Joe Cocker - Die Biografie. Christof Graf

Joe Cocker - Die Biografie - Christof Graf


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Energie, und nachdem sie dem Clubbesitzer für diese neue Chance gedankt hatten, machten sich alle in Dave Memmotts altem Transporter auf zur Südküste. Terry erzählt die Geschichte gerne ausführlich: „Zu dieser Zeit hatte jede Band einen schmutzigen und eher klapprigen alten Transporter. Das war bei Joe und seinen Jungs nicht anders, und Daves Transporter hatte sogar eine klemmende Tür! Ich habe ihnen Geld gegeben für die Überfahrt mit der Fähre und andere Ausgaben. Sie waren unterwegs zu ihrem ersten Gig in Orleans, aber zunächst mussten sie eine eiskalte Winternacht in der Nähe von Dover auf einem matschigen Feld im Transporter verbringen. Allerdings war es so, dass sie, als sie schließlich in Frankreich ankamen, eine Summe von 450 Pfund an den Zoll zu zahlen hatten – denn in diesen Tagen war die Nachfrage nach Bandzubehör sehr groß. Sie hatten dieses Geld nicht und wurden folglich nicht ins Land gelassen. Sie kratzten also gerade noch genug Geld zusammen, um die nächste Fähre zurück nach England zu nehmen. Innerhalb weniger Stunden nach ihrer Abreise befanden sie sich wieder in England und pumpten mich schon wieder um Geld an! Ich sendete es ihnen unter der Bedingung, dass jemand bei ihren Stopps im Transporter bliebe, damit das Equipment nicht verlorengehe. Als Nächstes legte ich ihnen nahe, über Ostende in Belgien einzureisen, da dort der Zoll weniger streng sein sollte.“

      Sie mussten also eine weitere kalte Nacht im Transporter auf demselben Feld verbringen, bevor sie schließlich in ein neues Abenteuer aufbrachen, dass bald ihrer aller Leben verändern sollte. Schließlich erreichten sie ihr Ziel und wurden ziemlich überraschend von ihren Gastgebern gefragt, ob sie irgendwelche Lieder der Beatles spielen könnten. Joe erklärte, dass sie dies nicht draufhätten, und er wurde umgehend informiert, dass sie in diesem Fall wahrscheinlich gelyncht werden würden! Joe ging damit allerdings locker um, und schon bald akzeptierten ihn die Soldaten der Luftwaffe. Die Band wurde ständig mit Burgern und kostenlosen Drinks versorgt. Es gab jedoch keine Unterkunft und nur wenig Lohn für die Auftritte, so dass sie die meisten Nächte wieder im Transporter verbringen musste. Cocker telefonierte ständig mit dem Club (sogar per R-Gespräch) und bat um mehr Geld für die Deckung der Ausgaben. „Es kostete mich ein wahres Vermögen“, gesteht Terry Thornton und fügt hinzu: „Später bekam ich von ihm einen weiteren dringenden Telefonanruf. Dieses Mal fragte er nach einem ‚Elch‘! Dies war der amerikanische Ausdruck für eine weibliche Sängerin. Cocker war auf einem weiteren Luftwaffenstützpunkt angekommen, und man teilte ihm rundheraus mit: ‚Keine Sängerin, kein Auftritt!‘“

      „Ich habe lange angestrengt nachgedacht“, erinnert sich Terry. „Dann kontaktierte ich Marie Woodhouse. Ihrem Vater gehörte ein Pub in den Randbezirken von Sheffield. Sie war eine sehr gute einheimische Künstlerin und sah außerdem ein bisschen wie Marilyn Monroe aus. Ohne sie wären die Jungs am Ende gewesen. Sie hatte einen sehr breiten Akzent, und die Yankees liebten sie. Sie kam unheimlich gut an! Und mit Marie an Bord bekam die Band auch noch mehr Auftritte anderswo. Diese Tournee formte Cocker, und er kehrte als neuer Mensch zurück. Er war voller Selbstvertrauen, sehr professionell und sehr schlank!“

      Joe Cockers Leben war auch weiterhin ein Auf und Ab. Im Anschluss an seine Frankreichtournee hatte er mehrere Auftritte im Fernsehen, darunter bei „Top of the Pops“ und „Dee Time“. Er spielte außerdem in der Royal Albert Hall und bekam dafür beste Kritiken, aber er hatte in der Folge nur unregelmäßig Engagements, und es herrschte wieder eine ziemliche Flaute. Joe war gezwungen, sich nach Alternativen umzusehen, bis er wieder im Aufwind sein würde.

      Terry Thornton kämpft weiter für Cocker: „Joe hat immer an seine eigenen Fähigkeiten geglaubt. Er besaß eine ihm ureigene Entschlossenheit. Das ließ ihn immer weitermachen, und so ist er der geworden, den wir heute kennen. Er legt großartige Auftritte hin und ist inzwischen zur Legende geworden.“

      Im November 1968 war der Zeitpunkt gekommen, an dem Cocker auf der Karrierelaufbahn alle Stationen durchlaufen hatte, und er wurde endlich mit einem Charts-Erfolg belohnt, „With A Little Help From My Friends“.

      Der eigentliche Grund für diesen Erfolg ist dem Esquire Club geschuldet und liegt vielleicht doch in einem Zusammentreffen von Terry Thornton, Ray Stuart, Dave Memmott und Joe Cocker drei Jahre zuvor begründet, als sie nach einem Auftritt zusammensaßen und ein Ouija (Hexenbrett) befragten.

