Hölle auf zwei Rädern. Kerrie Droban

Hölle auf zwei Rädern - Kerrie Droban


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Kichern. Cheese! Was machte der denn hier? Zähne blitzten auf. Ich konnte mein Spiegelbild in seiner dicken Brille erkennen, meine Augen groß wie ein panisches Reh, in einem dunklen Wald in die Enge getrieben, auf den Durchschlag der Kugel wartend. Cheese war nicht hier, um mich zu retten – er wollte mich anfeuern und mich bei der bevorstehenden Aktion unterstützen. Diverse Gerüche übermannten mich: Nasse Socken, Pisse und Schweiß. Fliegen krochen durch mein Haar. Die Frau umfasste meinen Schwanz mit dem Mund, lutschte sanft, dann härter und schneller, bis ihr Kopf in einem harten Rhythmus auf meinen Bauch schlug. Unter Schmerzen explodierte der weiße Saft auf dem Bauch. Um mich herum klatschten sie Beifall. Wie durch einen Nebel nahm ich den hohlen Applaus wahr. Ich fühlte mich benommen, als sich meine Augen der Dunkelheit anpassten. Andere Typen hatten schon die Hosen runtergelassen und warteten darauf, dass sie an die Reihe kamen. Ein Klopfen an der Tür. Es war Mum, die heulte.

      „Das hast du gut gemacht, Kleiner.“ Ich erkannte die Stimme von Salt Lick Cherie. Die Frau leckte sich die Finger ab, winkte mir zu und flüsterte: „Lutschen und ficken – darum dreht sich alles.“

      Später, in der Stille meines Zimmers, begann ich zu zittern. Keine Tränen, nur ein Versuch sich gegen das Geschehene zu wehren. Vergewaltigung, wie auch der Tod – das geschah doch nur anderen Leuten, nicht Zwölfjährigen und nicht Jungen! Jungen wurden nicht von einer Hure vergewaltigt, während die eigene Mutter hilflos draußen steht! Mein Brustkorb tat weh und ein pochender Schmerz quälte meine Schläfen. Ich brauchte Ablenkung, etwas, das mich vergessen ließ, mir eine andere Wirklichkeit vortäuschte und das Hässliche in meinem Leben verdrängte. Weil ich diesen Scheiß einfach nicht mehr ertragen konnte. Es war einfach zu hart. Ich hielt das nicht mehr aus. Ich war ein gutes Kind – ein gutes Kind – ein Kind! Ich verschloss die Tür, rauchte, bis ich high war, und tauchte erst Tage später auf, groggy und hungrig, nur noch Rache im Sinn.

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      Pagans auf einer Tour.

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      Saint auf seinem Bike.

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      „Du lebst so und plötzlich bist du ein Outlaw.

      Man bezeichnet dich als Outlaw. Aber ich kann dir eins sagen: Man macht uns zu Outlaws.“

      Fast Tank im Gespräch mit einem Reporter

      „Du schmeißst mich raus?“ Spucke flog aus seinem Mund und verfing sich in seinem Bart. Die Frage war eher eine Feststellung. Der nackte Schein eines Verandalichts hüllte ihn in weißes Glühen. Aus der Ferne hörte ich das Zirpen von Grillen. Seine Augen wirkten wässrig. Eine unheimliche Stille herrschte im Raum.

      „Schau dich nur an!“ Saint kreuzte die Arme. In seinem Gesicht zeigten sich Ekel und Enttäuschung, so als wäre Fast Tank ein Haustier, das gerade auf den Teppich gemacht und gegen die Gesetze des Clubs verstoßen hatte.

      „Ich bin ein wenig durcheinander“, antwortete er mit einem gleichgültigen Unterton.

      „Du bist fertig und verbraucht.“

      Junkies stellten ein Kontrollproblem dar, eine Schwäche, die die ganze Rangordnung des Clubs bedrohen und zum Einstürzen bringen konnte.

      Dope verkaufen bedeutete Profit, es sich selbst einzuwerfen gefährdete das organisierte Verbrechen. Die Drogenpolitik der Pagans glich der anderer Clubs: Die, die Drogen nahmen, mussten sie auch kontrollieren können. Der Handel mit Betäubungsmitteln zum eigenen Gebrauch führte oft durch Unvorsichtigkeit zu Beschattungen und langen Haftstrafen.

