Das gefährliche Spiel. Barbara Cartland

Das gefährliche Spiel - Barbara Cartland


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übermüdet“, sagte sie sich beruhigend.

      Sie nahm ihren kleinen Strohhut ab und ordnete ihr schönes rotes Haar. Sie trug ein gestreiftes Seidenkleid, das unter den Prinzessinnen viel Bewunderung hervorgerufen hatte.

      Dann trat sie in den Salon.

      Die Herzogin saß vor dem Kamin auf einem Sofa, ihre Lippen waren vor Konzentration aufeinandergepreßt, während sie stickte.

      Der Herzog stand neben ihr, mit dem Rücken zum leeren Kamin. Zenka hatte das Gefühl, als würde er sich gerne wärmen. Er schien zu frieren.

      Dann zwang sie sich, näher zu gehen, und sagte lächelnd: „Ich bin zurück, Pate. Es ist früher, als ich dachte.“

      „Schön, dich zu sehen, Zenka.“

      Er küßte sie auf die Wange, und Zenka knickste vor der Herzogin.

      „Ich hoffe, du hast dich mit deinen großartigen Verwandten amüsiert“, sagte die Herzogin.

      Es war nicht zu überhören, daß sie alles andere als dies wünschte.

      „Es war ein großartiges Erlebnis“, erwiderte Zenka. „Und ich werde es niemals vergessen. Die Königin war wunderbar im Hyde Park. Sie muß entsetzlich müde sein nach diesen drei Festtagen.“

      „Sie ist aus Eisen“, bemerkte die Herzogin, und ihre Worte klangen nicht wie ein Kompliment.

      Dann sah sie den Herzog an, als wollte sie ihn zum Reden auffordern.

      Er räusperte sich, bevor er sagte: „Setz’ dich, Zenka. Ich muß dir etwas mitteilen.“

      Ihr Gefühl hatte sie also nicht betrogen. Irgendetwas stimmte nicht, aber sie hatte keine Ahnung, was es sein könnte.

      Während sie sich setzte, fühlte sie ein unangenehmes Prickeln in ihrem Körper. Ihre Hände waren eiskalt.

      Sie legte den Hut neben sich und fragte: „Worum handelt es sich, Pate?“

      „Ich hatte eine kurze Unterredung mit der Königin, nachdem sie Samstag früh aus Windsor angekommen war“, sagte der Herzog.

      Zenkas Augen beobachteten sein Gesicht, er sah sie jedoch nicht an, und sie hatte das Gefühl, daß das, was er ihr zu sagen hatte, ihn selbst sehr aufregte.

      „Du kannst dir sicher vorstellen, daß Ihre Majestät nur wenig Zeit hatte“, fuhr der Herzog fort. „Sie mußte die Blumen begutachten, die man im Palast abgegeben hatte - wunderschöne Blumen -, und sie mußte selbstverständlich noch ein wenig vor dem Familienessen ruhen.“

      „Zu dem wir nicht eingeladen waren“, warf die Herzogin bitter ein.

      „Wir sind nicht königlicher Herkunft, meine Liebe“, erwiderte ihr Gatte.

      „Natürlich nicht - nicht wie Zenka!“ zischte die Herzogin.

      „Warum wollte die Königin dich sehen, Pate?“ fragte Zenka.

      „Darüber will ich mit dir sprechen, Zenka“, sagte der Herzog wohlwollend. „Die Königin hat mir mitgeteilt, daß sie es jetzt, nachdem du achtzehn Jahre alt geworden bist, an der Zeit hielt, eine Heirat für dich zu arrangieren!“

      Alles hatte Zenka erwartet, aber nicht dies. Ihre Augen weiteten sich, und für einen Augenblick war sie sprachlos.

      Dann fragte sie: „Warum sollte die Königin für mich eine Heirat arrangieren? Sie hat doch keine Veranlassung dafür.“

      „Du vergißt, daß die Königin deiner Mutter sehr zugetan war“, erwiderte der Herzog. „Sie hat mit großer Herzlichkeit von ihr und auch von deinem Vater gesprochen. Sie hat den Schock, den ihr die Nachricht vom Tode deiner Eltern bereitet hat, bis heute nicht verwunden.“

      „Für mich war es sicher auch ein Schock“, sagte Zenka leise, „aber ich möchte nicht, daß die Königin für mich eine Heirat arrangiert. Ich habe nicht die Absicht, jetzt schon zu heiraten.“

      „Es ist eine große Ehre, meine Liebe, daß Ihre Majestät sich Gedanken über deine Zukunft macht.“

