Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach

Frausein zur Ehre Gottes - Hanna-Maria Schmalenbach


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und Kulturgütern ganz in der Hand der Männer liegt, die Trennung der Lebens- und Verantwortungsbereiche der Geschlechter in die öffentliche und private Sphäre besonders streng ist und wo religiöse Normen die Herrschaft des Mannes über die Frau betonen, rechtfertigen und vorschreiben. Es kommt meistens in kollektivistischen Gesellschaften deutlicher zum Ausdruck als in individualistischen, besonders dort, wo der Schutz und die Ehre der Familie eine wichtige Rolle spielen und wo letztere vom geschlechtsspezifischen Verhalten von Mann und Frau abhängig gemacht wird.96

      Die Stellung und Rolle der Frau in einer Volksgruppe ist ein Kulturmerkmal, das innerhalb eines universalen Grundmusters variiert. Letzteres umfasst eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die Trennung der Wirkungsbereiche in die öffentliche und private Sphäre, stereotype Normvorstellungen und eine Statusdifferenz zugunsten des Mannes. Als Ursache für dieses Grundmuster muss die biologische Disposition von Mann und Frau aufgrund der Schöpfung sowie deren Missbrauch durch die gefallene Menschheit in Betracht gezogen werden. Ob eine Kultur dieses Grundmuster zu Ungunsten der Frau pointiert oder die Geschlechter in einem eher ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, hängt von kulturellen Faktoren wie der Abstammungsrechnung, Wirtschaftsform und religiösen Prägung einer Volksgruppe ab. Insbesondere spielt aber auch ihre soziale Orientierung (Gruppenorientierung oder Individualismus) und ihr Konzept von Ehre und Schande eine wichtige Rolle.

      49 Der Missionar und Anthropologe Charles Kraft definiert den Kulturbegriff ähnlich als „total design for living“ (Kraft 1996, 44).

      50 Zitiert in Kraft 1979, 84.

      51 Charles Kraft führt eine von G. P. Murdock 1945 erstellte Liste von 73 Kategorien an, aus der die Beispiele entnommen sind (Kraft 1979, 87).

      52 Charles Kraft bezeichnet sie als „subsystems“ (Kraft 1996, 49).

      53 Ein anschauliches Beispiel ist das von A. Kardiner beschriebene Erleben des Bergvolkes der Tanala auf Madagaskar (Kardiner 1980, 112–113). Die Reisanbaumethode dieses Volkes hatte zu einer bestimmten Art der sozialen Organisation geführt: Das Land war Eigentum der Großfamilie und wurde von dem Familienvater auf sehr autoritäre Weise verwaltet. Alle Familienmitglieder ordneten sich ihm bedenkenlos unter und erhielten von ihm ihren gesicherten Unterhalt. Mit der Einführung einer neuen Reiskultivierungsmethode wurde das Land in Parzellen aufgeteilt und zum Eigentum der einzelnen Familienmitglieder, die nun als Individuen handeln und entscheiden mussten. Durch den entstehenden Wettbewerb und Kämpfe um die Zuteilung der Ländereien erlebte die Gesellschaft eine tiefe Krise. Ängste und Unmoral brachen aus, und die Existenz dieses Volkes war bedroht.

      54 Wie weit Sünde die Strukturen von Kulturen selbst durchdringt oder sich nur auf die Menschen bezieht, die Kulturen gestalten, ist Gegenstand der Diskussion unter christlichen Anthropologen. Während Charles Kraft die Strukturen einer Kultur eher als neutral und sowohl von Gott oder auch von Satan benutzbar ansieht (Kraft 1996, 34–35), hält Lingenfelter sie für völlig durchdrungen von der menschlichen Sünde, eben weil sündige Menschen sie für ihre eigenen Interessen aufbauen (Lingenfelter 1992, 18).

      55 Die Propheten sprechen solches Fehlverhalten, das sich vor allem im sozialen Miteinander äußert, immer wieder an (z. B. Amos).

      56 Der Ausdruck stammt aus dem im Fernstudium bearbeiteten Manuskript des Kurses Progress of Redemption in englischer Sprache aus dem Studienprogramm der Columbia International University (CIU).

      57 Nicholls spricht hier von dem „prophetic principle“ (Nicholls 1981, 59).

      58 Diesen Prozess erlebte die Verfasserin in einem Dorf der Tutunakú in Mexiko mit. Mit dem Entstehen und Wachstum einer christlichen Gemeinde gingen Alkoholsucht und die damit verbundenen Schlägereien, aber auch Misstrauen und Furcht im Dorf zurück, und es machte sich eine neue Hoffnung und Arbeitsfreude als Grundstimmung breit. Die Dorfbewohner führten dies selbst auf den Eintritt des Evangeliums in ihr Dorf zurück.