      „Es war damals ein ziemlich gängiges Mittel zur Entspannung, und jeder stellte der Reihe nach eine Frage“, sagt Terry hierzu. „Joe trieb zur damaligen Zeit der Wunsch um, seinen Rivalen Dave Berry in Bezug auf einen Charts-Erfolg einzuholen, und er stellte ganz direkt die Frage: ‚Wann bin ich an der Reihe?‘ Erstaunlicherweise gab das Brett Folgendes wieder: ‚With a Little Help From Your Friends.‘“

      Der Clubbesitzer ergänzt, dass es irgendwie ein unheimlicher Augenblick gewesen sei: „Wir haben nur herumgealbert, wie wir das oft gemacht haben, aber es hat diese Worte glasklar von sich gegeben. Es erinnerte mich an die alten Zeiten mit dem Geisterthema im Club 60 – doch es sollte erst ein paar Jahre später der Zeitpunkt kommen, an dem wir an die Bedeutung dieses Abends erinnert werden würden.“

      Joe ging auf Promotiontour, gab Interviews und Pressekonferenzen, spielte auf Festivals mit Deep Purple, Jethro Tull und Jeff Beck und bekam einen Plattenvertrag, der ihn mit dem Produzenten Denny Cordell zusammenbrachte, der mit Joe das Debüt-Album vorbereitete. Joe war kurz vorm Abheben und fühlte sich in der damals entstandenen Edel-Hippie-Gesellschaft Londons als aufsteigender Stern sehr wohl. Noch im Dezember 1968 wurde er wegen Marihuana-Besitzes festgenommen. Seine Freundin Eileen nahm die Sache schließlich auf sich, um Joes erste Amerika-Reise im April 1969 nicht zu gefährden. Die Amerikaner waren bei Drogenfällen schon immer recht sensibel. Professionell beendete er die Aufnahmen zum ersten Album namens „With A Little Help From My Friends“, das am 23. April 1969 erschien.

      Im Februar und März gingen Joe, Chris und die Grease Band noch einmal auf Englandtournee, bevor es dann mit Hilfe von Denny Cordell erstmals nach Amerika ging. Dort präsentierte sich Joe Ende April in der Ed Sullivan Show, wo er und die Grease Band die zweite Single „Feelin’ Alright“ vorstellten. Für damalige amerikanische Verhältnisse wirkte die Performance von Joe aufgrund des etwas unvorteilhaften Äußeren und der Mimik und Gestik vielleicht ein wenig befremdlich, aber es war ein perfekter Start für die Tournee, die darauf folgte, um das Debüt-Album zu promoten.

      Dann trat Joe Cocker im Fillmore West in San Francisco auf, dem legendären Club von US-Konzertveranstaltungs-Guru Bill Graham. Das „neue“ Fillmore hatte erst im Juli zuvor aufgemacht. Aufgrund von Problemen in der Nachbarschaft und der bescheidenen Kapazität des Saales zog der zunächst noch Fillmore Auditorium genannte Club in den ehemaligen Carousel Ballroom an der Market Street, Ecke South Van Ness Avenue, und nannte sich fortan, zur Unterscheidung vom mittlerweile gegründeten Fillmore East in New York, Fillmore West. Joe erntete einerseits phänomenale und andererseits zur leicht befremdlichen Performance passende irritierende Kritiken. Die amerikanische Presse war von Joe Cockers Optik ein wenig verunsichert und beschrieb ihn als „hässlichen fetten Jungen mit goldener Seele“. John Mendelsohn von der LOS ANGELES TIMES meinte: „Auf der Bühne ist Joe Cocker ein wahres Wunder, wie er so spastisch herumfuchtelt, seine Arme um seinen Kopf schwingt und Grimassen zieht, als hätte er die allergrößten Schmerzen.“ Und Albert Goldman vom LIFE MAGAZINE ging noch weiter und sogar unter die Gürtellinie: „Man hatte ja schon von seinen seltsamen Bewegungen gehört“, schrieb er, „aber diese Mischung aus Parkinson’scher Krankheit, Muskelschwund und Veits-Tanz, das musste man erst einmal selber gesehen haben, um es zu glauben.“ Der ROLLING STONE bezog sich bei der Kritik über seinen Auftritt im Whisky A Go Go in Los Angeles auf eine kleine Begebenheit während des Konzertes und bescherte ihm damit große Aufmerksamkeit: „Als die Band zu ihrer explosiven Version von ‚With A Little Help From My Friends‘ kam, sprang ein junges Mädchen auf die Bühne und warf sich zwischen Joe Cockers Beine, offensichtlich halb verrückt geworden vor Entzücken über diese heiße Stimme und seine Verrenkungen, und begann, ihn leidenschaftlich zu bearbeiten. Sekunden später entwich Cockers Kehle der Schrei seiner Karriere.“ Das Ganze wurde fotografisch festgehalten, das Foto mitabgedruckt und die Aufnahme später für ein Riesen-Promotion-Poster am Sunset Boulevard, Hollywood, verwendet.

      Der Durchbruch mit dem Debüt-Album „With A Little Help From My Friends“, das zwölf Songs versammelte, war geschafft. Fans urteilen noch heute, dass wie bei so vielen anderen Acts, auch bei Joe Cocker Folgendes


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