Frausein zur Ehre Gottes. Hanna-Maria Schmalenbach

Frausein zur Ehre Gottes - Hanna-Maria Schmalenbach


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      Wichtig für die Rolle der Frau in der Praxis des Familienalltags ist es auch, ob die Wohnweise eines jungen Ehepaars patrilokal, also bei den Verwandten des Mannes, matrilokal, bei denen der Frau, oder auch neolokal, an einem neuen Ort ist (Käser 1998, 111; Kraft 1996, 294).77

      Auch die Eheform spielt keine unwesentliche Rolle. Interessanterweise ist der Status von Frauen in polygynen Ehen allerdings nicht immer niedriger, sondern manchmal auch höher als in monogamen (Lamphere 1974, 107–108; Käser 1998, 109).

      Zusammenfassend kann man erkennen, dass die Konzentration von Eigentum, Wohnort und Abstammungsrechnung in der männlichen Linie eine Struktur schaffen kann, in der die Unterordnung der Frau sehr akzentuiert wird, während eine solche in der weiblichen Linie zu großen Freiräumen für die Frau führen kann, das patriarchalische Grundmuster aber nicht aufhebt (Denich 1974, 259–260).

       2.2.3.2 Die Wirtschaftsform

      In enger Verbindung zur Abstammungsrechnung einer Volksgruppe steht ihre Wirtschaftsform, die ebenfalls einen großen Einfluss auf die Stellung der Frau hat. Als idealtypische Grundwirtschaftsformen gelten folgende:

      Jäger und Sammler. Die Jäger und Sammler sind kleine, einfach strukturierte, nomadische Volksgruppen, die heute meist nur noch in den unwirtlichen Gegenden der Erde, den Grasländern, Trockengebieten, subarktischen Waldgebieten und Polargebieten leben (Käser 1998, 54) und ihre Existenz durch das Jagen von Wild und das Sammeln von Beeren, Wurzeln und Kräutern sichern. Sie sind nicht sesshaft. Bei ihnen gibt es eine klare Arbeitsteilung der Geschlechter, aber sonst keine festgelegten Rollen (Käser 1998, 60). Die Männer sind immer Jäger, die Frauen immer Sammlerinnen. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau ist nicht hierarchisch strukturiert. Dennoch sind insgesamt die Tätigkeiten des Mannes mit einem höheren Prestige verbunden als die der Frau.78 Die Abstammungsrechnung ist patrilinear (Käser 1998, 62).

      Pflanzer. Pflanzer sind sesshaft. Sie leben vom Anbau von Knollenfrüchten in gartenartigen Pflanzungen in immer feuchten tropischen Gegenden (Käser 1998, 68). Wie beschrieben, wird die Arbeit der Frauen als Pflanzerinnen hoch bewertet, und der Landbesitz ist unter weiblicher Kontrolle. Die Abstammungsrechnung ist matrilinear, die Wohnweise matrilokal. Die Pflanzer sind in der Regel sehr familienorientiert und die Sozialstruktur weitgehend egalitär (Käser 1998, 69; Llobera 2003, 123).79

      Ackerbauern. Ackerbauern kultivieren im Unterschied zu den Pflanzern speicherbare Körnerfrüchte auf größeren Landflächen in gemäßigten Klimazonen. Da die Feldarbeit mit schwerem Gerät oder großen Tieren bewältigt wird, wurde der Ackerbau im Gegensatz zur Pflanzung zur Arbeit und Domäne des Mannes (Käser 1998, 73). Die Abstammungsrechnung von Ackerbauern ist patrilinear. Zur Speicherung und Vermarktung der produzierten Überschüsse bedarf es einer differenzierten administrativen Struktur hierarchischer Prägung. Auch dieser Bereich wurde Domäne des Mannes. Der Überfluss an Nahrungsangebot führt in der Regel im Vergleich zu den vorhergenannten Wirtschaftsformen zu großem Bevölkerungswachstum. Die Reproduktions- und Erziehungsarbeit wird zur Hauptbeschäftigung der Frau. Diese trägt durch Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten dennoch auch wesentlich zum Familieneinkommen bei. Die Arbeitsbereiche von Mann und Frau sind zwar weitgehend getrennt in die öffentliche und häusliche Sphäre, aber sie ergänzen und überschneiden sich auch. Ackerbauern sind stark familienorientiert (Käser 1998, 72–73). Die Frau verliert zwar im öffentlichen Leben an Bedeutung, weiß aber um ihre wichtige Stellung im bäuerlichen Familienunternehmen, und das Verhältnis zwischen Eheleuten wird als meist partnerschaftlich beschrieben (Denich 1974, 256).

