Astralreisen. Thomas Karlsson

Astralreisen - Thomas Karlsson


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gingen oft ineinander über und manchmal konnte ich diesen Propellerlaut wie eine blendende, über mir rotierende Lichtscheibe wahrnehmen. Einigen Bücher über Theosophie und indische Yogaphilosophie zufolge gibt es eine Art von Energiezone am Scheitel oder gleich oberhalb des Kopfes. Es gibt verschiedene Namen für diese Zone, aber die gewöhnlichste Bezeichnung ist Sahasrara-Chakra, und es wird als das höchste der sieben Chakren angesehen.

      Der Begriff des Chakra entstammt der indischen Yogaphilosophie und bezeichnet einzelne Energiezonen im Menschen. Das niedrigste Chakra wird Muladhara genannt und ist mit den grundlegenden Instinkten gekoppelt, wie Essen, Flucht, oder dem Instinkt, sich verteidigen zu müssen. Die nächste Ebene, Svadhisthana, hängt mit den Geschlechtsteilen und dem Sexualtrieb zusammen. Das dritte Chakra wird Manipura genannt und kontrolliert den persönlichen Willen und das eigene Ego. Das Vierte heißt Anahata und ist mit Gefühlen und Empathie gekoppelt. Vishuddhi ist der Name des fünften Chakras. Es liegt am Hals und hat mit Kommunikation und Intellekt zu tun. Das sechste, mit Namen Ajna, wird auch manchmal als das dritte Auge bezeichnet. Einige Autoren meinen dass es der Epiphyse entspricht (ein kleines Organ in einem Teil des Zwischenhirns). In den Illustrationen der Yoga-Literatur ist es zwischen den Augenbrauen platziert und gleicht einem um 90° gedrehtem Auge, es erinnert aber auch an das weibliche Geschlechtsteil. Seine Funktion ist die der Erleuchtung und Einsicht, und ebenso die der spirituellen Wiedergeburt.

       Die sieben Chakren der indischen Yogaphilosophie

      Die siebte und letzte Chakra-Ebene ist einigen Büchern zufolge eigentlich kein Chakra, sondern spiegelt Gott selbst wieder: Shiva, was von manchen auch als „Gottesbewusstsein“ bezeichnet wird. Als ich während einer Schlafparalyse die rotierende Lichtscheibe über meinem Kopf ungewöhnlich deutlich wahrnahm, war ich überzeugt, dass dies das Sahasrara-Chakra sein musste, das die Inder in ihren uralten Schriften beschrieben. Dieses Chakra hat mit außerkörperlichen Erfahrungen zu tun, da Sahasrara in vielen Texten als ein Tor beschrieben wird, durch das die Seele aus dem physischen Körper austreten und in höhere spirituelle Dimensionen reisen kann. Durch dieses Chakra hindurchzugehen würde außerdem zur spirituellen Erleuchtung führen und den Zugang zum göttlichen Bewusstsein ermöglichen.

      Ich gedachte einen Versuch zu unternehmen. Wenn ich als Jugendlicher schon fast die Erleuchtung erreicht hatte, konnte ich nun wohl Personen wie Jesus oder Buddha um Längen schlagen. Sie waren ja etwas über dreißig als sie erleuchtet wurden, also hatte ich über ein Jahrzehnt Vorsprung. Mit steigendem Enthusiasmus brachte ich all meine mentale Kraft auf um zu versuchen, mein Bewusstsein hinauf zu der rotierenden Lichtscheibe zu bewegen. Das aber sollte ich bereuen! Alles wurde schwarz und ich erwachte in meinem physischen Körper, zusammen mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Ich musste zur Toilette laufen um mich zu übergeben.

      Mein astraler Durchbruch kam dann erst ein paar Wochen später. Als ich dieses Mal erlahmt in der Schlafparalyse lag, war die rotierende Lichtscheibe nicht vorhanden. Der Raum war dunkel und still, ohne irgendwelche außergewöhnlichen Erscheinungen von Lauten, Licht oder parallelen Dimensionen. Nach dem ungemütlichen Kontakt, den mein Kopf mit der Lichtscheibe erlitten hatte, wechselte ich meine Strategie. Ich wollte nun vorsichtiger zur Sache gehen und mich nur nicht-physisch bewegen – die Erleuchtung musste warten. In den Büchern, die ich über außerkörperliche Erfahrungen gelesen hatte, wurde die Schlafparalyse immer als Vorstadium zur Seelenreise beschrieben. Wenn ich nur wenigstens meinen Arm in diesem Zustand bewegen könnte, ich wäre schon zufrieden gewesen. Ich konzentrierte mich also auf meinen rechten Arm, und wurde sogleich an dieses ungute Gefühl, mich nicht bewegen zu können, erinnert. Mein Versuch scheiterte kläglich. Weder erhob sich mein physischer Arm noch sein astraler Gegensatz. Ich war schon nahe daran aufzugeben, als sich plötzlich eine intensive Vibration in meinem Arm ausbreitete, die sich dann auf meinen ganzen Körper übertrug. Es fühlte sich wie ein schwacher aber deutlicher Strom aus Elektrizität an, mal unbehaglich, mal schön. Das unbehagliche daran war das Gefühl, mein Nervensystem würde überladen werden und ich müsste gegen irgendetwas Hartes drücken. Das schöne Gefühl erinnerte an einen in die Länge gezogenen Orgasmus. Ich musste dagegen ankämpfen um nicht zu hyperventilieren und mein Herz schlug sehr heftig. Als ich mich endlich disziplinieren und entspannen konnte, nahm das schöne Gefühl überhand.