      „Das weiß ich“, sagte Zenka schnell. „Aber ich möchte meinen Ehemann selbst auswählen. Ich will nicht verheiratet werden, wie all die anderen Prinzessinnen!“

      Sie wartete, und als der Herzog nichts erwiderte, fuhr sie fort: „Erst heute habe ich darüber nachgedacht. Es muß furchtbar sein, wenn einem einfach befohlen wird, über irgendein Land zu regieren, das man vielleicht nie vorhergesehen hat, nur, weil die Königin eine solche Heirat für nützlich und vorteilhaft hält, um, wie die Diplomaten es ausdrücken, ,das Gleichgewicht der Macht zu wahren’.

      Ist es das, was die Königin dir gesagt hat, Pate?” fragte sie eindringlich.

      „So ähnlich hat sie sich ausgedrückt“, gab der Herzog zu.

      ,,Dann kannst du der Königin von mir ausrichten“, erwiderte Zenka, indem sie sich erhob, „daß ich nicht die Absicht habe, eine Speiche im Rad des britischen Molochs zu sein.“

      Sie ging quer durch den Salon, bevor sie sagte: „Du weißt, wie wir immer darüber gelacht haben, auf welche Weise die Königin jeden manipuliert. Du selbst hast dich darüber amüsiert, wie sie die Ehemänner und Ehefrauen für ihre Söhne und Töchter ausgesucht hat. Nun, ich werde dieses Spiel nicht mitspielen! Ich lasse mich nicht auf die gleiche Weise manövrieren. Du kannst es Ihrer Majestät ein für allemal klarmachen.“

      „Mein liebes Kind, es ist nicht so einfach, wie du dir das vorstellst“, sagte der Herzog vorwurfsvoll.

      „Warum verschwendest du deine Zeit, um mit ihr zu diskutieren?“ fragte die Herzogin scharf. „Du weißt ebenso wie ich, daß sie tun muß, was ihr befohlen wird. Du bist ihr Vormund, und sie ist noch nicht volljährig. Am besten sagst du ihr die Wahrheit und erzählst ihr, daß du den König in ihrem Namen akzeptiert hast.“

      „Akzeptiert? Welchen König?“ Zenka hatte sich hastig vom Fenster abgewandt.

      Der Herzog antwortete nicht, und nach einer Weile fragte sie ihn nochmals: „Welchen König hast du in meinem Namen akzeptiert? Ich will es wissen!“

      „König Miklos von Karanya“, sagte die Herzogin, bevor ihr Gatte das Wort ergreifen konnte. „Du solltest dich glücklich schätzen und dem Herrgott auf den Knien danken, daß er dir die Möglichkeit gibt, einen regierenden Monarchen zu heiraten.“

      Der Neid der Herzogin war nicht zu überhören, aber Zenka starrte den Herzog ungläubig an.

      „Das ist nicht wahr! Das kann nicht wahr sein!“ sagte sie schließlich. „Bitte, Pate, sag’ mir, daß es nicht wahr ist! Das du nicht eingewilligt hast, daß ich den König Miklos heiraten soll.“

      „Es ist der Wunsch der Königin, mein Liebes.“

      „Und ich weiß auch, warum!“ rief Zenka aus. „Karanya ist natürlich wichtig für das Gleichgewicht in Europa. England will verhindern, daß Österreich und Ungarn ihre Grenzen erweitern, und Karanya ist der Puffer zwischen diesen Ländern und dem Ottomanischen Reich.“

      Sie wartete einen Augenblick, bevor sie hinzufügte: „Nun, ich habe nicht die Absicht, ein Puffer zu sein. Ich weigere mich ... hörst du mich, Pate? ... Ich weigere mich strikt und endgültig, König Miklos von Karanya oder irgendeinen König, den die Königin für mich aussucht, zu heiraten.“

      Sie ging auf die Tür zu und drehte sich dann noch einmal um.

      „Wenn ich jemals heiraten sollte, dann werde ich es aus Liebe tun, und keine Königin kann mich überreden, etwas anderes zu tun.“

      Sie verließ den Salon und konnte sich nur mit Mühe davon zurückhalten, die Tür zuzuschlagen, da sie es als unwürdig empfand.

      Zornig rannte sie die Stufen hinauf zu ihrem Zimmer.

      Wie konnte Königin Victoria es wagen anzunehmen, daß sie sie in der gleichen Weise kommandieren konnte, wie sie es mit ihren Söhnen und Töchtern getan hatte?


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