      59 Die Pionierin auf diesem Gebiet war die Anthropologin Margaret Mead. Sie nahm nach Bischof-Köhler aufgrund ihrer Erforschung dreier Südseevölker zunächst (1935) eine völlige Zufälligkeit und entsprechende Veränderbarkeit der kulturellen Rollenzuteilungen an (Bischof-Köhler 2004, 167).

      60 Auch M. Mead korrigierte ihre Aussagen diesbezüglich später (1949) und betonte, dass man mit biologisch bedingten Geschlechterunterschieden rechnen müsse (Mead 1992, 23; Bischof-Köhler 2004, 170).

      61 Dies sind Ergebnisse einer Aufarbeitung des Materials der Human Relations Area Files durch R. D’Andrade (1967), erwähnt in Bischof-Köhler 2004, 165–166. Eine aus Untersuchungsergebnissen mehrerer Forscher zusammengestellte Tabelle von als typisch männlich bzw. weiblich bezeichneten Tätigkeiten findet sich bei Bischof-Köhler (2004, 165).

      62 So werden in manchen Kulturen Frauen für zu schwach gehalten, um Arbeiten außerhalb des Hauses auszuführen, in anderen werden sie für geeignet gehalten, schwere Lasten zu tragen, da ihre Köpfe stärker seien als die der Männer (Mead 1992, 10–11.152). In manchen Kulturen, so auch im Stamm der Tutunakú in Mexiko, mit dem die Verfasserin vertraut ist, haben Frauen Funktionen, die – wie etwa Wasserholen und Brennholztragen – mehr körperliche Kraft erfordern als die sogenannten typisch männlichen Tätigkeiten.

      63 Zum Beispiel beschreibt Bischof-Köhler hierzu eine Studie von Barry et al. über geschlechtsspezifische Erziehungsziele in 110 Kulturen, bei denen für Mädchen das Gewicht auf Fürsorglichkeit und Verantwortlichkeit lag, bei Jungen auf Leistung und Selbstvertrauen.

      64 S. Goldberg führt als Beispiel den Status von Ärzten in der ehemaligen Sowjetunion im Vergleich zu den USA an: In der ehemaligen Sowjetunion wurde der Arztberuf mehrheitlich von Frauen ausgeübt, sein Prestige in der Gesellschaft war eher niedrig. In den USA gibt es überwiegend männliche Ärzte und das Prestige des Berufes ist sehr hoch (Goldberg 1977, 45).

      65 Hier sind vor allem die vom Islam geprägten Kulturen zu nennen (Deaver 1980, 31). Ein extremes kontemporäres Beispiel hierfür ist Saudi-Arabien, wo die Arbeitsteilung und die Trennung der Lebens- und Verantwortungsbereiche zwischen den Geschlechtern nahezu vollständig ist, die Rollenvorschriften für Verhalten und Kleidung detailliert und äußerst streng und der Autoritätsabstand zwischen Mann und Frau so groß ist, dass die Frau keine eigenen Entscheidungsspielräume hat, in allem vom Mann abhängig und seiner Willkür ausgeliefert ist. Eine Frau, die sich nicht völlig einfügt, riskiert ihren Lebensunterhalt oder gar ihr Leben (Deaver 1980, 19–41).

      66 Dies trifft vor allem auf die westlichen Kulturen zu, wobei eine besonders geringe Aufteilung und Machtdistanz zwischen den Geschlechtern in den skandinavischen Ländern zu finden ist (Hofstede et al. 1998, 81).

      67 Dieses kommt in den Beschreibungen der Anthropologen zum Ausdruck, die sich mit der Rolle der Frau in verschiedenen Kulturen befassen, zum Beispiel M. Mead (1992), E. Bourguignon (1980) M. Rosaldo und L. Lamphere (1974).

      68 Hiestand führt die Assymmetrie des Geschlechterverhältnisses letztlich auf die Ungleichheit der körperlichen Kraft zurückführt (2017, 101–118).

      69 Die Überlappungsbereiche sind so groß, dass die Variationsbreite zwischen Vertretern desselben Geschlechts größer ist als zwischen Männern und Frauen im Durchschnitt (Rosaldo und Lamphere 1974, 6; Van Leeuwen 2007, 180 und 197–198).

      70 Beim weiblichen Fötus ist es das weitgehende Fehlen von Testosteron, das die Entwicklung von weiblichen Geschlechtsmerkmalen mit den entsprechenden Verhaltensneigungen einleitet.

      71 Wie Jungen verhalten sich diesbezüglich auch Mädchen mit dem sogenannten AGS-Syndrom, bei denen aufgrund eines genetischen Defektes von der Nebennierenrinde fortlaufend Androgene produziert werden, die in der vorgeburtlichen Phase eine Vermännlichung bewirken.

      72 Wissenschaftler betonen an dieser Stelle immer wieder, dass die Überlappung zwischen beiden Geschlechtern bei diesen Merkmalen sehr groß, ja fast vollständig ist (Leeuwen 2007, 185).

      73 Siehe dazu auch die Ausführungen von Felker Jones, die betont, dass


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