      Mein Körper leuchtete ein grelles elektrisches Licht. Auch meine Umgebung leuchtete und ich sah alles viel klarer als in meinem gewöhnlichen wachen Zustand. „Hand erheb dich!“ sagte ich still zu mir selbst, und konzentrierte mich darauf, die Hand nicht zum Erheben zu zwingen, sondern ein stilles Kommando meiner Gedanken anzuwenden. Als sich mein Arm in die Luft erhob, schrie ich innerlich vor Glück und wurde mit einer Woge aus Freude und neuen Erwartungen überschüttet. Es war nicht mein physischer Arm, der sich bewegte. Dieser lag immer noch auf dem Bett. Ein ganz anderer Arm bewegte sich stattdessen in Übereinstimmung mit meinem Willen in der Luft vor und zurück. Er glich meinem physischen Arm, obwohl er aus einer anderen Art von Material gemacht schien, ähnlich dem Licht oder der Elektrizität. Das hier war so viel mehr als nur die Tatsache, einen astralen Arm bewegen zu können – es war das Erlebnis von sich erfüllenden Hoffnungen und das erhebende Gefühl, vor etwas Grandiosem zu stehen. Kindliche Phantasien vermischten sich mit dem ehrfürchtigen Gefühl, große Mysterien zu erfahren. Die jahrelangen Studien des Spirituellen schienen endlich Früchte zu tragen. Es gab eine Wirklichkeit hinter den Theorien, und meine Erlebnisse als Kind schienen nun lebhafter als jemals zuvor. Ich hatte sie für eine lange Zeit entweder vergessen oder keinen Gedanken an sie verschwendet, nun aber hatte ich einen ausschlaggebenden Schritt getan um sie neu zu erwecken, in einer reiferen und kontrollierten Form. Auch wenn ich es bis jetzt nur geschafft hatte, meinen einen Arm zu bewegen, so war es doch ein entscheidender Meilenstein, der mir bewies, dass der nächste Schritt in Reichweite lag. Seit diesem Tag sollten die Schlafparalysen ein wünschenswerter und kein unangenehmer Zustand mehr sein. Die Nächte, die ich ohne diesen Paralysezustand verbrachte, machten mich unzufrieden. Allerhöchstens ein paar Mal in der Woche kam ich in den Zustand der Schlafparalyse und fast jedes Mal gelang es mir, den Erfolg, meinen astralen Arm aus dem physischen Körper zu heben, zu wiederholen. Ich hatte mich verbessert und konnte nun, beide Arme gleichzeitig herauszuheben. Ich war fasziniert von dem Schauspiel, wenn sie wie zwei Geisterarme durch einander hindurch gingen. Bei der Berührung flammten sie leicht auf, und wenn die astralen Hände wie zum Gebet gefaltet hielt, konnte ich sie mit gewaltiger Kraft zum Leuchten bringen. Es war fast als würde ich eine Art Energiekonzentration schaffen. Ein paar Monate nach diesem Gelingen, vermochte ich es, dass sich nicht nur die Arme, sondern auch die Beine hoben, was zu einer seltsamen Pose führte. Ich lachte in mich hinein, versuchte aber dennoch, den nächsten Schritt zu machen. Meine Hüften erhoben sich vom Bett und so auch bald mein ganzer Körper – bis auf den Kopf, der sich einfach nicht loslösen wollte. Ich stand also sozusagen astral auf dem Kopf und fand es dabei auch noch ganz lustig, obwohl es sich seltsam anfühlte, dass der Kopf so felsenfest saß. Unfreiwillig fing ich an zu rotieren, als wäre mein Körper eine Art Propeller. Das ging erst sehr langsam und fühlte sich herrlich an, fast so als würde man Karussell fahren. Doch dann erhöhte sich die Geschwindigkeit, bis ich mit gewaltiger Fahrt im Zimmer umher schwirrte. Nur der Kopf saß noch in dem physischen Körper fest, wie die Spitze eines Kreisels. Ich hörte ein Geräusch, so als würde eine Seite reißen; es war ein metallisch klingender Laut. Dann nahm mich eine unsichtbare Kraft in ihren Griff und ich wurde rückwärts schräg nach oben gezogen, als würde man Achterbahn in die falsche Richtung fahren. Dieses Gefühl der Freiheit kann nicht mit Worten beschrieben werden. Ich fühlte mich wie ein Schmetterling der aus seiner Puppe geschlüpft war und zum erstem mal seine Flügel benutzt. Schwebend blickte ich hinunter auf mich, wie dort mein physischer Körper auf dem Rücken lag und schlief. Ich hatte meinen Körper verlassen! Für mich war dies der Anfang eines Abenteuers ohne Gleichen.

      In meiner jetzigen Paralyse in dem Café vibrierte weiterhin die Kaffeetasse vor mir, während ich versuchte, Kontrolle über die Situation zu erlangen. Ich kannte außerkörperliche Erfahrungen, aber nicht in Situationen des Alltags. Was würde passieren, wenn ich meinen Köper jetzt verlassen würde, in einem Café, mitten in einer Unterhaltung mit einem guten Bekannten? Der Gedanke erfüllte mich mit Furcht. Noch nie zuvor waren solche Erlebnisse eingetroffen, ohne


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