      Viehzüchter. Viehzüchter sind Nomaden, die für ihren Lebensunterhalt von der Haltung größerer Tiere abhängen, von deren Produkten (meist Milch und Blut) sie leben. Für pflanzliche Nahrung müssen sie entweder selbst Pflanzungen anlegen oder sind auf den Kontakt mit Ackerbauern angewiesen (Käser 1998, 74). Bei Viehzüchtern ist eine strikte Trennung der Arbeits- und Lebensbereiche und eine hierarchische Ordnung zwischen Mann und Frau zu beobachten. Der Umgang mit den Tieren ist Männersache, bis hin zum Melken. Die Frau hat in jeder Beziehung eine nachgeordnete Stellung, sie sollte in der Öffentlichkeit möglichst wenig sichtbar sein (Käser 1998, 75). Ein zentrales Anliegen für Viehzüchter ist die Sicherheit ihrer Familien und ihres Besitzes. Dabei ist es Aufgabe der Männer, diesen Schutz zu gewährleisten, Frauen und Kinder sind die zu Beschützenden. Charles Kraft beschreibt diese Sicherheitsorientierung mit den entsprechenden Familienstrukturen der Abhängigkeit und Unterordnung der Frau als typisch für viele traditionelle Gesellschaften (Kraft 1996, 295–296), dies gilt besonders für die ständig bedrohten umherziehenden Viehzüchtergesellschaften (Denich 1974, 248–249).

      Die Industriegesellschaft. Die Industrialisierung brachte und bringt für die betroffenen Gesellschaften dieser Welt große Veränderungen für die Sozialstruktur und damit für die Rolle der Frau. Die Herstellung von Produkten wurde aus dem häuslichen Bereich in die Fabriken verlegt. Als Folge kam es langfristig zu einer vollständigen Aufteilung zwischen der häuslichen, privaten Sphäre als dem Platz der Frauen und Kinder und der für die kulturelle Entwicklung der Gesellschaft entscheidenden öffentlichen Sphäre als Handlungsraum des Mannes. In den bürgerlichen Industriegesellschaften der westlichen Nationen wurde die soziale Rolle der Frau in der Folge vielfach trivialisiert (Groothuis 1994, 3–4), das Freud’sche Credo über den Platz der Frau in „Küche, Kinder, Kirche“ setzte sich durch (Groothuis 1994, 4), und dieser wurde sozial mit dem Etikett „nicht so wichtig“ versehen. Gleichzeitig veränderten aber Bildungsmöglichkeiten und eine zunehmende Individualisierung das Selbstbild der Frauen. Auf diesem kulturellen Boden fanden die verschiedenen Emanzipationsbewegungen reichlich Nahrung (Siebel, 1984, 240).

       2.2.3.3 Die Religion

      Eine zentrale Stelle als Triebfeder, Legitimation und Verstärkung der gesellschaftlichen Zuordnung der Stellung der Frau in einer Kultur nimmt deren Ideologie oder Religion ein (Bamberger 1974, 276–280; King 1995, 5; Pezaro 1991, 44). Die religiösen Vorstellungen eines Volkes sind Teil seiner Weltanschauung und werden von A. Pezaro mit Recht als „Sinngebungsmuster normativer Regelsysteme“ (Pezaro 1991, 104–105) bezeichnet.

      Mythen und Legenden. Bezüglich der Rolle der Frau kommt den Mythen und Legenden einer Volksgruppe eine wichtige Bedeutung zu. Durch diese Überlieferungen werden vielfach die gesellschaftlichen Normvorstellungen über das Wesen der Frau und ihre Aufgaben weitergegeben sowie Richtlinien zu ihrem Sexualverhalten. Auch die Existenz von Aktivitäten oder Tabus, die nur Vertretern eines Geschlechtes vorbehalten sind, wird oft hier begründet (Bamberger 1974, 271–277). Dabei fällt auf, dass viele Mythen und Legenden ein negatives Licht auf das Wesen und Verhalten der Frau werfen. So wird bei indigenen Völkern Südamerikas zum Beispiel häufig von einer früheren Tyrannei der Frauen erzählt, die durch den gerechten und siegreichen Kampf der Männer glücklich beendet werden konnte. Als Moral aus solchen Mythen wird jede neue Generation darauf hingewiesen, dass sie einer Herrschaft der Frauen stets entgegenwirken müsse (Bamberger 1974, 280).80 Auch die Göttermythen des alten Griechenland überlieferten ein vorwiegend negatives Frauenbild. Beispielsweise stellt der Dichter Hesiod in seinem bekannten Schöpfungsmythos die Erschaffung der Frau als Akt der Strafe des Göttervaters Zeus für die Männer dar. Solche Vorstellungen prägten die antike griechische Kultur nachhaltig und hatten schwere Folgen für die Stellung der Frau in ihr, auf die später noch eingegangen werden soll. Dagegen stellten manche Göttervorstellungen des Alten Orients die Frau in einem positiveren Licht dar und gaben ihr, zumindest im Bereich des religiösen Kultes, eine wichtige Stellung (Pomeroy 1985, 113.319; Thraede 1972, 207). Eine besondere Stellung kommt hier dem Mythos und Kult der ägyptischen Göttin Isis zu, der um die Zeitenwende das Selbstbewusssein der Frauen im Mittelmeerraum hob und auch in Verbindung gebracht wird mit einer gewissen Verbesserung ihrer gesellschaftliche Position (Pomeroy 1985, 343–344). Bestimmte synkretistische jüdische Legenden, die zur Zeit des Apostels Paulus im Umlauf waren und die Frau durch Eva zur Urheberin alles Lebens und zum Ursprung aller Erkenntnis erklärten, gaben manchen Frauen ein geradezu überzogenes religiöses Selbstbewusstsein, das sich teilweise auch in einer Zunahme ihrer gesellschaftlichen Aktivitäten


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