Seewölfe - Piraten der Weltmeere 588. Sean Beaufort

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 588 - Sean Beaufort


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zur Karavelle hinüber.

      „Buenos Dias, ‚Maria d’Oro‘!“ schrie er, als beide Schiffe nebeneinander lagen und in den Wind drehten. Die großen Dreieckssegel schlugen und knatterten. Lose Tauenden peitschten durch die Luft.

      „Dias, ‚San Leon‘!“ rief Elvecio Leora zurück. „Ihr habt die ‚Fidelidad‘ gesichtet?“

      „Zusammen mit einer schnellen Schebecke. Das Ziel beider Schiffe ist zweifelsohne England. Du kennst die Befehle, Elvecio!“

      Die Seeleute hingen an den Bordwänden und winkten von Schiff zu Schiff hinüber. Auch der Kapitän der „Maria d’Oro“ stand hinter dem Rudergänger auf dem Achterdeck und hielt beide Hände trichterförmig an die Lippen.

      „Einer von uns muß nach Porto und Nachricht geben. Ich werde segeln und mit Verstärkung zurückkehren. Dann hetzen wir die Kerle!“

      „Gut so. Bringt Wasser und Proviant mit. Er wird knapp, wenn es länger als drei, vier Tage dauert.“

      „Verstanden. Ich bringe Verstärkung mit. Was denkst du über die ‚Fidelidad‘?“

      Jorge sagte es ihm in ausdrucksvollen Worten und fügte ein paar saftige spanische Flüche hinzu. Die beiden Kapitäne sprachen ein gewähltes Spanisch, aber dieser Umstand hatte keinen Einfluß auf ihr Draufgängertum. Sie würden es mit ihren schnellen, beweglichen Schiffen den Meuterern oder wem auch immer zeigen. Die Entfernung bis England war groß, es würde unzählige Möglichkeiten geben, den Silberschatz wieder zurückzuholen und die Meuterer in Eisen zu legen.

      „So wird es wohl sein!“ brüllte Elvecio zurück. „Ich bin derselben Meinung. Oder sind es die Wassergeusen gewesen, diese halsstarrigen Holländer? Wie immer es sei – sie scheinen schneller als wir!“

      „Gleich schnell oder langsamer. Aber die Winde drehen häufig.“

      „Treffpunkt?“

      Jorge gab seinen Kurs bekannt, winkte und grüßte kurz. Die Karavellen drehten langsam, Wind fuhr in die Segel. Die „Maria d’Oro“ mußte versuchen, nach Luv zu gelangen und würde einige weite Schläge tun müssen, um schnell in die Mündung des Duero einlaufen zu können, des Flusses, an dessen Mündung die Stadt und der Hafen lagen.

      Die „San Leon“ hatte achterlichen Wind und setzte binnen kurzer Zeit die Verfolgung fort. Jorge rief den Stückmeister und befahl, sämtliche Geschütze feuerbereit zu machen und mit verschiedenen Ladungen zu versehen. Es würde wohl sechsunddreißig Stunden dauern, bis Verstärkung aus Porto ihnen helfen konnte, Meuterer und Kaperer zu jagen.

      Am frühen Nachmittag lösten sich Dunst und Nebel zögernd auf. Der Wind wurde kühler und wehte aus West oder Südwest. Wieder legte sich die „San Leon“ weit über, als sie nach Nordwest segelte, um nicht in gefährliche Nähe der felsigen Ufer zu geraten. La Coruña und das Kap lagen weit voraus. Jorge arbeitete mit Zirkel und Stift und trug seine Beobachtungen mit penibler Sorgfalt ein. Er wußte, wie leicht er in der Nacht die Verbindung zu den flüchtenden Schiffen verlieren konnte.

       2.

      „Wenn mir Jorge Recalde ausrichten läßt, daß er Hilfe braucht, muß ich dieses Ansinnen ernst nehmen“, sagte der Kommandant halblaut. Er war hinter seinem Schreibtisch aufgestanden und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Capitán Manuel Redrojo, so stand es in den Verzeichnissen, brachte die ‚Fidelidad‘ aus Westindien hierher. Es ist undenkbar, daß er und seine Offiziere meutern und nach England segeln.“

      „Ich kenne Redrojo nicht“, entgegnete Elvecio und trat an ein anderes Fenster. „Ich halte es auch für undenkbar. Wir sind, wenn die ‚Los Monteros‘ endlich fertig ist, drei gegen zwei – oder gegen die Schebecke. Ein Gegner, der spielend leicht zu besiegen sein wird, auch wenn er schneller, beweglicher und bewaffnet sein sollte.“

      „Ich kann nicht mehr tun, als größere Eile zu befehlen!“ sagte der Hafenkommandant. „Du siehst selbst, daß die Männer rennen und hasten.“

      „Einem Seemann geht es in solchen Augenblicken immer viel zu langsam.“

      Im Hafen von Porto vereinigten sich alle Bewegungen um zwei Schiffe, die am Hauptkai lagen. Die „Maria d’Oro“ und die „Los Monteros“ wurden von einer kleinen Armada von Booten versorgt. Über die breiten Planken hasteten Träger und schleppten Ballen, Krüge, Fässer und Körbe voller Nahrungsmittel.