      Durch Saints Anschuldigung stand Fast Tank wie versteinert da. Ich wusste, was nun kommen würde. Fast Tank fällte seine Entscheidung – für die Drogen! Neugierig stellte ich mich näher an das Fenster und schnappte den Geruch ranziger Jeans auf. Die Kutte, ausgefranst durch jahrelanges Tragen und bestickt mit Aufnähern des Clubs, passte Fast Tank kaum mehr, doch niemand tauschte seine Markenzeichen gegen eine größere Nummer aus. Das Club-Maskottchen, die Figur Dark Zurt, hätte eigentlich auf der Mitte von Fast Tanks Rücken hocken sollen, doch stattdessen sah man da Muspell, einen Schutzdämon aus der nordischen Mythologie mit Hörnern wie ein Bulle und Krallen wie bei einem Hahn. Er saß in einem Feuerbogen in der Nähe von Tanks Nacken. Das Bild war mit der Zeit verblasst, was wieder mal bestätigte, dass der Club besser Leder statt Jeans eingeführt hätte.

      „Schnee von gestern“, bemerkte Saint einmal, als er dachte, ich würde nicht genau zuhören. „Für mich stehen Jeans in der Tradition. Aber schau dir das mal an.“ Er zeigte mir die Bekleidung des Clubs mit den aufgestickten Buchstaben PAGAN’S, die sie seit einigen Jahren trugen. „Da ist ein verfluchtes Apostroph vor dem S. Das ist grammatikalisch nicht korrekt.“ Der Stoff wirkte ausgeblichen, was eigentlich noch schlimmer war. Nach einer Weile konnte niemand mehr die Aufschrift auf der Weste lesen und noch etwas später hatten die Pagans gar keine Identität mehr. Fast Tanks Kutte zierte kein Apostroph.

      Der Biker quälte sich aus der Weste und überreichte sie Saint zusammen mit den Abzeichen. Keine Ausreden, keine Entschuldigungen. Fast Tank war raus – einfach so. Doch ich fühlte den Schock, das Anschwellen von Gewalt, die sich wie ein Gewitter entlädt. Plötzlich verstummten die Gespräche und es entstand eine Stille, die wie ohrenbetäubender Lärm wirkte. Mir kam es so vor, als würden die Billard-Queues mitten in der Luft stehen bleiben und die Billardkugel wie in Zeitlupe in eins der Löcher rollen. Über den glänzenden Bowling-Bahnen hing eine gespenstische Ruhe, die weißen Kegel waren aneinandergereiht wie Soldaten in Kampfformation. Niemand bewegte sich.

      Saint steckte sich die Kutte unter den Arm, schloss leise die Außentür und legte den schmiedeeisernen Riegel vor. Er warf mir einen Blick zu und ging nach oben, um den Ausschluss von Fast Tank zu besprechen. Saint hielt eine Notfall-Vollversammlung ab. Die anderen Biker schlurften ihm nach, wobei ihre harten Stiefel auf der Treppe donnerten. Mit einem Knall schloss sich die Tür hinter ihnen. Gedämpfte Stimmen drangen zu mir, hitzige Wortfragmente und der Lärm von Stühlen, die über den Beton rutschten. Terrible Tony saß wortlos in einer Ecke und sah aus, als ob er zum Inventar gehörte. Ein Querschläger, der in seine Schläfe eingedrungen war, hatte einen Gehirnschaden verursacht, doch seine hellbraunen Augen flackerten wissend. Die dünnen Hände umklammerten den Griff des von ihm selbst geschnitzten Totenkopfstocks. Terrible schaute in Richtung des Fensters.

      Ich zog den Plastikvorhang zur Seite. Der helle Schein der Verandalampe erleuchtete die Bikes, die in einer Reihe aufgebockt waren und einer Kavallerie aus Chrom ähnelten. Die Fahrer hatten die Kisten mit den Nummernschildern von der Straße abgewandt aufgestellt, um den Bullen ihren Job zu vereiteln, die Informationen aufgrund der Registrierungsdaten sammeln wollten. Fast Tank schritt langsam aber zielstrebig auf die Böcke zu. Er ging methodisch vor und schlitzte die Räder mit der Ruhe und Gelassenheit eines Auftragkillers auf. Kein Fluch kam über seine Lippen. Immer wieder stach er zu. Er arbeitete dabei wie ein Metzger und schlitzte lange Löcher in das schwarze Gummi


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