sein Ansatz war experimenteller“, erinnert sich ein anderer alter Kumpel aus Cambridge, David Gale. „Ich erinnere mich, dass Syd einmal in seinem Zimmer ein Zippo, das vermutlich einem amerikanischen Soldaten gehört hatte, auf dem Griffbrett rauf und runter schob. Außerdem enthielt dieses Zippo eine Art Spieldose und spuckte ein paar Töne aus. Er rutschte also mit dem Zippo auf den Saiten der elektrisch verstärkten Gitarre herum, wodurch sich dieser Bottleneck-Effekt ergab, und gleichzeitig noch diese Melodie aus dem Inneren des Feuerzeugs – das ähnelte den Dingen, die er bei Pink Floyd abzog.“ Syd war bekannt für seine Possen, die er während des Unterrichts zu reißen pflegte. Einmal störte er die Diavorführung eines Lehrers, indem er seine Kommilitonen durch das Fenster am hinteren Endes des Klassenzimmers nach draußen lotste, damit sie in weiterer Folge wieder bei der Türe hereinspazierten, was zu einem nicht abreißenden Fluss von wiederkehrenden Kursteilnehmern führte. Ein anderes Mal versteckte er seine Gitarre unter seinem Pult und schlug die Saiten mit seinen Füßen an, was den Lehrer zur Weißglut brachte, da er nicht ausmachen konnte, woher die Geräusche stammten. „Ich erinnere mich an Syd als jemanden, der sich gegenüber dem Lehrpersonal gerne stur und aufmüpfig verhielt“, sagt Richard Jacobs. „Es gefiel ihm, für Aufruhr zu sorgen. Er stürmte auch gerne mal aus dem Unterricht. Er mochte es einfach nicht, wenn man ihm sagte, was er zu tun hätte. Einmal wollten wir alle zusammen eine Studienfahrt unternehmen, doch er weigerte sich, in den Bus zu steigen. Keine Ahnung, was da los war. Er wollte es uns nicht verraten. Mitunter hatte er einfach diese Trotzanfälle. Es wirkte auf gewisse Weise recht weibisch.“

      John Watkins fiel außerdem eine unkonventionelle Dynamik im Haus der Barretts auf: „Syd war nach dem Tod seines Vaters der Mann im Haus geworden. Er liebte seine Mum, verhielt sich ihr gegenüber aber recht komisch und sehr unwirsch. Ich glaube, er wollte sie aus der Reserve locken und herausfinden, wie weit er gehen konnte. Sein Schlafzimmer war sein Hoheitsgebiet und wenn ihm seine Mutter eine Tasse Tee brachte, schrie er sie an: ‚Raus aus meinem Zimmer, Frau!‘“

      „Syds Mutter Win war eine herzliche, wunderbare Frau“, erinnert sich Libby Gausden. „Sie sah immer nur das Gute in den Menschen, weshalb Syd bei ihr mit allem durchkam. Sie war älter als die Mütter von uns anderen. Sie hatte Syds Brüder Don und Alan bekommen, als sie noch sehr jung gewesen war. Don war bei der Royal Air Force und Alan war Akademiker – und beide waren sie kahl mit 30! Ganz anders als Syd. Er unterschied sich von allen seinen Familienmitgliedern. Er war schon immer so, auch als sein Vater noch lebte. Syds Dad hielt sich ja stets nur in seinem Studienzimmer auf, weshalb Syd tun und lassen konnte, was er wollte.“

      Abseits der mittäglichen Musik-Sessions war Syds Zugang zu seinem künstlerischen Schaffen zwar mitunter recht unbeständig, doch er führte oft auch zu Ergebnissen. Manche frustrierte es etwa, dass Syd oft lieber in seinem Garten als an der Kunstschule


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