      Die Seeleute schufteten an den Ladebäumen und verstauten unter Deck, was ihnen durch die Luken und über die Niedergänge gereicht wurde. Soldaten in Halbrüstungen und Eisenhelmen beobachteten mißtrauisch jede Bewegung der Portugiesen. Lange Taue hingen von den einwärts gekrümmten Bughölzern hinunter bis zu zwei großen Ruderbooten, deren Männer geduldig warteten.

      „Señor Commandante“, sagte Leora nach kurzem Nachdenken, „man sollte einen Kurier nach Madrid schicken.“

      „Wegen eines Silberschiffes?“

      Die Männer kannten sich seit Jahren, seit Cristobal de Lloros in den kleinen Gouverneurspalast von Porto, hoch über den Palmen des Hafens, eingezogen war. Sie gehörten zu den Hidalgos, einer großen Gruppe von jüngeren Männern, deren Besitz gering, deren Mut aber groß war und ihnen den Weg geebnet hatte.

      Hidalgos fanden sich an der Spitze spanischer Truppen, in den Kapitänskammern und als kleine Machthaber in fernen Provinzen wieder, nachdem sie viele Jahre lang gekämpft und gelitten hatten. Jeder Hidalgo war stolz, kannte nur seine und Spaniens Sache.

      Die Chance, einen Kapersegler zu erbeuten oder zu versenken, und zugleich das Silberschiff zurückzubringen, war für den Kommandanten und den Kapitän eine klare Herausforderung.

      Vom schmalen, reichgeschnitzten Portal her ertönte ein hartes Klopfen.

      „Ja! Nur herein!“ rief de Lloros gutgelaunt.

      Der Diener ließ einen mittelgroßen Mann in hohen Stiefeln, gestreiften Hosen und silberverziertem Brustharnisch herein.

      „Capitán Coillar, Ruiz Coillar“, stellte de Lloros vor. „Er wird dich begleiten. Er führt ein schnelles Schiff.“

      Die Kapitäne begrüßten sich. Ein Diener brachte einen Krug und Pokale. Kühler portugiesischer Wein gluckerte aus dem beschlagenen Tonkrug. Die Männer griffen nach den Kelchen.

      „Es wird nicht leicht werden“, sagte Leora nach einem kräftigen Schluck fest. „Recalde hat gesehen, daß die Schebecke ausgezeichnet gesegelt wird. Daß sie Geschütze an Bord hat, setzen wir voraus.“

      „Ebenso“, meinte Coillar und zwirbelte seinen Bart, „daß sie damit umgehen können, denke ich. Nun, auch unsere Karavellen sind nicht schlecht.“

      Sie hoben die Pokale und grinsten sich an.

      „Mein Stückmeister ist bekannt für seine Breitseiten“, sagte Elvecio Leora und lachte siegesgewiß. „Wann laufen wir aus?“

      „In weniger als einer halben Stunde“, gab der Kommandant zurück und ging wieder zum Fenster. „Die Schiffe warten auf ihre Kapitäne.“

      „Wasser und Proviant für die ‚San Leon‘ sind auch verladen?“

      „Auf beide Karavellen verteilt“, bestätigte de Lloros und leerte den Pokal. „Aus Gründen der Sicherheit, Señores.“

      „Aus Gründen der Eile werden wir jetzt gehen“, sagte Leora und spürte den feinen Geschmack des kühlen Weines auf der Zunge. „Ich kann nur hoffen und versprechen. Hoffen, daß wir siegreich bleiben. Und versprechen, daß unsere Männer ihr Äußerstes geben werden.“

      „Ich weiß es. Erstaunlich, Señores, wie ihr eure Wut bezähmt.“

      „Sie wird uns helfen“, brummte Coillar und legte die Hand an den Degengriff, „draußen auf See. Das Silberschiff aber bringen wir zurück. Mit allen Mitteln werden wir segeln und kämpfen. Dabei wird uns der Zorn unterstützen. Das bedeutet,


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